7 Minuten Zu Spät
freundlich, aber was war mit den anderen beiden?
Sie griff zum Handy, in der Hoffnung, Frannies Anruf noch entgegennehmen zu können, bevor sie ihre Nachricht zu Ende gesprochen hatte. Aber es war schon zu spät.
Gerade wollte sie die Nummer wählen, um Frannie zurückzurufen, als auf einmal jemand heftig gegen ihre Wohnungstür donnerte.
»Sie! Sie verdammtes Luder, machen Sie die Tür auf, oder ich trete sie ein!«, brüllte Julius Pollack.
»Hören Sie auf, Julius!«, schrie Alice.
Sie stellte sich mit dem Handy neben die Gartentür, damit sie nach draußen entkommen konnte, wenn er die Tür wirklich einschlagen würde. Wie es dann weitergehen sollte, wusste sie allerdings nicht. Seine Faustschläge dröhnten durch das ganze Haus.
»Hören Sie auf! Ich rufe die Polizei!«
Kaum hatte sie die Drohung ausgesprochen, als der Lärm verstummte. Plötzlich war es, als sei Julius gar nicht mehr da.
Sie wählte Frannies Nummer, und während sie wartete, dass sie an den Apparat ging, schien sich die Küche mit Stille zu füllen. Sie traute sich kaum zu atmen und lauschte angestrengt auf Pollacks Schritte, die sich nun die Treppe hinauf bewegten.
»Alice?«, meldete sich Frannie. Alice erklärte ihr rasch, was passiert war.
»Wo sind Sie jetzt?«, fragte Frannie.
»In der Küche.«
»Ist er noch draußen?«
»Er ist gerade nach oben gegangen.«
»Bleiben Sie, wo Sie sind. Machen Sie die Tür nicht auf und gehen Sie auch nicht ans Telefon. Wir sind in zwei Minuten bei Ihnen.«
Die Zeit dehnte sich endlos, als Alice wartend in der Küche stand. Offensichtlich dachte Julius, sie habe etwas mit dem Artikel in der Zeitung zu tun. Hatte er sie mit Pam Short in Verbindung gebracht? Wusste er, dass Pam auf Alices Bitte hin Erkundigungen eingezogen hatte? Arbeitete Andre Capa auch für ihn? Hatte Capa ihm alles berichtet, bevor man ihn verhaftet hatte?
Alice dachte an den alten Mann, der nach dem Autounfall zu ihr gesagt hatte: Atmen Sie tief durch, Lady, eins, zwei, drei. Das tat sie jetzt. Zwar schlug ihr das Herz immer noch bis zum Hals, aber sie merkte doch, wie sie sich langsam beruhigte.
Mit zitternden Fingern wählte sie die Nummer von Mikes Handy. Nach dreimaligem Klingeln sprang die Mailbox an. Offensichtlich sägte er gerade, oder aber er hörte das Handy nicht, weil er die Musik so laut gestellt hatte. »Mike«, flüsterte sie auf seine Mailbox. »Julius hat versucht, in die Wohnung zu kommen. Komm nach Hause. Bitte! «
In diesem Moment hörte sie Pollacks Schritte erneut auf der Treppe. Sie umklammerte das Handy so fest, dass ihre Finger taub wurden. Wo blieben Frannie und Giometti nur? Als er an ihrer Wohnungstür angelangt war, wählte sie panisch die Notrufnummer. Aber Julius ging vorbei, und sie hörte, wie er die Haustür öffnete.
Leise schlich sie ins Wohnzimmer. Dort konnte sie hören, dass er mit jemandem redete. Die Stimme kannte sie. Es war Frannie. Aus dem Handy drang eine blecherne, ferne Stimme: »Hallo?
Hallo? Was ist passiert?« Alice drückte auf den AUS-Knopf.
Julius widersprach Frannie anscheinend, aber dann mischte sich Giometti ein, und was immer er sagte, schien Pollack zur Räson zu bringen. Alice hielt den Atem an. Sie verhandelten über irgendetwas. Sie hörte, wie Frannie sagte »einstweilige Verfügung« .
»Gut«, hörte Alice Julius sagen. »Wie viel?«
Die nächsten Worte konnte sie nicht verstehen, dann jedoch erhob Pollack die Stimme und stieß hervor: »Wenn Sie das tun, werden Sie es bereuen.« Mit festen, wütenden Schritten marschierte er wieder die Treppe hinauf.
Alice wartete angespannt. Als die Polizisten an ihre Wohnungstür klopften, riss sie sie erleichtert auf.
»Alles in Ordnung?«, fragte Giometti.
»Ja, ich hatte nur Angst.«
Frannie schob ihre Sonnenbrille auf den Kopf, sodass ihr die Haare nicht in die Stirn fielen. »Wir möchten, dass Sie eine einstweilige Verfügung erwirken.«
»Aber er wohnt hier.«
»Ja, das stimmt.« Giomettis Stimme war sanft. »Aber Sie nicht mehr.«
Er hatte Recht – sie konnte mit den Kindern hier nicht länger wohnen bleiben.
»Aber er wird mich überall finden«, wandte Alice ein. »Er ist wütend wegen des Zeitungsartikels von heute. Er glaubt, ich hätte etwas damit zu tun. Würde eine einstweilige Verfügung nicht nur alles schlimmer machen?«
»Das wissen wir nicht«, erwiderte Giometti.
»Also«, warf Frannie ein, »es geht vor allem darum, dass es sofort aktenkundig wird, wenn er irgendetwas gegen Sie oder
Weitere Kostenlose Bücher