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70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sie die erstere Bezeichnung sofort richtig zu verstehen. Sie antwortete abermals errötend:
    „Ich bin die Tochtern. Die Muttern ist wohl mal fortgangen, um was zu holen. Wann's zurückkommt, wird's sich gar sehr freuen, daß unser Hüttl einen Gast funden hat.“
    Sie hatten kaum von der Mutter gesprochen, so kam dieselbe herbei, ärmlich, aber ebenso sauber wie ihre Tochter gekleidet.
    „Schau, Hanna, was hast da für einen feinen Besuchen!“ sagte sie schon von weitem. „Da möcht man sich fast gar nicht traun, herbeizukommen!“
    „Kannst immer herbei. Der Herr ist ein gar Braver. Denk nur, er hat gar von unserm Brot gessen.“
    Die Frau schlug die Hände zusammen und rief:
    „Von dem unserigen? Das ist gar schön und gefreut mich auch über die Ehr, dies uns antun, aber machen 'S nur, daß Sie kein Leibgrimmen bekommen, wann 'S das hiesige nicht gewöhnt sind. Nun grüß Gott, und willkommen auch!“
    Sie hatte eine sehr reinliche Schürze um. An dieser wischte sie sich die Hände ab und streckte ihm beide entgegen. Er schlug kräftig ein. Ein warmer Zug lag auf seinem Gesicht. Das war so die richtige biedere bayrische Weise, höflich, wahr und kräftig zu gleicher Zeit, einer der wackersten, redlichsten Stämme des deutschen Vaterlandes.
    „Wollen Sie sich nicht mit hersetzen, liebe Frau, wenn Sie Zeit haben?“ fragte er sie.
    „Ich mich mit zu Ihnen setzen? Zu Ihnen? Zu so einem so sauber feinen Herrn? Das darf ich doch gar nicht wagen!“
    „Das ist kein Wagnis, sondern Sie machen mir eine große Freude damit.“
    „Ja, wann's halt so ist, daß ich Ihnen eine Freuden machen kann, so muß ich wohl gehorchen. Aber da mußt mir einen Stuhl bringen, Hanna.“
    Die aufmerksame Tochter aber war bereits in das Innere der Hütte getreten, da sie den Wunsch der Mutter vorher erraten hatte. Ludwig verließ seinen Stuhl und näherte sich der Tür.
    „Dürfte man vielleicht einmal eintreten?“ fragte er.
    „Warum nicht?“ antwortete die Frau bereitwillig. „Wollens sich vielleichten etwas aus der Stuben holen?“
    „Nein, sondern ich möcht gern einmal nachschauen, wie es in einer solchen Gebirgswohnung aussieht.“
    „O Jegerl! Da werden 'S aber nicht viel Feines zu schauen bekommen. Ich weiß aber schon, die Stadtleutln sehen sich gern so was an. Darum kommen 'S nur auch herein!“
    Das Häuschen war aus starken Baumstämmen zusammengefügt und mit Schindeln gedeckt. Die Zwischenräume der Stämme, alle Ritzen und Löcher, hatte man mit Moos verstopft.
    Das Innere bestand aus zwei Teilen, einem größeren, welcher als Wohn- und zugleich Schlafstube diente, und einem kleineren, dem Kuhstall. Die Wohnstube erhielt ihr Licht durch drei kleine, quadratische Fenster, an denen Blumen blühten. Der Tisch, die Stühle und alles Geschirr glänzten vor Sauberkeit, sogar der alte, riesige Kachelofen sah aus, als ob er erst heut gesetzt worden sei.
    An der einen Seite standen zwei roh gearbeitete Bettstellen, mit langem, getrocknetem, elastischem Wassermoos gefüllt. Die Bettlaken und die Decken waren schneeweiß.
    Über dem Tisch hingen zwei eingerahmte Tafeln. Auf der einen stand:
    „Deinen Eingang segne Gott,
Deinen Ausgang gleichermaßen,
Segne unser täglich Brot,
Segne unser Tun und Lassen,
Segne uns mit sel'gem Sterben
Und mach uns zu Himmelserben.“
    Und auf der andern war zu lesen:
    „Im Glück nicht jubeln, im Sturm nicht zagen,
Das Unvermeidliche mit Würde tragen,
Und stets an Gott und bessre Zukunft glauben,
Heißt leben, heißt dem Tod sein Bittres rauben.“
    Und gegenüber hing ein kleiner, alter aber blitzblank geputzter Spiegel, zu beiden Seiten desselben zwei Bilder. Das eine stellte den König vor und das andere die einstige Geliebte und Braut desselben, die Prinzessin Sophie, Tochter des Herzogs Max von Bayern.
    Er stand vor diesem letzteren Bild und blickte es lange an. Um seine Lippen zuckte es eigentümlich; dann wendete er sich rasch ab.
    Die Bilder waren keine Meisterstücke, sondern ganz billige Ölfarbendrucke. Der König war schlecht getroffen, und da er auf dem Bild in großer Galauniform dargestellt war, so erschien es als kein Wunder, daß die beiden Frauen ihn nicht erkannten.
    Er trat wieder hinaus und nahm auf seinem Stuhl Platz. Die Mutter setzte sich neben ihn, aber respektvoll nur auf die Hälfte des Stuhlsitzes. Hanna stand neben der Tür. Sie hatte einen Strickstrumpf zur Hand genommen und arbeitete, daß die Nadeln klirrten.
    „Nun?“ fragte die Frau, „wie

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