68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron
mütterlicherseits, aus dem besten Tombak gemacht und mit vier Gehäusern gar – eine schwere und gar gewichtige Uhren! Aber vor anderthalb Jahren hab ich denen Schlüsseln verloren. Da borg ich mir zuweilen einen, wann ich jemand treff, dessen Schlüsseln grad in die meinige paßt. Das ist aber äußerst selten, weil sie gar so ein großes Schlüsselloch hat. Ich hab's auch wohl versucht, mit der Drahtzangen hineinzulangen und sie aufizuziehen, aber da kann ich mir leicht das kostbare Werk zuschanden machen. Also muß ich mir doch bald wiederum einen eigenen Schlüssel kaufen.“
„Und den soll ich bezahlen?“
„Wanns wollen, bitt ich gar schön!“
„Wieviel kostet er?“
„Den macht mir der Schlosser. Da ist er am stärksten und hält am längsten. Ich glaub, er wird halt nicht mehr verlangen als fünfzehn Pfennig vielleicht.“
„Die sollen Sie auch haben.“
„Na, so eine Güten ist mir seit langer Zeit nicht antan worden! Jetzt nun kann ich nix mehr verlangen, und da wollen wir mal zusammenrechnen. Einen Topf, einen Uhrschlüsseln, einen Seitenflecken auf denen Stiefeln, ein Tabakspaketen und auch noch ein Bier. Das macht zusammen –“
Er hielt inne und kratzte sich sehr verlegen auf der Platte. Dann meinte er:
„Ja, verteuxeli, jetzt weiß ich nimmerst mehr, wieviel ich für das einzelne anrechnet hab. Nun können wir nur gleich wiedern von vorn anfangen!“
„Nein, nein“, lachte die Bürgermeisterin. „Ich will Ihnen gleich lieber etwas in Bausch und Bogen geben.“
„Meinswegen auch so! Aber ob auch dieser Bausch und Bogen nachher ausreichen wird?“
„Ich hoffe es. Hier haben Sie!“
Sie gab ihm zwei Stücke aus ihrer Börse. Er betrachtete dieselben, dann die Dame, ging mit den Augen noch einige Male herüber und hinüber und sagte dann:
„Jetzunder weiß ich gar nimmer, ob meine Augen auch noch richtig sehen können.“
„Nun, was sehen Sie denn?“
„Das sieht ja grad wie Gold aus, kann's aber doch gar nicht sein!“
„Es ist Gold.“
„Dann ist's ja ein Zwanzigmark- und nachher noch ein Zehnmarkstuckerl!“
„Gewiß!“
„Aber das kann doch nicht mir gehören sollen!“
„Warum nicht? Ich schenke es Ihnen.“
Er machte den Mund weit auf, schluckte und schluckte, als ob er etwas drinnen habe, und sagte:
„Madame, wann ich mich nicht verrechnen tu, so sind das dreißig Markerln oder zehn Talern!“
„Das ist richtig.“
„Und mein, mein soll's sein! Sepp, Sepp, glaubst das etwa auch?“
„Freilich glaub ich's. Die Dame ist gut. Sie schenkt dir's gern.“
„So will ich nur machen, daß ich schnell fortkomme, sonst könnt's sich vielleicht gar schnell wieder anderst besinnen. Ich lauf zu meiner Frauen und zu meinen Kindern. Herrgott, wird das ein Jubel sein! Adjeh, Sepp, adjeh, Madame! Behüt's Gott alle beid! Lebens recht wohl, und dank auch schön!“
Er nahm sich gar nicht Zeit, die Waldhütte zuzuschließen. Er rannte davon, so schnell seine alten Beine es ihm erlaubten.
„Da habens freilich eine Freuden angerichtet!“ lachte der Sepp. „Der kann's halt brauchen!“
„Er soll noch mehr bekommen. Ist das nicht wieder eine Schickung Gottes, daß er diesen Mann und meinen Sohn so ganz in meine Nähe führt? Komm, Sepp, komm! Laß uns weitergehen!“
Sie kehrten auf einem zweiten Waldpfad wieder nach dem Hauptweg zurück und folgten diesem bis zu der Brücke, welche über den Bach führte. Dort sahen sie Hohenwald vor sich liegen. Sie blieb stehen.
„Dort also, dort wohnt und lebt mein Sohn!“ sagte sie, wie in Andacht die Hände faltend. „Dort ist die kleine, ärmliche Kirche, in welcher er nachher die Orgel spielen wird! Mein Gott, wie ist mir zumute! So froh, so selig und doch so bang!“
Sie schritten über die Brücke. Da kam hinter den Büschen des anderen Ufers der König daher. Die drei trafen aufeinander. Sepp zog den Hut. Die Bürgermeisterin grüßte auch, blieb aber mitten im Gruß starr halten. Sepp beeilte sich, ihr zu sagen:
„Das ist der Herr Ludewig, der hier für ein paar Tage wohnt.“
„Ludewig!“ stotterte sie. Dann machte sie eine tiefe Verneigung. „Majestät!“
„Bitte!“ antwortete der Monarch. „Nicht Majestät! Ich will hier nicht erkannt werden. Wenn Sie mich kennen, so ersuche ich Sie um Diskretion.“
Sie beugte sich abermals. Sepp meinte einfach:
„Das ist nämlich die Frau Bürgermeisterin von Steinegg da drüben. Sie will zu ihrem Sohn, dem Herrn Lehrern.“
„Wie? Ich denke, dieser ist
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