68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron
ausschaut. Ich geh halt in die Stuben, in der der Silberbauern liegt. Da wird wohl auch das Kleidstück hangen, was er anhabt hat, und da schau ich in die Taschen.“
„Das sieht man doch!“
„O nein, denn ich tu's nur dann, wann niemand zugegen ist.“
„Nun, so versuch es einmal. Ich muß jetzt zu der Balzerbäuerin. Der Arzt, welcher beim König ist, hat nach mir geschickt. Ich soll zugegen sein, wenn der Feuerbalzer operiert wird.“
„Sapperment! Wann wird das sein?“
„Jetzt. Der Doktor aus der Stadt ist dabei und auch ein Herr vom Gericht.“
„Wann ich doch auch mit dabei sein könnt!“
„Ich glaube, daß es dich interessiert. Wir wollen es versuchen. Du kannst ja auch später zum Silberbauern gehen. Hoffentlich haben die Herren nichts dagegen, daß du mit anwesend bist.“
So schloß der Sepp sich also dem Lehrer an. Als sie an die frühere Flachsdörre kamen, waren die genannten drei Herren eben auch erst eingetroffen.
Die alte Balzerbäuerin, welche natürlich vorher benachrichtigt worden war, hatte dafür gesorgt, daß ihr Sohn sich zu Hause befand. Ebenso war sie besorgt gewesen, ihrer Stube ein einigermaßen leidliches Aussehen zu geben. Die Fenster waren gewaschen und geputzt, so daß das Tageslicht voll hereindringen konnte, und aller Schmutz hatte für heute einer mühsam hergestellten Reinlichkeit weichen müssen.
Als die beiden eintraten, fragte der Gerichtsassessor, welcher den Wurzelsepp nicht kannte, was dieser hier wolle.
„Er heißt Josef Brendel“, antwortete der Lehrer, „wird gewöhnlich Wurzelsepp genannt und weiß so viel von dem Feuerbalzer und dem Silberbauer, daß er gern dabei sein möchte, wenn der erstere den Gebrauch der Sinne und der Sprache wiedererlangt. Es steht zu erwarten, daß er dann imstande sein werde, sehr wichtige Aussagen zu machen.“
„So mag er bleiben.“
Der Feuerbalzer verhielt sich trotz der Anwesenheit so vieler Personen völlig teilnahmslos. Nur als der Assessor einige Fragen an ihn richtete, um sich von seinem geistigem Zustand zu überzeugen, blickte er ihn blöd-ängstlich an und antwortete in klagendem Ton:
„Nimm's hin, nimm's hin! Ich sag halt nix! Gnade, Gnade!“
Der Assessor nickte den beiden Ärzten stumm zu. Er war bereits von ihnen über alles unterrichtet worden und gab durch dieses Nicken zu verstehen, daß er ihre Ansichten teile.
Nun sollte die wichtige Operation beginnen. Die Feuerbalzerin mußte sich entfernen. Am liebsten hätte man auch ihre kranke Schwiegertochter aus der Stube gewiesen; das ging aber nicht an.
Der Patient wurde auf einen Stuhl gewiesen und auf demselben festgebunden, was er sich unter ängstlichem Wimmern gefallen ließ. Dann wurde er chloroformiert, was seine Schwierigkeiten hatte, da er in seiner geistigen Umnachtung ja nicht zu zählen vermochte. Die Ärzte mußten da alle Vorsicht anwenden, ihm ja nicht zu viel des betäubenden Stoffes einatmen zu lassen.
Als er sich unempfindlich zeigte, wurde diejenige Stelle seiner Hirnschale, deren Berührung ihm Schmerzen zu verursachen pflegte, von den Haaren befreit, und dann ergriff der Medizinalrat zum Messerchen, um die Kopfhaut zu entfernen. Die zum Trepanieren erforderlichen Instrumente standen bereit.
Als die Haut zurückgeschlagen war, ließ der Arzt einen Ruf der Verwunderung hören.
„Wir brauchen nicht zu trepanieren“, sagte er. „Sehen Sie her, Herr Kollege! Hier ist die verletzte Stelle. Es ist in Wirklichkeit so, wie ich vermutete. Die Hirnschale ist hier durch einen schweren Hieb eingedrückt worden. Man sieht trotz der Jahre, welche indessen vergangen sind, die scharfe Umschreibung der Wunde noch sehr genau. Der Gegenstand, mit welchem der Schlag ausgeführt worden ist, scheint ein Hammer gewesen zu sein, ein Hammer mit einem ganz genau quadratischen Kopf. Ich werde einmal messen.“
Er legte ein kleines, silbernes Stäbchen, welches dem angegebenen Zwecke diente, auf die verletzte Stelle und sagte dann:
„Drei Zentimeter und vier Millimeter im Quadrat hat die Wunde. Merken wir uns das sehr genau. Das eingeschlagene Knochenstück hängt an einer Seite noch mit der Schädeldecke zusammen, während es mit der entgegengesetzten Seite nach einwärts gebogen ist und also auf das Gehirn drückt. Dieser Druck ist die einzige Veranlassung der geistigen Umnachtung des Patienten. Sobald derselbe beseitigt ist, wird, wie zu erwarten steht, Balzer den Gebrauch seiner Geisteskräfte wieder voll im Besitz haben. Und glücklicherweise
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