68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron
trabte von dannen.
Aber am andern Morgen gab es große Augen und noch viel größere Verwunderungen, als die Leute erfuhren, daß der Feuerbalzer den Verstand wieder erhalten habe und vom Amt aufgefordert worden sei, seine Wohnung im Silberhof aufzuschlagen. Der Silberfritz saß im Gefängnis, und sein Vater war entflohen und wurde von der Polizei gesucht.
Am frühen Morgen machte sich der Sepp auf den Weg nach Steinegg hinüber. Er hatte während der Nacht nicht geschlafen. Das war ihm aber sehr gleichgültig. Selbst wenn er zwei Tage und Nächte lang des Schlafens entbehren mußte, so störte ihn das gar nicht.
Er befand sich bei ausgezeichneter Laune. Alle seine Angelegenheiten liefen nach seinem Gefallen. Heut sollte er sogar den Fex sehen und sprechen! Kein Mensch war froher als er. Und nun gar den prächtigen Streich, welchen er zu spielen im Begriff stand! Er blieb, als er das Schloß erblickte, stehen und stieß einen Jodler aus, welcher von den bewaldeten Bergwänden schallend zurückgeworfen wurde.
Als er die breite Freitreppe emporstieg, begegnete er dem Herrn Hausmeister.
Donnerwetter! Schon wieder dieser Kerl! dachte dieser.
Sepp aber war ganz in Freundlichkeit aufgelöst.
„Herr Hausmeistern, wünsch schönsten, gutsten Morgen!“ sagte er. „Ist das Fräulein Baronessen bereits aus denen Federn heraus?“
„Aus denen Federn heraus? Aber bitte, bitte! Gnädiges Fräulein haben sehr gut geruht und befinden sich längst schon munter.“
„Und wo ist sie?“
„Auf ihrem Zimmer.“
„Schön! Da werde ich zu ihr gehen. Da, halt mir mal die Sachen!“
Ehe der Hausmeister es sich versah, hatte er ihm den Rucksack auf die Achsel geworfen, den Bergstock in die Hand gedrückt, den alten, zerrissenen Hut auf den Kopf gestülpt und stieg dann eiligst die Stufen weiter empor.
„Verrücktes Tier!“ zürnte der auf sein Amt stolze Mann. „Mir diese Lumpen aufzuhängen! Ich werfe sie auf – auf – nein; das darf ich nicht. Ich muß gewärtig sein, der Kerl gibt mir wieder Ohrfeigen. Ich werde diese ekelhaften Sachen fein säuberlich im Vorzimmer ablegen.“
Das tat er auch. Der alte Sepp hatte es verstanden, sich in gewaltigen Respekt zu setzen. Eine gute Ohrfeige hat oft mehr Erfolg als die feinste und höflichste Redensart.
Der Alte fand zufälligerweise weder einen Diener noch eine Zofe, sich anmelden zu lassen. Darum klopfte er leise an die Tür, machte eine Lücke auf, steckte die Nase und den grauen Schnurrbart hinein und sagte:
„Grüß Gott! Ist's halt gefällig einzutreten?“
Milda saß am Fenster, ihr Skizzenbuch und den Bleistift in der Hand. Sie schien gezeichnet zu haben, eine Lieblingsbeschäftigung von ihr, zu welcher sie ein ausgesprochenes Talent besaß. Sie war bei der Anrede ein klein wenig erschrocken, da sie vorher ganz in ihre Zeichnung versenkt gewesen war. Als sie aber den Schnurrbart und die scharfe Nase erblickte, nickte sie ihm lächelnd zu.
„Du, Sepp! Schon wieder?“
„Schon! Na, ist das ein Wort! Und mir ist's halt gradso, als ob ich eine ganze Ewigkeiten nicht hiergewesen war.“
„Mach's nicht so schlimm!“
„Nein, fallt mir gar nicht ein! Es ist von selber schlimm; da brauch ich's nicht erst schlimm zu machen.“
„Hast schon gefrühstückt?“
„Ja.“
„Was?“
„Einen Schnaps.“
„O weh! Dort auf dem Tisch steht das meinige. Willst's essen, so kann ich einstweilen meinen Kopf fertig machen.“
„Na, auf den Tod bin ich grad nicht verhungert, aber essen kann ich halt immer. Die Kaninchen, die Tauben und der Wurzelsepp, die haben immer Appetit. Wohl bekomm's auch, und dank schön!“
Er zog sich den Stuhl an den Tisch, setzte sich und begann die feinen, delikat belegten Brötchen zu verspeisen. Er tat, als sei er nur in diese Arbeit vertieft, wandte aber doch kein Auge von ihr. Ihr zartes, reines Profil kam ihm, als sie so über ihr Skizzenbuch gebeugt dasaß, mit Eifer zeichnend, so daß die Wangen glühten, schöner als je vor.
„Hast wohl etwas Besonderes heut?“ fragte sie, ohne aufzublicken.
„Ja freilich.“
„Was?“
„Verschiedenes. Jetzund ist grad der Rheinlachsen dran.“
„Rheinlachs? Wieso?“
„Weil ich ihn eß.“
„Ach, du meinst das Brötchen mit Lachs belegt? Ich meinte den Grund deines Besuches.“
„Ja, da hab ich's falsch verstanden. Wann ich essen tu, dann denk ich immer nur an das, was ich vor dem Schnabel hab. Aber meinen Grund hab ich freilich, daß ich herkommen bin.“
„Und den werde
Weitere Kostenlose Bücher