7 Minuten Zu Spät
Ärztin blickte sie besorgt an. »Sind die Kinder in der Schule?« Damit meinte sie natürlich, ob Nell und Peter mit ihr im Auto gewesen waren.
»Ja«, antwortete Alice. »Aber ich bin nicht besonders schnell gefahren, und bis auf Blechschaden ist auch gar nichts passiert.«
»Rutschen Sie bitte mal ein Stück zurück.«
Alice hielt die Luft an, als die Ärztin sie vorsichtig untersuchte. Sie horchte Alices Bauch mit dem Stethoskop ab und bat dann die Krankenschwester, das Ultraschallgerät hereinzubringen.
»Haben Sie ihre Herztöne gehört?«, fragte Alice.
»Schscht«, erwiderte Dr. Matteo.
Alice schloss die Augen. Sie hörte, wie Mike mit seinem Stuhl ein wenig vorrutschte, um besser sehen zu können. Die Ärztin verteilte kaltes Gel auf Alices Bauch und verschmierte es mit dem in Plastik gehüllten Ultraschallkopf.
Langsam ließ sie ihn über Alices Bauch wandern, wobei sie aufmerksam und mit ernstem Gesicht auf den Monitor blickte. Alice wollte diese Kinder, sie hatte sie von Anfang an gewollt, nachdem der erste Schock darüber, dass sie Zwillinge erwartete, abgeklungen war. Und auch die Mühen, die vor ihr lagen, schreckten sie nicht ab, weil ihr klar war, dass die Liebe, die ihr mit diesen beiden Kindern geschenkt wurde, wachsen würde. Und jetzt, als sie angstvoll die Bewegungen der Ärztin verfolgte, spürte sie, wie sehr sie diese Babys auch brauchte, wie sehr deren erstes Lächeln, die winzigen Händchen, die sich um ihre Finger schlossen, Hoffnung und Versprechen bedeuteten.
»Ja, den Kindern geht es gut«, sagte Dr. Matteo. »Aber Ihnen nicht.«
Alice lächelte Mike erleichtert zu. Den Kindern geht es gut. Dann sagte sie: »Ich schlafe schlecht. Ich hätte gar nicht Auto fahren sollen.«
»Wie lange haben Sie schon nicht mehr geschlafen?«
»Drei Nächte lang. Und mir ist ständig übel, was auch neu für mich ist.«
»Sie sind ein wenig dehydriert«, sagte Dr. Matteo. »Ihr Fruchtwasser fordert seinen Tribut. Haben Sie bei der Hitze in den letzten Tagen nicht genug getrunken?«
Alice wusste es nicht. Vielleicht war sie ja durstig gewesen, aber möglicherweise hatte ihr Körper stärker auf die Ereignisse reagiert, als ihr bewusst war.
»Wir haben diese Woche eine enge Freundin verloren«, sagte Mike. Er berichtete Dr. Matteo, was vorgefallen war, und sie hörte ernst zu.
»Lauren war meine Schwester.« Alice begann zu weinen.
»Wie eine echte Schwester.«
Dr. Matteo stellte ein Rezept aus und reichte es Alice.
»Nehmen Sie das heute Abend, ehe Sie zu Bett gehen. Wir sehen zu, dass Sie erst einmal Schlaf bekommen, dann kümmern wir uns um die Übelkeit.«
»Schlaftabletten?« Alice blickte auf das Rezept. »Kann ich die denn so ohne weiteres einnehmen?«
»Ja, keine Sorge. Sie sind ganz leicht. Sie und Ihre Babys werden davon nur schläfrig, mehr nicht. Aber für Sie ist es wirklich wichtig, Alice.«
Die Ärztin hatte Recht, dachte Alice. Sie brauchte Schlaf. Aber sie würde trotzdem zunächst nur eine Tablette nehmen.
Die Ärztin wandte sich zum Gehen. »Alice, Sie müssen sich jetzt ausruhen. Mike, heute Abend sind Sie dran Abendessen, Kinder, alles.«
»Aye, aye, Captain!« Mike nahm Alice das Rezept aus der Hand, faltete es zusammen und steckte es in die Brusttasche seines T-Shirts. Unter dem Schmutzstreifen auf seinem Unterarm pochte eine dicke Vene.
»Meine Mutter kommt heute.« Alice setzte sich auf und wischte sich mit Papiertüchern das Gel vom Bauch ab. »Sie freut sich, wenn sie übernehmen kann.«
»Na, das ist doch eine wunderbare Gelegenheit.« Dr. Matteo beugte sich vor und legte Alice die Hand auf den Bauch.
»Vielleicht wollen Sie im Moment nichts davon wissen, Alice, aber ich sage es trotzdem. Es ist schrecklich, um jemanden zu trauern, wenn man schwanger ist. Aber wir sollten versuchen, für Sie einen Weg da heraus zu finden.«
Alice und Mike gingen Arm in Arm zum Parkplatz. Mike war fürsorglich und hielt jede Tür für sie auf, aber sie fanden beide keine Worte. Auch auf der Fahrt nach Hause schwiegen sie, bis Mike einem Schlagloch auswich und Alice erschreckt zusammenzuckte.
Forschend blickte sie ihren Mann an. »Wie fühlst du dich, Mike?«
»Gut.«
»Nein, ich meine, was empfindest du? Wegen Lauren.«
Er reagierte seltsam, wie sie fand. Traurig blickte er sie an und zuckte mit den Schultern. »Ich weiß eigentlich gar nicht, wie ich mich fühle«, sagte er schließlich. »Irgendwie taub. Es ist alles so furchtbar.«
Er hielt an einer roten Ampel
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