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70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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an einer Preiskonkurrenz beteiligt hat?“
    „Ja, ich weiß es. Ich habe ihn beinahe ausgezankt. Es ist das eine Kühnheit von ihm gewesen, zu welcher er keine Berechtigung besitzt. Leider ist sie nicht ungeschehen zu machen.“
    „Leider? Sagen Sie lieber glücklicherweise. Er hat gar wohl das Recht, eine solche Kühnheit zu begehen, denn es hat sich herausgestellt, daß es gar keine Kühnheit ist.“
    Sie richtete sich ein wenig im Bett auf, blickte ihn forschend an und fragte: „Sie meinen –“
    „Die Arbeit, welche er eingesandt hat, besitzt Vorzüge, welche ihre wohlverdiente Anerkennung gefunden haben.“
    Da sank sie wieder ins Kissen zurück, faltete die Hände, holte tief Atem und hauchte:
    „Gott sei gelobt! Jetzt bin ich dieser Sorge ledig!“
    „Sie hatten keine Veranlassung zur Besorgnis. Ihr Sohn besitzt Gaben, welche, wenn sie ausgebildet sind, ihm einen Platz in der Reihe derjenigen Männer sichern, auf welche das Volk stolz sein kann. Erlauben Sie, daß ich mich setze!“
    Sie nickte. Sie konnte jetzt nicht sprechen. Die Worte, welche sie gehört hatte, bewegten ihr Mutterherz in der Weise, daß sie vergebens nach einem passenden Ausdruck gesucht hätte, ihr Entzücken zu beschreiben. Sie hing mit ihrem Blick an dem Angesicht des Königs und wartete, was er weiter sagen würde.
    Er fragte: „Haben Sie gewußt, um was es sich handelt?“
    Sie nickte und flüsterte dann:
    „Um einen Kirchenbau.“
    „Wußten Sie auch, welche Kirche gemeint war?“
    „Nein. Rudolf wußte es selbst auch nicht.“
    „Nun, es handelt sich um die hiesige.“
    „Hier in Eichenfeld?“
    „Ja. Der König will sie bauen lassen und hat jenen Preis, welchen Ihr Sohn gewonnen hat, ausschreiben lassen.“
    Sie schloß die Augen. Ihre Züge schienen erstarren zu wollen vor freudigem Schreck, doch bald wich das, und es breitete sich ein seliges Lächeln über ihr blasses Angesicht, das Lächeln einer Mutter, welche das Glück ihres Kindes doppelt empfindet.
    Ludwig schwieg. Er betrachtete sich das Gesicht dieser Frau. Trotz des wonnevollen Lächelns, welches sich an diesem Augenblick über dasselbe verbreitete, war ihm doch Not, Sorge, Entbehrung und Ergebung eingeprägt. Sie mußte viel, viel gelitten haben.
    „Gewonnen – gewonnen!“ flüsterte sie. „Rudolf hat den Preis erhalten!“
    „Ja. Und ich bin beauftragt, ihm denselben auszuzahlen.“
    „Auszahlen! Mein Gott! Und es war so sehr viel!“
    „Tausend Mark.“
    „Tausend Mark! Da können wir den Wurzelsepp bezahlen.“
    Sie hatte noch immer die Augen geschlossen. Sie sagte das in einer Art von Verzückung. Der König aber fragte schnell:
    „Den Wurzelsepp? Kennen Sie ihn?“
    Jetzt öffnete sie die Lider und blickte ihn an.
    „Sehr gut“, antwortete sie. „Sooft er in Eichenfeld ist, kommt er auch zu uns.“
    „Und er hat Ihnen Geld geborgt?“
    „Ja. Nicht eigentlich er selbst. Er hatte es von einem reichen Herrn erhalten, welcher ihm den Auftrag gegeben hat, es an arme, würdige Leute zu schenken. Rudolf hat es geborgt; er wollte es nicht geschenkt haben.“
    „Sepp, Sepp!“ lachte der König.
    „Sie kennen ihn auch?“
    „Ebensogut wie Sie. Ich kenne auch den reichen Herrn, von welchem er gesprochen hat.“
    „Wer ist dieser? Sepp wollte es uns nicht sagen?“
    „Das glaube ich. Er selbst ist es.“
    „Er! Ah, er selbst! Ist er denn reich?“
    „Er verdient so viel, wie er braucht und mag sich wohl auch einiges zurücklegen“, antwortete Ludwig zurückhaltend. „Ja. Darf ich Ihnen das Geld aushändigen?“
    Sie nickte. Er zog einen Tausendmarkschein aus der Tasche und gab ihr denselben in die Hand.
    „Tausend Mark, tausend Mark!“ flüsterte sie. „O Rudolf, Rudolf, wie glücklich machst du mich! Wie wirst du dich freuen.“
    „Er wird sich noch mehr freuen, wenn er erfährt, welche Folgen mit der Erlangung des Preises in Verbindung stehen. Sein Entwurf ist angenommen. Die Kirche wird nach demselben gebaut, und Ihr Sohn hat die Leitung des Baues zu übernehmen.“
    „Himmel! Ist das möglich?“
    „Es ist so Beschluß.“
    „Rudolf, Rudolf! Wenn das dein armer Vater wüßte.“
    Es standen ihr die hellen Tränen in den Augen.
    „Ist derselbe bereits lange tot?“ erkundigte sich Ludwig.
    „Ja. Er hat viel, viel erdulden müssen.“
    „Darf ich fragen, was er war?“
    „Er war österreichischer Offi –“
    Sie verschluckte die zweite Hälfte des Wortes und fügte schnell hinzu:
    „Er war in einem kaufmännischen

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