71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil
für einem Grund denn?“
„Weil ich denkt hab, ich könnt mit dir ein wenig hinaufi gehen, wann nachher dein Dienst zu Ende ist.“
„Das hast wollt, wirklich?“ fragte er im Ton der Freude.
„Ja. Du hörst's ja, daß ich es sage.“
„Das hat ich mir freilich nicht denkt.“
„Ich aber hab's mir so aussonnen habt. Wir hatten uns heut zankt und waren dann wieder einig worden. Hätten wir sodann, wann dein Nachtdienst beendet war, ein wenig hinaufi in deine Stuben schleichen könnt, so hätten wir die Versöhnung viel besser feiern können als wann wir so im Wald herumilaufen.“
„Kätherl, liebes Kätherl! Was bist doch für ein prächtig Weib! Komm her! Ich muß dich umarmen!“
Sie umarmten sich.
Es schüttelte ihn. Dieses Weib, seine eigene Stiefmutter hatte ihm einen Liebes- und Heiratsantrag gemacht.
„Laß gut sein!“ mahnte sie nach einer Weile. „Hat denn der Graf dir gar so viele Arbeiten macht, daßt erst so spät fortkommen konntest?“
„Ich bin schon längst fort. Weil er im Bett liegt, muß ich seine Stell vertreten und die Posten revidieren. Ich bin gerannt wie ein gehetztes Wild, um wenigstens jetzt hier einzutreffen. Ich hoffe, daß du mir verzeihen wirst.“
„Wann's so ist, kann ich dir freilich nicht zürnen. Wer ist denn nun bei dem Grafen, der ihn pflegt?“
„Die Martha schaut nach ihm, und die alte Magd wird sie dabei unterstützten.“
„Da werden's sehr zu tun haben!“
„Oh nein. Er wird wohl fest schlafen. Wann einer einen Hieb gegen den Kopf erhält, so wird er dumm und taub im Gehirn und schläft gar fest. Ich hab auf seinen Befehl sogar die Hunde aus dem Hause schaffen mußt, damit sie ihn nicht stören. Sie sind im Stall einischlossen worden.“
„Da ist die Förstereien ja ohne allen Schutz in dieser Nacht!“
„So schlimm ist's schon nicht. Es ist alles zugeschlossen, und kein Dieb weiß es, daß man durch den kleinen Kuhstall hinein in den Hausflur gelangen kann.“
„Das ist auch eine Unvorsichtigkeiten von dir. Kann man denn von außen in den Stall gelangen?“
„Ja. Es ist innen ein Holzriegel und daneben ein Loch, durch welches man von außen hineingreift und ihn zurückschieben kann.“
„Geht die denn aufi?“
„Es ist nur eine Klinke dran, gar kein Schloß, zu welchem ein Schlüssel gehört.“
„Förster, das mußt ändern lassen! So eine Unvorsichtigkeiten dürft mir in meinem Haus nicht vorkommen.“
„Hast recht, Kätherl. Ich werd mir morgen, wann ich mein Geld in die Stadt trag, ein gutes Schloß mitbringen und es an die Außentür schlagen. Also nun, mein liebes Kätherl, bleiben wir jetzunder beisammen?“
„Ja; dazu bin ich doch wohl kommen. Oder willst etwa nicht?“
„Warum werd ich nicht wollen! Es ist doch mein allergrößtes Glück, dich bei mir zu haben. Komm mit fort von hier.“
„Nach deinem Posten, von demst gestern sprochen hast?“
„Noch nicht. Da kommen wir erst später hin. Vorher muß ich hinaufi nach dem Dachsberg, wo zwei Posten zu revidieren sind.“
„Da kann ich aber doch nicht mit!“
„Warum nicht? Ist's dir zu weit?“
„Oh nein. An deiner Seit ist mir kein Weg zu weit. Aber die Posten werden mich doch sehen, und das dürfen's doch nicht.“
„Meinst, daß ich dich sehen laß? Fallt mir gar nicht ein. Wann ich mit ihnen sprech, bleibst einstweilen hinter dem Busch stehen.“
„Gut! So komm also.“ Sie gingen.
Der Förster ahnte nicht, daß er der Bäuerin förmlich den Weg in sein Haus gebahnt hatte. Erst, als sie hörte, daß der Graf heut nacht in der Försterei bleiben und sogar in demselben Zimmer schlafen werde, in welchem sich der Gewehrschrank mit dem Geld befand, hatte sie geglaubt, auf ihr heutiges Vorhaben verzichten zu müssen. In diesem Falle wär ihr die hohe Summe verloren, indem der Förster das Geld nur bis morgen bei sich behalten wollte.
Nun aber, da sie hörte, daß der Graf fest schlafen werde, daß keine Hunde in dem Haus seien und daß es einen sicheren Weg in das Innere desselben gebe, war sie entschlossen, nicht auf die Ausführung ihres Plans zu verzichten. Welch eine Wonne für sie, wenn es morgen heißen werde, daß der Samiel dreißigtausend Mark aus einer Stube geholt habe, in welcher der Graf schlief und wo sich sogar die Waffen der Försterei befanden.
Fritz hatte ein jedes Wort vernommen. Es kam ihm manches unheimlich vor. Warum erkundigte die Bäuerin sich so genau nach dem Eingang in das Haus? Der Förster hatte von Geld gesprochen, welches
Weitere Kostenlose Bücher