69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen
doch weit Schönere.“
„Ja, es ist verteuxeli, was es in München für Blitzdirndln gibt; aber du bist halt doch noch lieber als –“
Er hielt erschrocken inne, denn er bemerkte, daß in den Worten, welche er sagen wollte, eine ganz regelrechte Liebeserklärung lag.
Sie war heimlich vergnügt über seine Verlegenheit. Es war für sie ein so glückliches Gefühl, so neben ihm zu sitzen, zu wissen, daß er sie so lieb hatte, und doch zu beobachten, wie er sich Mühe gab, von seiner Liebe nichts merken zu lassen. In neckischem Ton fragte sie:
„Warum redest du immer nicht ganz aus? Was hast du sagen wollen? Daß ich dir lieber bin als diese Münchnerinnen?“
„Nein, das hab ich nicht sagen wollten“, antwortete er sehr rasch und in besorgtem Ton. „Das ganz gewiß nicht.“
„Also sind dir die Münchnerinnen lieber?“
„Das auch nicht.“
„Nun, was ist denn das Richtige, wenn beides nicht richtig ist?“
„Ja, wann ich, wann ich – wann – Himmelsakra! Es gibt eben auf der Welt zuweilen Dinge, von denen man nicht so recht reden darf.“
„Ich verbiete es dir doch nicht.“
„Du nicht, aber es ist schon ohnedies verboten. Weißt, wann ich ein anderer wär, nachher könnt ich eher sprechen.“
„Und was würdest du da sagen?“
„Wann ich so einer wär, der nur so in den Geldsack hineingreifen könnt, ein gar reicher und hübscher und schneidiger, da tät ich sagen, daß es kein schöneres Dirndl gibt als die Gisela auf dem Kery-Hof.“
„Das darf also nur so einer sagen?“
„Ja, ein Armer nicht.“
„Warum denn nicht? Darf ich denn keinem Armen gefallen?“
„Nein, das darfst nicht. Was tät dein Vatern dazu sagen!“
„Was sollte er sagen? Gar nichts. Ist es etwa eine Beleidigung für ein reiches Mädchen, wenn es auch einem armen Burschen gefällt?“
„Nein. Gefallen darf er an ihr finden, aber mehr nicht. An die Liebe und gar an die Heirat darf er nicht denken.“
„Und doch kommt es so häufig vor, daß ein Reicher eine Arme oder ein Armer eine Reiche heiratet.“
„Aber auf dem Kery-Hof kann das nicht stattfinden.“
„So hältst du mich wohl für stolz?“
„Nein, stolz bist nicht, aber auf deinen Stand hältst doch auch.“
Es war nicht zu verwundern, daß er diese Ansicht von ihr hegte. Sie hatte sich ihm bisher nicht genähert. Sie hatte ferner nur mit wenigen anderen Mädchen Umgang gepflogen. Ihr Leben war ein kaltes, zurückgezogenes gewesen. Sie hatte die Liebe zu ihm im Herzen getragen, ohne sich derselben bewußt zu sein, und erst heute, als sie ihn belauschte, war sie zu der Erkenntnis gelangt, daß in ihrem Busen ein mächtiges Gefühl lebte, ein Gefühl, von dessen Seligkeit sie bisher keine Ahnung gehabt hatte.
„Ja, auf meinen Stand halte ich“, antwortete sie. „Das ist der Bauernstand. Aus ihm hinaus würde ich nicht heiraten. Mein Mann müßte ein Bauer sein.“
„Und zwar ein recht geschwollener, der die Guldenstückerln gleich mit dem Scheffel messen kann.“
„O nein! Das habe ich nicht nötig. Es kann auch ein armer sein.“
„Du machst wohl einen Spaß?“
„Nein, sondern es ist mein Ernst. Ich habe zuweilen daran gedacht, wie schön es sein müsse, einem braven Burschen sein Herz schenken zu dürfen. Und doppelt glücklich müßte man sein, wenn derselbe arm, recht arm wäre, und man ihm zu der Liebe auch noch ein recht großes Vermögen geben könnte.“
Er schwieg. Es entstand eine Pause, nach welcher er fast ganz leise fragte:
„Das hast wirklich dacht?“
„Ja, sehr oft.“
„So bist ein doppelt braves Dirndl.“
„Und wenn ich daran gedacht habe, so hat mir dieser Gedanke so gut gefallen, daß ich mir schließlich vorgenommen habe, nur einen Armen zu heiraten.“
„Ja, das glaub ich schon. Wenn man ein junges Dirndl ist, so macht man sich solche gar schöne Vorsätze. Aber nachher im Leben wird's ganz anderst.“
„Das glaube ich nicht.“
„Wirst's schon noch glauben lernen. Wann so ein Armer käm, den würdest schön anschaun, daß er es wagt, seine Augen zu dir emporzuheben.“
„Es käme ja darauf an, ob ich ihn liebhaben könnte oder nicht.“
„Also, wannst ihn leiden könntst, so nähmst ihn trotz seiner Armut?“
„Ganz gewiß.“
„Aber wenn er nun nicht bloß ein Armer wär, sondern ein gar Geringer?“
„Das wäre mir gleich.“
„Etwa ein Knecht bloß?“
„Daran würde ich mich nicht stoßen, wenn ich ihn nur liebhaben könnte. Leider aber sind das unnütze Gedanken, weil
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