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68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron

Titel: 68 - Der Weg zum Glück 03 - Der Baron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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empfindet, dem sein täglicher Umgang kein Genügen bringen kann. Man ist hier wirklich von allem abgeschlossen.“
    Sie kamen in diesem Augenblick an dem Gasthof vorüber. Die Wirtin stand unter der Tür.
    „Grüß Gott, Herr Lehrer!“ rief sie erfreut. „Wollens Spazierengehen?“
    „Ja, ein wenig.“
    „Das machen 'S gar recht“, meinte sie, indem sie langsam näher kam. „Das Spazieren haben 'S gar sehr nötig zu der Erholungen.“
    „Meinen Sie?“
    „Ja. Ich weiß halt sehr gut, was für eine Anstrengung Sie haben in der Schulen. Die Buben sind kaum zu zähmen und die Maderl kaum zu bändigen. Aber freuen tut's mich doch, daß sie bei Ihnen an den richtigen Mann kommen sind. Wissen 'S noch, als Sie kamen, was ich Ihnen da für einen Rat geben hab?“
    „Ja, sehr gut noch.“
    „Schaun 'S, das hatt ich gar ernst meint, Prügel müssen's haben, ganz gewaltige Prügel, hab ich denkt. Und nun Sie bringen's das alles ganz anderst fertig, ohne nur einen Stock anzugreifen. Sagen 'S doch, wie bringen's das nur eigentlich fertig?“
    „Hm! Das ist nicht so schnell zu erklären. Man muß ein wenig Psychologe sein.“
    „Da wollt ich, ich wär auch ein solcher Phixologen. Meine zwei wachsen mir über denen Kopf zusammen. Wann ich da nicht hinhauen tät, so kriegt ich selberst noch die Prügel. Das muß hier heroben so in der Luft liegen. Nicht?“
    „Gewissermaßen haben Sie recht. Eine kräftige Luft zeitigt auch kräftige Charaktere.“
    „Ja freilich, kräftig sind's bei uns. Mein Bub, der kaum zehn Jahren zählt, frißt mir bereits eine ganze Pfannen voll Dampfnudeln aus und fragt hernachers auch noch, ob ich keinen Eierkuchen hab. Der ist kaum mehr zu derfüttem. Was sollen's hernach in der Schulen lernen. Ein voller Bauch wird kein Magistern.“
    „Nein; darum gewöhnen Sie Ihre Kinder lieber an eine mäßige Speisekarte.“
    „Da käm ich schön an! Ja, eine Karten wollen's schon bereits haben, aber keine Speisekarten, sondern eine ganz andre. Da sitzen die zwei am Tisch und spielen Sechsundsechzig mitnander, und wann's dann fertig sind, so hauen's sich den Gewinn mit denen Holzpantofferln um den Kopf herum. Meiner Seel, es kracht oft so, daß es mir angst wird um die armen Köpfen. Aber das hält schon was ab hier in der Gegend! Also habens Besuch erhalten, Herr Lehrern?“
    „Besuch? Wieso?“
    „Nun diese Damen hier?“
    „Die Dame ist kein Gast von mir. Wir haben uns an der Kirche getroffen.“
    „Ach so! Ich hab denkt, daß es ein Besuch ist, vielleicht wohl gar Ihre Muttern, weil's sich gar so ähnlich sehen. Na nix für ungut! Machen 'S sich viel Vergnügen, die Herrschaften!“
    Sie knickste und kehrte ins Haus zurück.
    Bei ihren letzten Worten hatte es der Bürgermeisterin einen Stich ins Herz gegeben. Sie setzten ihren Weg fort, zunächst schweigsam. Walther warf von Zeit zu Zeit einen prüfenden Blick in das ernste Gesicht seiner stillen Begleiterin. Dann sagte er:
    „Eigentümlich! Die Wirtin hat recht. Erst deren Äußerung hat mich auf diesen Umstand aufmerksam gemacht. Bemerken Sie nicht auch, daß wir einander außerordentlich ähnlich sehen?“
    Sie hatte das auch bereits bemerkt.
    „Wirklich?“ fragte sie.
    „Ja, und zwar ganz auffällig. Man sollte kaum glauben, daß zwei Personen, welche einander in jeder Beziehung fremd sind, eine solche Ähnlichkeit besitzen können.“
    „Ein Naturspiel“, sagte sie in unterdrücktem Ton.
    „Sie müssen also aus diesem Grund die Wirtin entschuldigen, daß sie Sie in eine solche Beziehung zu mir bringen wollte!“
    „Das bedarf keiner Entschuldigung. Ich halte es vielmehr für ein Glück, einen Sohn zu besitzen, welcher die Achtung anderer in der Weise besitzt wie Sie.“
    „Es ist mir nicht leicht geworden, sie mir zu erringen. Ich hatte es, als ich hier ankam, mit einem sehr harten Material zu tun.“
    „Also darum Ihre vorige Bemerkung, daß Sie keine Genüge finden!“
    „Nein, darum nicht, sondern aus einem andern Grund. Einen guten Reiter macht es ganz glücklich, ein wildes Pferd zu bändigen! Ungefähr in ähnlicher Weise fühlt der Lehrer eine innige Befriedigung, wenn es ihm gelingt, solche spröde Seelen gefügig zu machen. Aber in meiner Erholungszeit finde ich nicht das, was ich suchen möchte. Ich mußte mir das freilich vorher sagen.“
    „Und dennoch haben Sie sich um diese schlimme Stelle beworben!“
    „Dennoch!“
    „Sie müssen einen sehr zwingenden Grund dazu gehabt haben?“
    „Ich hatte ihn. Leider

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