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71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

Titel: 71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Zugeständnis das Herz erleichterte.
    „Auf Ehrenwort?“
    „Auf Eh –“
    Er hielt inne. Sollte er dem Räuber wirklich sein Ehrenwort geben, welches zu halten er dann doch gezwungen war? Man konnte ja nicht wissen, was geschah. Innerhalb einer Viertelstunde kann sich vieles ereignen.
    „Nun?“ fragte der Samiel.
    „Genügt dir mein Versprechen nicht?“
    „Nein. Mach auf das Maul.“
    Er ergriff das Taschentuch.
    „Was willst du tun, wenn ich den Mund nicht aufmache? Du mußt es dir gefallen lassen.“
    Der Samiel zückte das Messer und antwortete:
    „Was willst dagegen tun, wann ich dir das Maul hier mit dem Messer aufimachen tu? Du mußt es dir doch gefallen lassen. Paß aufi!“
    Er ergriff den Grafen mit der Linken beim Kopf und näherte die Messerklinge dem Mund des Gefesselten.
    „Halt!“ rief der letztere. „Ich verspreche, nicht zu schreien.“
    „Auf Ehrenwort?“
    „Ja, auf Ehrenwort.“
    „Schön! So kannst liegenbleiben, wie du jetzunder bist. Nach einer Viertelstunden darfst meinswegen schreien, daß dera Himmel einistürzt.“
    Er zog ein Papier aus der Tasche, welches ihm der Bastian gegeben hatte, bevor sie in die Stube traten. Es standen ganz dieselben von Bastians Hand geschriebenen Worte darauf wie auf dem Papier, welches vorher dem Grafen draußen im Wald angehängt worden war.
    „Schau“, sagte er, „da will ich einen Zettel in den Schrank legen, worauf schrieben steht, daß ich es bin, der das Geld nommen hat.“
    „Das ist gar nicht nötig!“
    „O doch! Man könnt gar leicht dich für den Spitzbuben halten, weilst hier in dera Stuben gewest bist.“
    „Kerl!“
    „Sei still, und brause nicht auf! Ein Graf kann auch mausen. Eure Ahnen sind doch fast alle Raubritter und Spitzbuben gewest, und ihr seid doch stolz darauf, daß deren Blut noch heute in euren Adern lauft.“
    Er legte den Zettel hinein und schloß den Schrank zu. Den Schlüssel steckte er natürlich wieder ein.
    „Na, die Freuden“, lachte er dumpf unter der Larve hervor, „die große Freuden, welche dera Förster haben wird, wann er hineinschaut und sein Geld nicht mehr findet. Ich möcht das Gesicht sehen, welches er dabei machen wird.“
    „Das wird nicht schlimmer sein als dasjenige, welches du einst machen wirst, wenn du zum Galgen geführt wirst“, antwortete der Graf.
    „Oh, damit hat's alleweil noch gute Zeit. Den Samiel fangt ihr doch nicht. Der ist viel zu klug für euch.“
    „Ein verflucht gescheiter Kerl bist du; das muß ich freilich zugeben. Woher hast du denn den Schlüssel zu diesem Gewehrschrank bekommen?“
    „Das brauchst nicht zu fragen. Ich hab Schlüssel, welche alle Schlösser schließen. Gute Nacht! Leb wohl, und laß dir die Zeit nicht lang werden.“
    Er huschte mit unhörbaren Schritten aus der Stube. Die Tür verschloß er hinter sich, wie der Graf hörte.
    Dieser letztere befand sich in einem Zustand höchsten Ingrimms. Es hatte all seiner Kraft bedurft, denselben zu bemeistern, was ganz notwendig war, um den Samiel nicht zu erzürnen. Sein Blick glitt nach Hilfe suchend durch das Zimmer. Neben dem Bett, hart an dasselbe stoßend, stand ein Tisch und darauf lag ein Messer, eine Gabel und ein Löffel.
    Wenn es ihm gelang, das Messer zu erwischen, so konnte er sich befreien.
    Er hatte bisher absichtlich ganz steif im Bett gelegen, um dem Samiel glauben zu machen, daß er sich gar nicht bewegen könne. Die Arme waren ihm an den Leib gebunden, so daß die Hände unten am Bauch zusammenlagen. Die Beine waren auch gefesselt, aber nicht gar zu fest, denn er hatte, als ihm von Bastian der Riemen um dieselben geschlungen worden war, sie nicht fest aneinander gedrückt, so daß ihm nun ein Spielraum von wenn auch nur einem Zoll blieb, um die Füße zu bewegen.
    Das Hüftgelenk aber war frei. Er gab sich mit dem Oberkörper einen Schwung nach oben und kam so zum Sitzen. Indem er sich nun herumdrehte und die Beine aus dem Bett streckte, erreichte er mit den Füßen den Fußboden und richtete sich aufrecht empor. Nun beugte er sich in den Hüften so weit nieder, daß sein Gesicht auf den Tisch zu liegen kam und er mit den Lippen und Zähnen das Messer erreichen konnte.
    Er schob es bis an die Tischkante, richtete sich wieder auf und vermochte nun, das Messer mit der Hand zu erfassen. Er hielt es fest am Griff, schob die Klinge unter den um seinen Leib gebundenen Riemen und begann, so weit er die Hand bewegen konnte, an den Riemen zu sägen.
    Dies alles geschah in fieberhafter Hast

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