68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron
schafft. Was mit ihm worden ist, das weiß ich nicht, denn ich bin nachher fortzogen, bald hierhin, bald dahin, wo ich grad eine Arbeiten funden hab.“
„Und bist doch so sucht worden.“
„Von wem?“
„Von dem Mädchen.“
„Das sollt mich verwundern. Wer sein Kind in dieser Weise verläßt, der sucht nicht wiedern danach.“
„Und doch hat sie sucht. Sie ist ein braves Dirndl west und krank. Sie hat das Fiebern habt im Kopf und in den Nerven, und da weiß man nicht, was man tut.“
„Ja, wann's so ist, so will ich ihr abbitten, was ich von ihr denkt hab. Also dera Bub ist nun groß und jetzt hier Schullehrer worden?“
„Ja. Kannst ihn dir mal anschaun.“
„Freilich werd ich ihn mal aufsuchen. Vielleicht schenkt er mir da eine Zigarren odern gar ein Maß Bier. Dazu bring ich's von mir selber halt nich so oft.“
Da trat die Bürgermeisterin hervor und fragte:
„So sind Sie wohl sehr arm?“
„O jerum, ein Frauenzimmern!“ rief er aus. „Sepp, was machst mit einem Weibsenbild im Wald?“
„Ich such den gestrigen Tag und kann ihn nicht finden. Jetzt aber antwort doch, wannst fragt wirst!“
„Na, meinetwegen! Ob ich arm bin? Na freilich bin ich arm. Wann ich mir mal eine Extra-Güten tun will, kann ich Tannenzapfen essen.“
„Das sollen Sie nicht“, sagte die Dame. „Würden Sie jenes Mädchen, welches vergaß, das Kind mitzunehmen, heut wiedererkennen?“
„Das wird schwer sein. Es sind seitdem doch nun zwanzig Jahre verflossen.“
„So will ich Ihnen sagen, daß ich es bin.“
„Sie!“ Er schlug überrascht die Hände zusammen. „Sie sind's gewest, Sie? Na, damals habens mir halt eine schöne Arbeiten macht. Ich hab doch gar nicht wußt, was ich mit dem Kind anfangen sollt!“
„Sie haben getan, was Sie konnten, und Sie sollen es nicht umsonst getan haben. Würden Sie bereit sein, mich zu unterstützen, wenn Ihre Gegenwart nötig wäre, falls der Lehrer legitimiert werden soll?“
„Allemalen! Das ist ja meine Schuldigkeiten.“
„Gut! So sagen Sie mir, was ich für Sie tun kann!“
„Sie für mich? Nix.“
„Was, gar nichts?“
„Nein. Was sollten 'S für mich tun können? Etwa im Wald herumlaufen und meine Arbeit machen? Die muß ich halt selber tun.“
„So meine ich es nicht. Ich wollte gern wissen, ob Sie nicht irgendeinen Wunsch haben. Ich möcht Ihnen gern etwas schenken.“
Da erheiterte sich sein altes Gesicht. Er kratzte sich mit beiden Händen den Kahlkopf, obwohl derselbe keine Haare mehr hatte, und meinte schmunzelnd:
„Ja, das ist freilich eine sehr böse Geschichten!“
„Wieso?“
„Sie wollen mir was schenken, und das tät ich mir auch gar wohl gefallen lassen, aber jetzt weiß ich nun nicht, was ich tu. Verlang ich zuviel, so geben Sie mir's nicht, und verlang ich zuwenig, so komm halt ich schlecht dabei weg.“
„Verlangen Sie nur getrost!“
„So! Na, so geben 'S mir vielleicht einen Groschen für ein Bier?“
„Gern!“ lächelte sie über diese Bescheidenheit.
„Vielleicht gar auch fünfzehn Pfennig noch für ein Packerl deutschen Kaisertabaken?“
„Auch das noch!“
„Aber nun natürlich weiter nix?“
„Oh, wünschen Sie nur zu.“
„So geben 'S halt noch dreißig Pfennig für meine Schuhe hier. Sie haben einen Rissen, und ich muß mir einen Seitenflecken drauf setzen lassen.“
„Schön! Weiter!“
Er blickte sie ganz erstaunt an.
„Immer noch weitern?“ fragte er.
„Ja.“
„Na, wann 'S gar a so gut sein wollen, so geben 'S mir noch zwanzig Pfennig für einen Topf, worinnen ich mir meine Suppen kochen kann. Der vorige ist in diesem Winter zerfroren, und da muß ich nun kalt Wassern trinken.“
„Auch das sollen Sie haben. Und wünschen Sie vielleicht noch etwas?“
„Wie? Gar noch immer was?“
„Jawohl.“
„Da hat doch Ihre Güten und Mildtätigkeiten gar kein End! Wann das so ist, so werd ich mich mal sehr fein versteigen. Da kommt hier nun gar die Uhren daran. Darf ich?“
Er zog eine riesige Taschenuhr hervor, welche an einer starken Eichhörnchenkette hing.
„Immer wünschen Sie! Hat das Werk einen Fehler?“
„Nein, das hat keinen Fehlern. Wann's mal an einem Tag eine halb Stunden vorauslaufen ist, so bleibt's am nächsten Tag drei Viertelstunden zurück und dann läuft's übermorgen wiedern eine Viertelstunden vor, und hernach hab ich ja gleich wiederum die richtige Zeiten. Also einen Fehler hat die Uhr nicht. Es ist ein gar altes Erbstück von meinem Großvater
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