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69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen

Titel: 69 - Der Weg zum Glück 04 - Die Rivalen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Stollen senkrecht hinabgeht und das Grab also viel höher liegt. Es liegt bereits höher, als wir uns jetzt befinden; zu ihm kann also dieser verborgene Gang nicht führen. Überhaupt, wer gräbt einen Stollen in einen Sarg hinein.“
    „Nun, Sie werden ja sehen, wohin wir kommen.“
    Sie ließen ihre Röcke und Hüte hier außen liegen. Es war kaum zu befürchten, daß ein Dieb herbeikommen und grad diese versteckte Stelle aufsuchen werde. Nun stiegen sie hinab, der Fex voran und der Assessor hinter ihm.
    Unten angekommen, stieß der erstere die Kiste beiseite und zog den letzteren mit sich hinein.
    Die Hölzer, deren er sich früher bedient hatte und die noch in der Mauernische lagen, waren jedenfalls feucht. Der Fex aber hatte frische mit herabgenommen. Er machte die Lattentür auf und brannte die Lampe an.
    Jetzt schaute der Assessor sich um.
    „Ein unterirdisches Versteck mit zwei Abteilungen“, sagte er erstaunt. „Hier dringt sogar das Wasser des Flusses herein. Wie haben Sie diesen Ort entdeckt?“
    „Das werde ich Ihnen später erzählen. Jetzt muß ich Ihnen vorher das zeigen, was Sie sehen sollen. Kommen Sie wieder in die andere Abteilung zurück, in welche wir zuerst eingestiegen sind!“
    Er nahm die Lampe in die Hand und trat mit dem Beamten hinaus.
    „Erschrecken Sie leicht?“ fragte er.
    „Nein.“
    „So brauche ich Sie nicht zu warnen.“
    „Ist's etwas so Entsetzliches, was ich sehen werde?“
    „Nein; aber es gehören dennoch andere als Damennerven dazu. Also jetzt!“
    Er nahm das Tuch hinweg, welches die Leiche verhüllte und hielt die Lampe so, daß das Licht derselben voll und hell auf die erstere fiel. Der Assessor stieß doch einen Ruf, wenn auch nicht des Schreckens, so doch des Erstaunens aus.
    „Ach! Also doch eine Leiche! Aber nicht diejenige Ihrer Amme?“
    „Und doch ist sie es.“
    „Die muß ja viel höher liegen! Wie kommt sie hier herab?“
    Der Fex erklärte es ihm. Er erzählte ihm, wie er dazugekommen war, diese unterirdische Felsenspalte zu entdecken. Daß selbst der König bereits hier gewesen sei, verschwieg er ihm jetzt noch.
    Ganz als ob sie schlafe, lag die Südana in dem Kasten. Es war, als ob die langen Wimpern nur halb geschlossen seien und im Erwachen leise zuckten. In den gebräunten Wangen schienen noch Ströme warmen Blutes zu pulsieren. Wer nicht wußte, daß er vor einer Leiche stehe, konnte leicht denken, daß die Schläferin im nächsten Augenblick sich bewegen werde. Diese Täuschung wurde noch vervollständigt durch die seltene Fülle dunkler Haare, welche wie ein Schleier den Leib der Toten umflossen und die Gestalt bis herunter zu den Füßen einhüllten.
    Dem Assessor war es ganz eigenartig zumute. Er konnte für das Gefühl, welches, ohne eine Furcht zu sein, ihm dennoch kalt prickelnd durch die Nerven lief, keine passende Bezeichnung finden.
    „Wunderbar!“ sagte er. „So etwas konnte ich freilich nicht erwarten. Also ermordet ist sie worden, die treue Dienerin ihres Herrn! Ach, wenn man das noch jetzt nachweisen könnte! Wenn die Zeichen der Erdrosselung noch jetzt zu entdecken wären!“
    „Wohl schwerlich!“
    „Auch ich glaube es nicht.“
    „Nun aber die Hauptsache. Was glauben Sie, wie der Müller sich benehmen würde, wenn er ganz plötzlich vor diese Leiche gestellt würde?“
    „Gewisses läßt sich da nicht sagen, doch glaube ich, daß sich ein fürchterliches Entsetzen seiner bemächtigen würde. Sie haben ganz recht getan, mich hier herabzuführen. Der Müller muß vor sein Opfer gestellt werden, und zwar noch heut!“
    „Ist das möglich?“
    „Unter diesen Umständen, ja. Ich eile sofort in die Stadt, um mich mit den Herren der betreffenden Behörde zu besprechen.“
    „So soll der Müller hier herab? Das wird schwer gehen, weil er gelähmt ist.“
    „Nein, die Leiche muß hinauf.“
    „Durch den engen Gang?“
    „Den erweitern wir. Es müssen Arbeiter her. Übrigens wird das keine großen und langen Schwierigkeiten machen. Drei, vier Männer können in zwei Stunden fertig sein.“
    „Und was geschieht nachher mit der Leiche?“
    „Darüber kann ich jetzt nicht entscheiden. Jedenfalls erhält sie in geweihter Erde einen Ruheplatz. Bitte, kommen Sie! Ich möchte keinen Augenblick versäumen.“
    Oben angekommen, vertauschten sie die leinenen Sachen mit den ihrigen und schlossen den Gang. Dann begaben sie sich nach der Mühle. Der Wurzelsepp war indessen bereits wieder zurück und hatte auch den Gendarm mitgebracht.

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