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711 N. Chr. - Muslime in Europa

711 N. Chr. - Muslime in Europa

Titel: 711 N. Chr. - Muslime in Europa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kay Peter Jankrift
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rund viertausend Versen setzte das um 1100 in Nordfrankreich entstandene Rolandslied eine literarische Tradition in Gang, die Karl den Großen zum heldenhaften Streiter Christi gegen die Muslime erhob. Sie fand ihren Widerhall unter anderem um 1170 im mittelhochdeutschen Rolandslied des Pfaffen Konrad. Das nach 1140 ebenfalls in Frankreich verfasste lateinische Werk des sogenannten Pseudo-Turpin, das um 1170 in die Aachener Karlsvita »De Sanctitate Karoli Magni« einfloss, verwandelt den Herrscher gar in den Befreier des Jakobsgrabes. Die wieder in Mode gekommene Pilgerreise nach Santiago de Compostela zum hl. Jakobus erfreute sich im 12. Jahrhundert eines ersten Booms.
    Die umfangreiche Karlsliteratur des Mittelalters beflügelte die Vorstellungen von Karl dem Großen als Kämpfer gegen den Islam. Ein Grund ist wohl, dass die literarische Tradition dem Frankenherrscher im Kampf für das Christentum und die Gerechtigkeit die heldenhafte Figur des treuen Paladins Roland an die Seite stellt. Dessen Wunderhorn Olifant und meisterhaftes Schwert Durendart spielen eine wichtige Rolle in der bis heute besonders in Frankreich populären Rolandssage, der modernisierten Form des ursprünglichen Rolandsliedes. Die militärische Unternehmung Karls auf der Iberischen Halbinsel im Jahre 778 und die Ereignisse am Pyrenäenpass bei Roncesvalles fanden aber nicht nur literarischen Niederschlag. Ein Fenster der Kathedrale von Chartres zeigt das Ereignis in idealisierter Form. Auch am Portal des Doms von Verona und am Aachener Karlsschrein findet sich das Motiv des heldenhaften Heidenkampfes verewigt. Seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts taucht Roland in der Gestalt eines hochmittelalterlichen Ritters als Siegelbild wie auch als figürliches Symbol für die von Karl verliehenen städtischen Freiheiten auf. Bis heute zeugt davon der 1404 auf dem Bremer Marktplatz errichtete Roland.
    |82| Kaum einem anderen Ereignis war im Laufe des Mittelalters ein derartiges literarisches Nachleben beschieden wie dem fehlgeschlagenen Feldzug Karls des Großen auf die Iberische Halbinsel und der Katastrophe von Roncesvalles. Dabei haben radikale Umdeutungen dazu beigetragen, die Erinnerung an das eigentliche Geschehen nahezu vollständig zu löschen. Allerdings beschäftigten sowohl die muslimische Herrschaft auf der Iberischen Halbinsel als auch die aufständischen Basken Karl den Großen weiterhin. Im Jahre 785 nahm er kampflos Gerona ein und rückte 789 in die Provinzen Urgell und Cerdagne ein. Im Jahre 801 eroberte er Barcelona und schuf als Puffer gegen muslimische Übergriffe die sogenannte Spanische Mark am Fuße der Pyrenäen. Getreu dem alten Motto »der Feind meines Feindes ist mein Freund« suchte er in der Folgezeit sogar Kontakt zu den erbittertsten Widersachern der Omaijaden, den Abbasidenkalifen im fernen Bagdad.

|83| + + + Vom Emirat zum Kalifat von Córdoba + + +
    Im 9. Jahrhundert festigt sich die omaijadische Herrschaft über al-Andalus. Der Süden der Iberischen Halbinsel erlebt eine kulturelle Blüte, die über die Pyrenäen ausstrahlt. In Reaktion auf die gewaltigen Umbrüche in der islamischen Welt wird das Kalifat von Córdoba ausgerufen. Doch nur wenige Jahrzehnte später beginnt die Omaijadenherrschaft in al-Andalus zu bröckeln. Eigentlicher Herrscher des Reiches ist der Wesir Al-Mansur. Der Krieg gegen die Christen flammt wieder auf. Nach dem Untergang der Omaijaden haben die christlichen Könige leichtes Spiel gegen die muslimischen Kleinkönigreiche.

|84| Kalifat von Córdoba ausgerufen!
    Córdoba, 16. Januar 929. Abd ar-Rachman III. (889–961) musste sich behaupten. Die schiitischen Fatimiden im Norden Afrikas saßen ihm im Nacken. Ohnehin war die Einheit der Gläubigen unter der obersten Gewalt eines Kalifen nur mehr Schall und Rauch. Da waren zum einen die Schiiten in mehreren Strömungen, die sich von den Sunniten in blutigen Kämpfen abgesetzt hatten, und zum anderen die Abbasiden, die das Kalifat der Omaijaden in Damaskus blutig beendet hatten. Nun beanspruchten in Ägypten die Fatimiden gar ein weiteres Kalifat für sich. Die Ausrufung eines omaijadischen Kalifats in Córdoba war angesichts dieser veränderten Lage in der gespaltenen Gemeinschaft der Gläubigen nur konsequent. Ab dar-Rahman musste seine Machtstellung behaupten. Aus dem Emir Abd ar-Rachman wurde am 16. Januar 929 über Nacht ein Kalif. An seiner Lage änderte dies freilich nichts. Vorerst zumindest.
    Das Kalifat Abd ar-Rachmans III.

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