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7 Minuten Zu Spät

7 Minuten Zu Spät

Titel: 7 Minuten Zu Spät Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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geschlossenen Augen stand sie da und schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass den Babys nichts passiert war.

KAPITEL 11
    A lice stieg auf der Beifahrerseite in Mikes schwarzen Pick-up. Auf der offenen Ladefläche lagen dicke Eichenbretter.
    »Was ist passiert?«, fragte Mike. Von seinem Handgelenk bis zu seinem Ellbogen zog sich ein Streifen aus schwarzer Schmiere. »Geht es dir gut?«
    Alice nickte und schnallte sich an. Aber eigentlich wusste sie gar nicht, ob alles in Ordnung war, sie traute sich nur nichts zu sagen. Sie hatten schon einmal ein Kind verloren, und als zweifache Mutter hätte sie wissen müssen, dass sie besser kein Risiko eingegangen wäre.
    »Dr. Matteo wartet auf mich«, erwiderte sie.
    »Was ist denn passiert?«
    Sie wartete, bis Mike losfuhr, und während der Fahrt erklärte sie ihm alles. Mike hörte stirnrunzelnd zu, schwieg aber. Als sie fertig war, legte er ihr sanft kurz die Hand aufs Knie.
    »Ich hätte doch deine Mutter vom Flughafen abholen können«, sagte er. Aber im Grunde wussten sie beide Bescheid. Alice hatte unbedingt dorthin fahren wollen, und sie hätte es besser nicht getan. So einfach war es.
    Dr. Sally Matteos Wartezimmer im Long Island College Hospital in der Amity Street, wo sie einmal in der Woche Sprechstunde hielt, war voll. Alice und Mike setzten sich nebeneinander. Die trockene Wärme seiner Hand, die ihre umschloss, beruhigte sie und machte sie schläfrig.
    Um sie herum herrschte lebhafte Betriebsamkeit, aber sie schwiegen. Die Patienten hier waren anders als in der Praxis in der Pierrepont Street, wo Alice sonst immer zu den Untersuchungen ging. Hier gab es mehr dunkelhäutige Patienten, es war ein anderes Brooklyn als das, in dem sie lebte.
    Hier hatten die Leute keine große Wahl, sie wohnten nicht in renovierten Brownstones und konnten sich auch keine in Handarbeit gefertigten Türknäufe leisten. Hier waren die Menschen arm, und über ihre Naivität, so viel von der gierigen Welt zu erwarten, würde man hier nur lachen.
    Auf einmal hatte sie das Gefühl, sich selbst zu hassen, obwohl sie eigentlich noch nicht einmal sagen konnte, warum. Es war nur so, dass Lauren weg war, und sie war noch da. Es ergab alles keinen Sinn. Und was war mit Ivy? Lebte sie noch? Kümmerte sich jemand um sie?
    Seufzend rieb Alice sich über die Augen.
    Mike legte ihr den Arm um die Schultern, zog sie an sich und küsste sie leicht auf die Schläfe.
    »Wir sollten deine Mutter anrufen«, sagte er.
    »Ja, klar.« Alice wählte Lizzies Handynummer und lauschte der Stimme auf der Mailbox. »Lizzie Taylor. Wahrscheinlich bin ich gerade Diamanten kaufen. Hinterlassen Sie eine Nachricht.« Sie war neunzehn, als sie Alices Vater, Richard Taylor, geheiratet hatte, und sie war ganz wild darauf gewesen, sich von Elizabeth Liptutz in Elizabeth Taylor mit goldenem Ehering zu verwandeln.
    »Du nimmst dir lieber ein Taxi vom Flughafen, Mom«, sagte Alice. »Ich kann nicht kommen, aber es ist alles in Ordnung. Nimm ein Taxi, ich warte dann zu Hause auf dich.« Fast sofort tat es ihr Leid, behauptet zu haben, es sei alles in Ordnung. Das würde ihre Mutter misstrauisch machen, da es so offensichtlich gelogen war.
    Eine Schwester erschien und führte sie in ein leeres Untersuchungszimmer. Sie bat Alice, sich zu entkleiden, und dann war Dr. Matteo auch schon da. Mike saß in einem Stuhl neben der Untersuchungsliege, auf der Alice sich ausgestreckt hatte. Die Ärztin beugte sich vor und musterte Alice aufmerksam.
    »Ich glaube, es ist alles in Ordnung«, erklärte Alice zögernd.
    »Ich untersuche Sie rasch«, erwiderte die Ärztin.
    Dr. Matteo war eine elegante, gut aussehende Frau, die Alice erzählt hatte, in ihren Adern fließe puertoricanisches, griechisches, irisches, französisches und spanisches Blut »und ein paar Tropfen Indianerblut«. Sie war eine waschechte New Yorkerin, und an dem Abend, als Peter auf die Welt gekommen war, war Dr. Matteo in einem schwarzen Cape mit rotem Satinfutter in den Kreißsaal geeilt. Sie war gerade in der Oper gewesen, als sie wegen des Notfalls angepiepst worden war.
    »Ich habe gehört, dass Sie hier sind«, hatte sie zu Alice und Mike gesagt, hatte sich rasch umgezogen und dann die Entbindung übernommen.
    Jetzt blickte Alice die Ärztin an und dachte, dass sie sie bisher nur selten ohne ein Lächeln gesehen hatte.
    »Erzählen Sie mir, was passiert ist«, sagte Dr. Matteo. »Sie hatten einen Unfall?«
    »Es war meine Schuld«, erwiderte Alice automatisch. Die

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