711 N. Chr. - Muslime in Europa
arabischen Historiographen lässt darauf schließen, dass es während dieser Zeit nicht zu nennenswerten Spannungen kam. Gleiches gilt – abgesehen von der Affäre der sogenannten »Märtyrer von Córdoba«, die durch die Beteiligung des Toledaner Bischofs nicht gänzlich an der christlichen Gemeinschaft in der Stadt vorüberging – auch für die Christen, deren Zahl sich infolge von Konversionen zum Islam vor allem im 9. und 10. Jahrhundert verringerte. Andere arabisierte Christen verließen Stadt und trugen 893 dazu bei, die Stadt Zamora wieder zu bevölkern.
Als ersten Schritt zur Sicherung seiner Machtposition initiierte Almansor eine grundlegende Militärreform. Sein neues Heer stützte sich vornehmlich auf berberische Söldner, verzichtete aber darauf, die Truppen nach Stammeszugehörigkeit zu gliedern. Nachdem der Umbau des Heeres erfolgt war, nahm Almansor den Kampf gegen die Christen wieder auf. Im Laufe seiner knapp dreißigjährigen Herrschaft unternahm er nicht weniger als 52 Feldzüge gegen die christlichen Reiche der Iberischen Halbinsel. Da Almansor durchaus bewusst war, dass er aufgrund der militärischen Stärke des Gegners eroberte Städte nicht dauerhaft halten konnte, griff er häufig auf die Taktik der verbrannten Erde zurück. Barcelona wurde 985 geplündert und Coimbra zwei Jahre später so schwer zerstört, dass es einige Zeit unbewohnt blieb.
Almansor widmete sich jedoch nicht allein dem Krieg auf der Iberischen Halbinsel, er setzte darüber hinaus alles daran, eine dynastische Herrschaft zu begründen. Zu diesem Zweck machte er seinen Sohn Abd al-Malik 988 zum Statthalter in Fez, der nach Almansors Ableben neuer Regent des Kalifats von Córdoba wurde. Doch Almansor war nicht nur ein Mann des Kampfes, in seiner Hauptstadt sorgte er auch für den Bau einer neuen Residenz, der »glänzenden Stadt«, und erweiterte die große Moschee. Er hatte kriegerisch gelebt und fand sein Ende auf einem Feldzug. In Medinaceli, einer kleinen Ortschaft in der Provinz Soria, erlag er auf der Rückkehr von einer militärischen Expedition wahrscheinlich den Folgen seiner Gicht. Die spätere christliche Geschichtsschreibung, die nicht wahrhaben wollte, dass diese »Geißel der hispanischen Christenheit« im Krankenbett gestorben war, erfand daraufhin kurzerhand eine Schlacht: Es war ruhmreicher, den |90| elenden Feind im Kampf bezwungen zu haben. So vermeldet die Chronik des Lucas de Tuy (gest. 1249), Almansor sei im Juli 1002 in der Schlacht bei Calatanazor schwer verwundet worden, habe sein Augenlicht verloren und sei wenig später gestorben. Jahrhundertelang glaubte man diese fantastische Geschichte, bis der niederländische Orientalist Reinhart Dozy (1820–1883) sie am Ende des 19. Jahrhunderts als reine Erfindung entlarvte.
Nach dem Tod Almansors wurde der Zerfall der omaijadischen Herrschaft immer offenkundiger. Um 1031 brach das Kalifat zusammen. An seine Stelle traten kleine Königreiche, die Taifas, von denen manche nicht lange überdauerten. In anderen wiederum entfaltete sich ein reiches Kultur- und Geistesleben.
Taifenreiche – Stunde der Kleinkönige
Unter omaijadischer Herrschaft hatte sich das islamische Toledo zu einem wichtigen Wirtschafts- und Handelszentrum in al-Andalus entwickelt. Arabischen Zeugnissen des 10. Jahrhunderts zufolge war die Stadt sehr groß und gut befestigt, dennoch ließ es sich angenehm in ihr leben. Sie berichten ferner, die Landwirtschaft habe dank eines guten Bewässerungssystems so geblüht, dass es den Toledanern nie an Getreide von höchster Qualität gemangelt habe. Auch in Zeiten des Krieges sei die Versorgung der Stadt stets gesichert gewesen. Toledo verfügte neben seinem Getreide auch über das begehrte Luxusgut Safran, der wegen seiner Farbe und seines Aromas als der beste in ganz Spanien galt.
Die bedeutendsten Handwerkszweige in der Stadt waren die Metallverarbeitung – insbesondere von Kupfer – und die Textilherstellung. Durch seine Lage an den wichtigsten Straßen, die es über Calatrava und Guadalajara mit Córdoba und Saragossa sowie über Mérida mit dem Tal des Tejo verbanden, und mit seinen gut sortierten Märkten war Toledo ein wichtiger Handelsplatz. Archäologische Untersuchungen zeigten, dass die Stadt an der Wende zum 11. Jahrhundert über mindestens zwölf Moscheen und dreizehn Badehäuser verfügte. Über die Anteile der verschiedenen |91| Glaubensgemeinschaften zu dieser Zeit liegen keine Angaben vor. Muslime und
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