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711 N. Chr. - Muslime in Europa

711 N. Chr. - Muslime in Europa

Titel: 711 N. Chr. - Muslime in Europa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kay Peter Jankrift
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militärische Übergriffe jenseits der Pyrenäen eine ständige Bedrohung der westlichen Reichsgrenze aus. Und auch im Osten sahen Franken und Abbasiden in Byzanz einen gemeinsamen Feind. Die Beziehungen zwischen den fränkischen und den byzantinischen Herrschern waren nicht nur aufgrund theologischer Unterschiede gespannt: Karl der Große hatte mit seiner Krönung in Rom im Jahre 800 das untergegangene weströmische Kaisertum neu belebt und daraus Ansprüche abgeleitet, welche die Byzantiner in Rage versetzten. Das Verhältnis zwischen Byzanz und den Muslimen war seit dem Beginn der islamischen Expansion von Feindschaft geprägt. Immerhin hatte die Ausbreitung des Islams im Vorderen Orient empfindliche Gebietsverluste für das Byzantinische Reich zur Folge gehabt. Am empfindlichsten schmerzte der Verlust Jerusalems.
    Schon Karls Vater Pippin III. hatte Kontakt zu den Abbasiden im fernen Bagdad gesucht und im Jahre 765 erstmals einen Gesandtschaft zum Abbasidenkalifen al-Mansur geschickt, dem Großvater |79| Harun ar-Raschids. Noch vor seiner Kaiserkrönung in Rom knüpfte Karl der Große daran an. Nur abendländische Quellen – darunter das Werk Einhards – berichten von der Gesandtschaft, die unter Führung zweier unbekannter Ritter namens Lantfrid und Sigismund gen Orient aufbrach. Begleitet wurden sie von einem Mann namens Isaak, einem jüdischen Fernhändler. Er diente der Gesandtschaft als Dolmetscher. Wir wissen nichts über den Verlauf der Reise und über die Schwierigkeiten, die den Abendländern unterwegs begegneten. Fest steht, dass Lantfrid und Sigismund nicht zurückkehrten. Sie starben unterwegs. Einzig Isaak überlebte die Reise. Vier Jahre nach dem gemeinsamen Aufbruch aus Aachen landete er 801 mit einem Schiff in Porto Venere. Neben zahlreichen Geschenken Harun ar-Raschids brachte er einen Elefanten namens Abu al-Abbas mit, dessen Transport für jene Zeit eine logistische Meisterleistung darstellte. Das exotische Tier sorgte denn auch dafür, dass sich Isaaks Eintreffen in Aachen bis zum 20. Juli 802 hinzog. Während des Winters wagte er nicht, mit dem Elefanten die Alpen zu passieren. Noch bevor Karl seine Geschenke in Empfang nehmen konnte, traf er selbst 801 zwischen Ivrea und Vercelli nahe dem Großen St. Bernhard mit einer Gesandtschaft Harun ar-Raschids zusammen. Im Jahre 802 traten die Araber die Rückreise ins Zweistromland an. Ergebnis des Treffens war die Zusage Haruns, die Christen Jerusalems zu schützen. Auf die Situation des Emirats von Córdoba hatte dieser sporadische Austausch allerdings keine Auswirkungen.
    Kurze Zeit später fallen die Mauren über die Zurückgebliebenen her. Die Ritter wehren sich tapfer, können sich gegen die Übermacht aber nicht behaupten. In höchster Not, als alles schon verloren scheint, greift der wackere Roland endlich zu Olifant und stößt in das wunderbare Horn. Schnell lässt Karl das Heer umkehren, doch die Hilfe kommt zu spät: Roland liegt im Sterben. Der Verräter Ganelon ist unversehrt geblieben. Er behauptet, Seite an Seite mit den Paladinen gestritten zu haben. Karl aber schöpft Verdacht und lässt ihn in Ketten legen. Das fränkische Heer verfolgt Marsilie und nimmt Rache. Der Maurenkönig fällt im Kampf. Schließlich tritt der Kalif, den erst jetzt Kunde von Marsilies Verhalten erreicht hat, mit Karl in Friedensverhandlungen. Bedingung ist, dass Christen in Zukunft unbehelligt neben den Muslimen auf der Iberischen Halbinsel leben können. Nachdem solches versprochen ist, sorgt Karl dafür, dass die Gebeine der Gefallenen von Roncesvalles in ihre Heimat überführt werden. Zurückgekehrt nach Aachen, hält der Herrscher Gericht über den Verräter Ganelon. Dieser wird für schuldig befunden und hingerichtet.
    Die Geschichte wollte es anders. In Wahrheit hatte Karl der Große keine Möglichkeit, sich für die Schmach von Roncesvalles an den Basken zu rächen. Karls Biograph Einhard entschuldigt dies mit dem Hinweis auf das spurlose Verschwinden des heimtückischen Gegners. So schließt er seinen Bericht mit den Worten: »Bis heute konnte das Geschehen nicht gerächt werden, da der |81| Feind nach vollbrachter Tat sich so weit verstreute, dass nicht einmal ein Gerücht blieb, wo in aller Welt er zu finden sei.«
    Die Ereignisse von Roncesvalles erhielten in der Folgezeit ihre eigene Deutung, die im Rolandslied fortlebte und sich weit verbreitete. Die Kreuzzüge sorgten für die Popularität des Stoffes. Mit seinen dreihundert Strophen und

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