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71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

Titel: 71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hat sie bereits mit dem Bastian davon sprochen.“
    „Das weißt auch schon?“
    „Ja. Sie hat in der Stub mit ihm steckt; da kann man derraten, was sie mitnander habt haben. Sie gehen heut abend sicher.“
    „Und was willst da tun?“
    „Die Sach vereiteln, natürlich.“
    „Ja, aber wie?“
    „Das weiß ich noch nicht genau.“
    „Willst sie festnehmen?“
    „Wohl noch nicht.“
    „Warum nicht? Es wird das allerbeste sein, wann wir sie schon heut unschädlich machen.“
    „Daß sie nix weiter tun kann? Ja, da hast eigentlich wohl recht; aber da wird sie einisteckt und sieht es nicht, daß der Bauer sein Augenlicht wieder hat.“
    „Das wird sie beim Verhör schon sehen, denn er wird im Amt auch mit ihr zusammenkommen.“
    „Das ist schon gewiß; aber ich möcht haben, daß sie hier daheim damit überrascht wird. Dabei muß ich sein. Es muß einen gewaltigen Schock auf sie ausüben.“
    „Mach, wast willst. Ich tu halt mit. Es hat nur den einzigen Haken, daß es mir heut abend nicht gut paßt.“
    „So! Ich wüßt nicht, wast zu tun hättest!“
    „Ich hab der Martha versprochen, zu kommen.“
    „Sie mag bis morgen warten.“
    „Ich hab sie in den Wald bestellt, wo wir uns treffen wollen. Da kann ich sie doch nicht so stundenlang stehen lassen.“
    „So läßt ihr sagen, daßt keine Zeit hast.“
    „Durch wen? Wem soll ich mich anvertrauen?“
    „Mir. Du selbst kannst nicht hin, weilst hier zu tun hast. Ich aber hab den ganzen Tag frei. Da werd ich zu ihr gehen.“
    „Wann's so ist, laß ich es mir gefallen. Da kannst also heut abend auf mich rechnen.“
    „Schön! Ich glaub, die Bäuerin wird nicht eher aufbrechen, als bis alle zu Bett sind.“
    „Das versteht sich ganz von selbst. Und wann gehen wir?“
    „Wann sie fort ist.“
    „Da kommen wir zu spät.“
    „O nein. Sie kann doch nicht die gerade Straße gehen, weil sie da gesehen wird. Sie muß die Schleichwege benutzen. Wann wir uns da auf der Straße halten, so kommen wir viel eher hin als sie.“
    „Hast dir vielleicht auch schon überlegt, wie wir uns dort verhalten werden?“
    „Nein. Das muß der Augenblick bringen. Nun aber wollen wir ausnandergehen, damit niemand uns sieht und denkt, daß wir was Heimliches haben. Ich mach mich hinaus nach der Förstereien und du kannst an deine Arbeit gehen.“
    Der Alte trollte sich von dannen. Fritz blieb noch einige Zeit im Garten. Er mußte da, was er gehört hatte, innerlich verarbeiten.
    Es erfüllte ihn mit einer seligen Freude, daß sein Vater wieder sehen lernen solle. Er hätte in die Knie sinken mögen, um Gott für diese Gnade zu danken. Aber zu dieser Freude gesellten sich Regungen ganz entgegengesetzter Natur. Es wurde ihm nicht leicht, sein inneres Gleichgewicht herzustellen.

SECHSTES KAPITEL
    Gottesurteil
    Die Kunde von dem nächtlichen Einbruch im Forsthaus hatte sich schnell in der ganzen Umgegend verbreitet, und wer Zeit hatte, der lief in den Wald, um irgendeinen Bewohner der Försterei zu treffen und ihn nach diesem Ereignis zu fragen. Der Förster ließ sich von keinem Menschen sehen. Es hieß, er renne wie verrückt im Wald herum und brülle laute Flüche von sich hin.
    Der Oberleutnant wurde allgemein ausgelacht. Er war gekommen, den Samiel zu fangen, und mußte es nun erleben, daß dieser ihn nicht nur selbst ausraubte und an einen Baum band, sondern sogar in seiner Gegenwart den Förster bestahl. Er war schrecklich blamiert, und als seine Sachen im Laufe des Nachmittags aus dem Kronenhof in das Dorfwirtshaus geschafft wurden, hieß es allgemein, daß er da wohl nicht lange wohnen werde. Es stand zu erwarten, daß seine Vorgesetzten ihn sehr bald abberufen würden.
    So verging der Tag. Der König war am Nachmittag mit dem Geheimrat spazieren gegangen und setzte sich dann, als die Dämmerung hereinbrach, zu dem Bauern unter dem Baum nieder.
    Die Bäuerin hatte sich womöglich noch ‚schöner‘ gemacht als am Vormittag und kam auch heraus. Sie spielte die Liebenswürdige, zog sich aber bald vor Ärger wieder zurück, denn der vornehme Gast hatte gar nicht getan, als ob sie vorhanden sei. Und wenn sie sich mit irgendeiner Frage direkt an ihn gewendet hatte, so war ihr anstatt von ihm die Antwort von dem Arzt geworden, und zwar in einem Ton, aus dem sie entnehmen konnte, daß den beiden Herren gar nichts daran liege, mit ihr zu reden.
    Das verdroß sie natürlich gewaltig. Sie war die reichste, die angesehenste und auch – die schönste Frau der Umgegend. Alle

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