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68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

Titel: 68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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übelnehmen wollen.“
    „Übel kann ich es dir doch unmöglich nehmen. Aber ich muß dir dabei eine Bemerkung machen, welche auch du nicht übelnehmen darfst.“
    „Ihnen übelnehmen? Eher fällt der Mond vom Himmel herab.“
    „Ich tue dir sehr gern einen Gefallen, wenn du auf dem Gebiet bleibst, auf welchem du zu Hause bist; aber weiter darfst du nicht gehen. Hier handelt es sich um ein Feld, von welchem du nichts verstehst, und da kann deine Empfehlung wohl nichts gelten.“
    „Oho! Dieses Feld versteh ich gar wohl!“
    „Das Baufach – das Kunsthandwerk?“
    „Nein, das geht mich nix an. Aber ich mein halt das Feld der Wohltätigkeit. Ich weiß, daß der Mann, den ich meinen tu, sein Fach versteht, denn er hat die besten Zensuren und auch bereits einen Preis errungen. Und es tät ihn so glücklich machen, wenn er die Stell bekommen könnt. Darum wollt ich ihn empfehlen. Er braucht's so notwendig, und er verdient's auch gut, denn er ist so brav.“
    „So? Wer ist's?“
    „Ein armer Schluckern. Sein Vater ist drüben in Amerika storben, und seine Muttern hat sich nicht satt gessen, um den Sohn auf die Schul zu bringen. Sie hat eine kleine Pension gehabt, und die ist nun verloren, weil der Kerl, der's zahlen soll, bankrott worden ist. Nun hat der Sohn keine Stell, kein Verdienst und kein Brot. Die Muttern hat der Schlag troffen vor Schreck. Sie hat sich nicht bewegen und auch nicht reden könnt. Das ist ein Kreuz und Elend. Und doch sind die beiden Leutle seelensgut. Ich, wann ich der Herrgott wär, ich gäb dem Buben gleich den größten Kirchendom zu bauen, damit er leben kann und seine Muttern pflegen, die er so sehr liebhat.“
    Milda blickte still vor sich hin. Sepps Worte verfehlten den beabsichtigten Eindruck nicht.
    „Wie alt ist er?“ fragte sie.
    „Das weiß ich nicht so genau – nicht gar zu alt und nicht gar zu jung.“
    „Der Name?“
    „Sandau.“
    „Wo wohnt er?“
    „Gar nicht weit von hier, nämlich da droben in Eichenfeld.“
    „Hm! Die Mutter gelähmt vor Schreck? Und du sagst, daß er seine Sache verstehe?“
    „Freilich! Er hat doch vom König einen Preis erhalten.“
    „Warum hat er sich da nicht bei mir gemeldet?“
    „Weil er's nicht wußt hat. Erst gestern hab ich's lesen, und von mir hat er's derfahren. Ich hab ihm sogleich geraten, sich mit zu bewerben. Aber der Bub ist eine bescheidene Seel. Ich hab nun so in ihn hineinsprechen müssen, bevor er sich dazu entschlossen hat.“
    „Das gefällt mir. Wirklich große Männer sind stets bescheiden. So will er mir also schreiben?“
    „Nein, das hab ich ihm abgeraten. Ich hab ihm sagt, daß ich nach Steinegg gehen will, um es dera gnädigen Baronessen zu sagen, und heut am Nachmittag soll er nachher selber kommen.“
    Sie drohte ihm mit dem Finger.
    „Höre Sepp, solche Dispositionen darfst du ohne meine Einwilligung eigentlich nicht treffen.“
    „Das hab ich mir auch schon denkt; aber ich hatt doch keine Zeit, erst lang zu fragen. Leicht wäre da ein anderer dazwischenkommen und von Ihnen angageriert worden.“
    „Kennst du denn die Familie?“
    „Seit langer Zeit. Wann das nicht der Fall wär, so könnt mir's gar nicht einfallen, ihn zu empfehlen. Seine Muttern ist eine Frau wie – wie – na, grad wie die Frau Bürgermeisterin. Und er ist zu was Besseren geboren als zum Hungerleiden. Ich bitt gar schön, daß es eine Freud und Lust, eine Wonne ist, jemand auf den Weg zu bringen, das müssen 'S halt bedenken gnädige Baronessen.“
    „Nun, er mag kommen. Einen Dummkopf werde ich freilich nicht engagieren; aber meine Ansprüche steigen auch nicht zu hoch. Es sollte mich freuen, wenn er imstande ist, sie zu befriedigen. Ich könnte dir dann einen Gefallen erweisen und würde eine Familie kennenlernen, die ich leicht ihrer Sorge zu entheben vermag.“
    „Das hab ich mir denkt. Jetzt weiß ich nun ganz gewiß, daß er angenommen wird, und da geb ich gleich im voraus meine Hand und sag einen großen Dank. Vergelt's Gott!“
    Er ging.
    Sie stand am Fenster und sah ihn über den Schloßhof schreiten. Sie blickte ihm nach, so lange sie ihn zu sehen vermochte. Welch ein eigentümlicher Mensch. War er denn wirklich dazu bestimmt, die Vorsehung für so viele Menschen zu spielen?
    Dann fiel ihr Auge wieder auf die Zeichnung. Sie hatte den Kopf aus dem Gedächtnis wiedergegeben; aber er war dennoch so ausgezeichnet getroffen, als ob das Original ihr dazu gesessen hätte. Sie betrachtete die Züge mit liebevollen Blicken.

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