68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron
Wenn dieser Herr es wirklich wünschte, daß ich mitkommen solle, so würde er es mir doch selbst sagen.“
„Der? Na, da kommen 'S an den Rechten. Der hat gar die richtige Schneid nicht dazu. Der hat Angst vor Ihnen, weil 'S eine Frau Bürgermeisterin sind.“
„Du!“ rief der Müller, indem er ihm die Faust in die Seite stieß.
„Ja! Was hast's mich da zu stoßen? Ist's etwa nicht wahr?“
„Nein“, antwortete der Müller, indem er sich Mut anschaffte. Er zog den Hut, machte einen schiefen Knicks und sagte:
„Wissen 'S, gnädige Frauen, einen Roggen kann ich von einer Gerste unterscheiden und einen Weizen von einem Hafern auch. Aber mit denen großen städtischen Komplimentern hab ich mich leider nicht gar viel abgeben könnt. Wann 'S zu mir kommen wollen und tüchtig mitessen, so soll's mir halt eine Ehren sein und auch eine Freuden. Also sagen 'S ja, so wird halt noch ein Tellern mehr geschafft.“
Sie wäre gar zu gern mitgegangen. Aber schickte es sich denn? Darum wendete sie nochmals ein:
„Ich bin Ihnen ja fremd!“
„Nein, denn Sie sind hier beim Sepp. Und wen der uns bringt, der ist grad, als ob er mein Brudern oder meine Schwestern oder Onkeln oder alte Tanten wär.“
„So“, lachte sie. „Dann will ich versuchen, Ihre Tante sein zu können.“
Der Müller-Helm kratzte sich verlegen am Ellbogen und räsonierte über sich selbst:
„Sakra! Jetzund hab ich einen Bock schossen! Mit der Tanten bin ich gar schön ankommen. Das mach ich gewiß nicht gleich wiedern! Lieber sag ich da gleich Großmuttern, anstatt der Tanten!“
„So soll ich als Großmutter kommen?“
Er sah sie erschrocken an.
„Donner und Doria! Jetzt hab ich's nun gar noch viel schlimmer macht! Nein, Frau Bürgermeisterin, mit der Tanten und Großmuttern sind 'S halt nicht gemeint. Das weiß doch der Teuxel! Mit der Lisbetherl kann ich reden; das geht wie auf Butter, aber sobald ich ein ander Weibsbild vor mir hab, so bin ich der größt Dummrian auf Erden. Also nehmen 'S, wie's gemeint ist, und kommen 'S mit. Wollen 'S die Güten haben?“
„Wenn Sie Ihre Einladung im Ernst meinen, so will ich ja sagen.“
„Natürlich mein ich's im Ernsten, denn zum Spaß wird bei mir nicht gessen; das werden 'S schon gar sehr bald wegbekommen. Wollen 'S gleich mitnander? Da kommt auch schon der Herr Lehrern.“
Ein kleines Bedenken hatte die Bürgermeisterin in Beziehung auf den König. Aber nach dem, was sie ihm heut für ein Geständnis abgelegt hatte, sagte sie sich, daß es ihm nicht unerwünscht sein werde, falls sie mitkomme. Ihr Sohn war ja anwesend, und der König war inkognito.
Während des kurzen Gesprächs waren die drei aus dem Gottesacker heraus auf die Dorfstraße getreten. Der Lehrer war herbeigekommen und hatte die letzten Worte gehört.
„Ja“, sagte er, „da komme ich bereits. Freilich will ich noch nicht nach der Mühle. Dazu wäre es jetzt noch zu früh. Ich werde vorher noch einen kleinen Spaziergang machen.“
Das paßte dem Sepp. Er sagte sofort:
„Das ist sehr gut, Herr Lehrer. Wollen 'S etwa allein spazieren?“
„Wollen Sie mit?“
„Nein, ich nicht. Ich muß hier mit dem Müllern gehen, weil wir noch eins und das andre zu besprechen haben. Aber hier die Frau Bürgermeisterin kommt auch mit zum Schmaus; sie hat auch noch Zeit und kennt die hiesige Gegend noch nicht. Wann 'S galant sein wollen, so können 'S sie halt einladen zum Mitgehen.“
Sie errötete. Der Lehrer warf ihr ein bittendes Lächeln zu und sagte:
„Sie entschuldigen, Frau Bürgermeisterin! Unser Sepp hat so seine eigene Weise. Man darf ihm nichts übelnehmen.“
„Das fehlt auch noch, wann ich's nur gut meint hab!“ rief der Alte. „Komm, Müllern. Die beid werden keinen andern brauchen, der so seine eigene Weise hat. Vorwärts!“
Er nahm den Müller beim Arm und zog ihn fort.
„Da sehen Sie!“ lachte Walther. „Hier oben in den Bergen wohnt ein kräftiger Menschenschlag; aber gut ist es doch gemeint.“
Sie mußte sich große Mühe geben, auch ein Lächeln zu zeigen, und fast nur leise antwortete sie:
„Ich bin überzeugt davon. Nur befürchte ich, Ihnen Störung zu bereiten, wenn Sie den Wunsch unseres eigentümlichen Freundes erfüllen.“
„Störung? O nein! Es ist mir im Gegenteil recht lieb und aufrichtig angenehm, daß Sie mir erlauben, mich Ihnen anzuschließen. Ich befinde mich noch gar nicht lange hier oben in Hohenwald, aber doch fühle ich bereits jenen Wunsch nach anderem, welchen jeder
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