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711 N. Chr. - Muslime in Europa

711 N. Chr. - Muslime in Europa

Titel: 711 N. Chr. - Muslime in Europa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kay Peter Jankrift
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schutzlos ausgeliefert. Nach längerer Belagerung fiel Damaskus. Am 20. August 636 standen sich in der schwülen Hitze des levantinischen Sommers ein großes byzantinisches Heer und die muslimischen Truppen am Fluss Yarmuk gegenüber. Obwohl zahlenmäßig weit überlegen, waren die Voraussetzungen für einen Kampf auf Seiten der Byzantiner denkbar schlecht: Der lange Marsch hatte seine Spuren hinterlassen; hinzu kamen strategische Fehler, Resultat von Streitigkeiten unter den byzantinischen Offizieren. Ein weiteres internes Problem stellte offenbar die sprachliche Verständigung untereinander dar, da die Truppen aus verschiedenen Völkerschaften des Großreiches zusammengewürfelt waren. Die muslimischen Krieger hingegen sprachen allesamt Arabisch und verstanden somit die Befehle ihrer Kommandeure. Die geschickten Reiter aus der Wüste setzten vom Rücken ihrer wendigen Pferde aus den Byzantinern schwer zu. Nach zähem Ringen obsiegten sie am Ende. Als sie kurz danach in der Ebene zwischen Damaskus und Emesa erneut ein kaiserliches Heer bezwangen, war Syrien für Ostrom verloren. Herakleios, der dem Ansturm nichts mehr entgegenzusetzen hatte, zog seine Truppen nach Kleinasien zurück. Die längerfristigen Konsequenzen waren schmerzlicher als jeder Gebietsverlust: Jerusalem, die heiligste Stadt der Juden und Christen, fiel 638 in die Hände der Muslime. Über dem Grab Christi wehte nun das schwarze Banner des Propheten.

Ein Imperium bricht zusammen
    Nehawend, Zagros-Gebirge, 642. Viel war nicht übriggeblieben von der einst so stolzen sassanidischen Streitmacht. Will man den Schilderungen des armenischen Geschichtsschreibers Sebeos glauben, eines Zeitgenossen der Ereignisse, dann vermochte der persische Großkönig Yazdegerd III. höchstens noch 60   000 Kämpfer in die bevorstehende Schlacht zu schicken. Durch die jahrelangen Kämpfe gegen den Erzfeind Byzanz und den massiven Ansturm der Muslime hatten sich die Reihen des Heeres empfindlich gelichtet. Ein Großteil der Elitetruppen war in der Schlacht gefallen oder einem noch viel mächtigeren Gegner als den Byzantinern |31| zum Opfer gefallen – der Justinianischen Pest. Seit ihrem ersten Auftreten im Mittelmeergebiet 541 hatte die Seuche immer wieder um sich gegriffen und die Zahl der Krieger weiter dezimiert. So marschierte nun vor allem schlecht ausgebildetes Fußvolk den muslimischen Eindringlingen entgegen. Auf ihnen ruhte die letzte Hoffnung des Sassanidenkönigs, die Muslime doch noch zurückwerfen und das Zweistromland wieder unter persische Kontrolle bringen zu können.
    Der junge Yazdegerd III. hatte sich vom Beginn seiner Herrschaft an gegen die Machtgelüste der Araber zur Wehr setzen müssen. Mit dem Tod seines berühmten Großvaters Chosrau II. im Jahre 628 setzte der innere Zerfall des sassanidischen Großreiches ein. Das Land versank im Strudel erbitterter Machtkämpfe. In vier Jahren wechselten zwölf Könige und sogar zwei Königinnen einander ab, bis schließlich Yazdegerd III. als letzter männlicher Spross der königlichen Familie 632 – im Todesjahr Mohammeds – die Herrschaft antrat. Sofern zutrifft, dass der neue Sassanidenherrscher um das Jahr 617 geboren wurde, war er bei seinem Herrschaftsantritt noch in jugendlichem Alter. Dennoch lasteten ungeheuere Erwartungen auf ihm: Er sollte die inneren Wirren beenden und zugleich die äußeren Feinde abwehren. Den Arabern kam die Schwäche des sassanidischen Reiches fraglos entgegen. Getreu ihrem Programm, den neuen Glauben zu verbreiten oder aber den Gegner zu Tributzahlungen zu zwingen, wagten die Muslime die Konfrontation mit der zerfallenden Großmacht. Doch Yazdegerd III. dachte nicht daran, den aus seiner Sicht unverschämten Forderungen der Anhänger Mohammeds nachzukommen. Wer war denn schon dieser hergelaufene Hirte und Karawanenhändler mit seinen Visionen gegen den gleichsam als heilig erachteten Großkönig des Perserreichs? Nie würde er, Yazdegerd III., den neuen Glauben annehmen. Mit der gleichen Entschlossenheit verweigerte er die Zahlung von Tributen. Die Gesandtschaft, die ihm der Kalif geschickt hatte, kehrte mit leeren Händen zurück. Die Muslime waren zu diesem Zeitpunkt schon weit auf sassanidisches Gebiet vorgedrungen, ohne auf nennenswerten Widerstand zu stoßen. Dadurch unterschätzten sie offenbar die noch immer beachtliche Schlagkraft der Sassaniden.
    |32| Nahe dem Euphrat bei der Stadt Hira im heutigen Irak kam es im Herbst des Jahres 634 zur sogenannten »Schlacht

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