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69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

Titel: 69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nach dem Verspruch einen Oberländer stampfen, das ist egal. Und jetzt wird eine Flasche Wein aufgemacht. Kommt alle herein! Und du, Bursche, gib deiner Braut den Arm! Du hast das Recht dazu.“
    Der jüngere Osec hielt unter einer plumpen Bewegung seinen Arm hin, und Gisela legte ihre Hand auf denselben. Beide schritten als Paar hinter ihren Vatern her.
    Ludwig blieb stehen. Gisela bemerkte es, drehte sich um und sagte:
    „Komm doch auch mit! Vater hat gesagt, daß alle mitgehen sollen. Da bist du doch auch gemeint.“
    „Nein“, entgegnete der Kery-Bauer. „Mit einem Knecht trinke ich freilich nicht aus einer Flasche. Wenn er dir den Standpunkt klargemacht hat, so war das seine Pflicht und Schuldigkeit, und ich bin ihm nicht noch extra verbunden, die Gläser mit ihm anzustoßen. In den Saal aber mag er mitkommen, und was er da trinkt, das werde ich bezahlen.“
    Damit war die Sache abgemacht. Ludwig fühlte natürlich die Beleidigung auf das Lebhafteste, wurde aber genügsam dafür getröstet, denn Gisela warf ihm, sich nochmals zurückwendend, einen so freundlichen, leuchtenden Blick zu, daß er darüber hätte laut aufjauchzen können.
    Er blieb also im Garten zurück und nahm wieder auf der Bank Platz, wo er vor kaum einer Viertelstunde in so trüben Gedanken versunken gesessen hatte. Jetzt freilich waren seine Empfindungen ganz andere, obgleich die Verhältnisse sich seit vorhin eigentlich gar nicht geändert hatten. Ein warmer, freundlicher Blick aus einem lieben Auge kann größere Wirkung hervorbringen, als ein äußeres, wenn auch noch so einflußreiches Ereignis. Ein solcher Augenstrahl kann eine ganze innere Welt zum Grünen und Blühen bringen.
    Nach einiger Zeit kam seine Mutter in den Garten und gesellte sich zu ihm. Sie war draußen auf der Wiesen spazierengegangen, ganz von Glück erfüllt, daß sie in ihrer Not Rettung erfahren hatte, und teilte ihm ihren Entschluß mit, heut bei ihm zu bleiben.
    „Das ist recht“, sagte er. „Nun wirst hier noch was derleben können.“
    „Ja, den Verspruch der Gisela mit dem Osec.“
    „Oder auch was anderes. Es ist gar leicht möglich, daß aus der Verlobung gar nix wird.“
    „Meinst? Ich glaub, es wird was draus, denn was der Kery-Bauer einmal will, das führt er auch aus.“
    „Aber die Gisela wird nicht wollen.“
    „Hat sie dir das etwa gesagt?“
    „Nein. Ich denk's halt nur. Ich hab hier belauscht, was sie mit dem sprochen hat, der ihr Bräutigam werden soll. Sie hat ihn nur an der Nasen packt und ihn daran herumzogen. Nun geht's halt in das Wirtshaus, wo er zeigen soll, daß er tanzen kann. Das sollst auch mit sehen, Mutter.“
    „So, also will sie ihn zuvor auf die Proben stellen. Ist er denn ein guter Tänzer?“
    „Er schaut halt gar nicht danach aus. Ich glaub nicht, daß er die Prob bestehen wird.“
    „Ja, wann er so tanzen könnt wie du, da könnt sie schon mit ihm zufrieden sein. Es hat nicht ein jeder das Gelenk dazu.“
    „Nun, das Gelenk, das ich hab, das wird sie heut wohl kennenlernen.“
    „Wie? Willst sie etwa gar mal zum Tanz verengagerieren?“
    „Freilich wohl. Oder meinst nicht?“
    Sie machte ein sehr bedenkliches Gesicht, drohte mit dem Finger und antwortete:
    „Ludwig, mach keine Dummheiten! Wannst sie auch liebhast, aber bekommen tust sie doch nicht. Ich rat dir gut: Schlag sie dir aus dem Sinn!“
    „Schon gut! Brauchst keine Angst zu haben.“
    „Ja, die brauch ich wohl nicht zu haben, denn tanzen tust doch nicht, und dich blamieren, das wirst auch nicht tun.“
    „Oho! Der Ludwig Held blamiert sich wohl nicht gar so leicht.“
    „Wirst's aber doch tun, wannst sie zum Tanz aufforderst, denn sie wird ihn dir abschlagen.“
    „Oder auch nicht!“
    „So eine reiche und vornehme Bauerstochter tanzt nicht mit ihrem Knecht. Und nachher, wann sie dich abweist, dann wirst ausgelacht.“
    „Aber wann sie doch mit mir tanzen will?“
    „So wird's der Bauer nicht dulden; das kannst dir denken und an den zehn Fingern abzählen. Du mußt gegenwärtig sein, daß er dich vielleichten gar aus dem Dienst jagt.“
    „Das wär freilich schlimm!“ lachte er leise auf.
    „Vielleicht wär es nicht schlimm, sondern gut. Du kämst fort und tätst die Gisela nimmer sehen. Da könntest sie dir leicht aus dem Sinn schlagen. Und einen andern guten Dienst bekommst doch allemal.“
    „Das hab ich mir auch denkt, und darum wollen wir uns keine Sorgen machen, Mutter. Komm, wir gehen jetzund nach dem Wirtshaus. Heut werden wir ein

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