68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron
nie gesehen; dennoch ist ihm an ihrem Strahl, ohne welchen es nicht leben kann, so unendlich viel gelegen. Wollen Sie mir vertrauen, Fräulein Milda?“
Ihr Blick senkte sich zur Erde, und „Ja“ hauchte sie mit bebenden Lippen.
Da legte er den Arm um sie, und bewußt oder unbewußt, sie wußte es selbst nicht, neigte sich ihr Kopf an seine Schulter.
Es durchzuckte ihn eine nie geahnte Seligkeit.
„Milda!“
Er bog sein Gesicht zu ihr nieder. Sie erhob das ihrige. Ihre Augen flammten für einen Augenblick ineinander. Sie wußte es selbst nicht, wie es kam, aber es entfuhr sein Name ihren Lippen:
„Rudolf!“
Kaum aber war es geschehen, so flog die tiefste Röte der Scham über ihr Gesicht. In ihrer großen Verlegenheit wollte sie sich ihm entziehen. Er hielt sie fester, als er wohl selbst beabsichtigte. Sie nahm die andere Hand zu Hilfe, um sich seinem Arm zu entwinden.
„Milda, Milda, meine Sonne, meine Fee!“
So hörte sie ihn sprechen. Sehen konnte sie ihn nicht, denn sie hielt die Augen geschlossen. Es war ihr, als ob sie in den Erdboden sinken werde, wenn ihr Blick den seinigen treffe.
„Warum schweigen Sie?“ fragte er. „Sind Sie mir so gar sehr zornig?“
„Nein“, erklang es kaum hörbar.
„Danke, danke! Du süßes, du herrliches, du entzückendes Wesen!“
Sie fühlte seine Lippen auf ihrem Mund. Da ließ sie wie im höchsten Schrecken die Arme sinken. Ihr Blut wallte mit Macht aus dem Kopf nach dem Herzen zurück. Sie war leichenblaß geworden. Er sah es und nahm den Arm von ihr fort. Einen Schritt zurücktretend, blickte er ihr in das farblose Angesicht.
„Milda, was ist Ihnen?“
Anstatt zu antworten schlug sie die Hände vor das Gesicht.
„Was ist Ihnen?“ fragte er dringend.
Sie antwortete nicht.
„Bitte, bitte! Entfernen Sie die Hände von Ihrem Angesicht! Es wird mir so bang, wenn Sie nicht sprechen!“
Da ließ sie die Hände langsam fallen.
„Was haben Sie getan!“ hauchte sie, ohne ihn anzublicken.
„Zürnen Sie?“
„Ja – nein – o ja, doch!“
„So verzeihen Sie! Ich wollte Sie nicht beleidigen. Ich weiß selbst nicht, wie das so gekommen ist.“
Es war ein ganz eigentümlicher, tiefer Blick, welcher ihn jetzt aus ihrem Auge traf. Dann sagte sie:
„Sie haben mir mein Leben erhalten, und jetzt nun haben Sie – mein Gott! Ich sollte eigentlich sagen: Wir sind quitt –“
„Oh, das sind wir ja längst! Ich habe nichts, gar nichts von Ihnen zu fordern. Was ich für Sie tat, war ja eine Folge des einfachsten Zufalls. Ein jeder andere hätte es auch getan. Es hat mich weder eine Anstrengung noch ein Opfer gekostet. Ich muß Ihnen im Gegenteil meinen herzlichsten Dank sagen, daß Sie meine Hilfe angenommen haben, und ich wollte, ich könnte noch viel, viel mehr für Sie tun!“
„Das ist freilich unmöglich.“
„Warum?“
„Wir werden einander nicht wiedersehen.“
„Meinen Sie? Sollte das Schicksal mir wirklich das Glück versagen, Ihnen wieder zu begegnen, Fräulein Milda?“
„Vielleicht nicht; aber wir würden uns wohl kaum erkennen.“
„Oh, glauben Sie das nicht! Ich würde Sie unter Millionen heraussuchen.“
„Sie würden vielleicht mich erkennen, aber mich doch unter diesen Millionen stehenlassen.“
„Ganz gewiß nicht.“
„Ganz gewiß!“ behauptete sie ernst.
„Warum? Gibt es einen triftigen Grund?“
„Wohl mehrere.“
„Ich kenne keinen einzigen.“
„So kenne ich sie.“
„Darf ich dieselben erfahren?“
„Nein. Sie haben mich Ihre Fee genannt. Nun wohl, bleiben Sie bei dem Glauben, daß ich eines jener geheimnisvollen, überirdischen Wesen sei, nach deren Ursprung der Mensch vergeblich fragt.“
„So soll auch ich nicht nach dem Ihrigen fragen?“
„Nein.“
„Und wenn ich in diesem mich weigere?“
Sie blickte lächelnd zu ihm auf.
„Sie werden sich nicht weigern.“
„Diese Meinung dürfte Sie täuschen.“
„Gewiß nicht. Sie werden mir einen so dringenden Wunsch nicht versagen.“
„Selbst wenn es mich eine so große Selbstüberwindung kostet?“
„Selbst dann, denn dadurch beweisen Sie mir, daß Sie meiner Achtung wert sind.“
Sie sah, daß er mit sich kämpfte. Es wollte ihrem Herzen ja selbst auch wehe tun; aber sie glaubte, nicht anders handeln zu können.
„Also, Sie verbieten mir, mich nach Ihnen zu erkundigen?“ fragte er langsam und in gedrücktem Ton.
„Ja.“
„Und wenn ich Sie zufälligerweise wiedersehe, soll ich Sie nicht kennen?“
„Das ist es, was ich
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