68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron
der Sohn.
„Das geht dich nix an. Weiß jemand, daß ich jetzund wiedern bei mir bin?“
„Nein.“
„So schweig auch noch. Niemand darf es wissen. Ich werd jetzund einmal fortgehen.“
„Wohin?“
„Hinaus aufs Feld. Weiter hast nix zu fragen.“
„Bist geschossen im Kopf! Hinaus aufs Feld willst, in diesem Zustand hier?“
„Ja, ich muß.“
„Das ist unmöglich! Du liegst ja krank auf den Tod. Du kannst gar nicht aus dem Bett heraus.“
„Da kennst den Silberbauern schlecht. Was der will, das kann er auch. Wann mein Arm nicht blutet hat und wann er mir nicht weh tut, so ist die Sach gar nicht schlimm. Er ist weg, und ein Krüppel werd ich bleiben; dennoch aber bin ich und bleib ich derjenige, der ich gewest bin. Ich werd dir gleich zeigen, wie gut ich aus dem Bett heraus kann.“
Er richtete sich mit Hilfe seines Armes empor. Sein Sohn aber schob ihn sofort wieder nieder und sagte:
„Liegen bleibst! Ich geb's nicht zu, daßt aufstehst. Nachher wannst stirbst, bin ich's, der die Vorwürfen bekommt.“
„Was fallt dir ein!“ zürnte der Alte. „Denkst wohl, weil ich nur noch einen Arm hab, so brauchst mir nicht mehr zu gehorchen? Da irrst dich aber gewaltig. Ich muß aufi.“
„Und ich duld es nicht!“
Sein Gesicht bewies, daß er wirklich fest gewillt sei, seinen Vater am Aufstehen zu hindern. Dieser lachte einen Augenblick lang grimmig vor sich hin und sagte dann mit unterdrückter Stimme:
„Wirst mich schon aufistehen und gehen lassen, wann ich dir nur eins sag. Weißt, wann ich nicht jetzund gleich was tu, was niemand wissen darf, so kommen die Gendarmen und schaffen mich ins Zuchthaus. Alles, alles wird uns nommen, und dann bist ein Bettlern und ein Lump, größer noch als der Finken-Heiner.“
Der Silberfritz erschrak.
„Ist's wahr, Vater?“ fragte er.
„Ja. Laßt mich also aufi?“
„Hast was tan, was verboten ist?“
„Dummkopf! Hab ich nicht täglich tan, was verboten ist? So was kann mich nicht in Angst bringen. Ein Verbrechen ist's, was ich tan hab, ein großes, um reich zu werden und dir ein tüchtig Stück Geld zu hinterlassen. Aus Lieb zu dir hab ich's tan. Und wann ich jetzund nicht sogleich fortgehen kann, so kommt die Sach gewiß an den Tag. Willst mich auch nun noch zurückhalten?“
„Wann's so ist, so muß ich dich freilich gehen lassen.“
„Oder soll ich mich dem Gericht freiwillig stellen? Wannst meinst, so tu ich's“, höhnte der Alte.
„Bist des Teufels!“
„Nun gut! So steh ich jetzund aufi. Du magst mir helfen, das Gewandl anzutun. Nachher wirst aufpassen, damit niemand es sehen kann, daß ich fortgeh. Wann ich wiederkomm, so leg ich mich ins Bett, und kein Mensch weiß, daß ich fortgewest bin.“
„Aber wirst's auch aushalten?“
„Bin ich ein altes Weiberl?“
„Es kann dir unterwegs was passieren. Es wird am besten sein, daß ich mitgeh.“
„Ach so! Willst wohl sehen, was ich vorhab? Das schlag dir aus dem Sinn. Meine Wege sind nicht für die Augen eines andern. Schweig jetzund überhaupt, und kleid mich mit an.“
Er stand auf. Der Silberbauer besaß wirklich eine wahre Elefantennatur. Er bewegte sich mit einer Leichtigkeit, als ob ihm nicht das mindeste körperliche Leid widerfahren sei. In kurzer Zeit stand er angekleidet vor dem Sohn.
„Nun, schau ich aus wie einer, dem unterwegs was geschehen kann? Meinst, daß ein Wind mich umstoßen vermag?“ fragte er.
„Ja, kräftig genug schaust wohl aus. Aber es fragt sich halt, wie lange es währen wird.“
„So lange ich will. Jetzund steckst mir noch die kleine Laterne in die Taschen und ein Feuerzeug dazu. Den Jagdrock kannst mir auch umihängen. Ich werd dir was mitbringen, worüber du große Freud haben wirst.“
„Was mag's sein?“
„Geld, sehr viel Geld.“
Die Augen des Silberfritz erglänzten lüstern. Geld war ihm alles. Für Geld gab er alles hin, die Ehre und selbst auch – den Vater.
„Hast's wo irgend versteckt habt?“ fragte er.
„Ja. Wann ich's jetzund nicht hol, wird's mir wegnommen, und es kommt an den Tag, woher ich es nommen hab. Ich bring es dir, und du wirst's irgendwo anders verstecken. Denn gefunden darf's auch hier im Haus nicht werden.“
„So geh, so geh schnell! Wann es so ist, so darf ich dich freilich nicht zurückhalten. Lauf, daßt fortkommst, und mach geschwind, daßt wiedernkehrst!“
Jetzt, da es sich um Geld handelte, fragte er nicht mehr, ob sich der fast tödlich verwundete Vater durch diesen unvorsichtigen, verwegenen
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