72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen
viel lieber.“
„Was?“
„Wenn wir die Höhle hätten.“
„Hm! Ich sagte Ihnen bereits, daß es auf der Isola piccola keine Höhle gibt.“
„Es muß doch eine dort sein.“
„Nein.“
„Die Petruccios sagten es doch!“
„Sie haben die Mädchen täuschen wollen. Die Insel liegt oberhalb des Schlosses von Miramare ganz hart an der Küste, von welcher sie nur durch einen sehr schmalen Wasserarm verbunden ist. Ich war sehr oft dort.“
„Ist sie groß?“
„Eine Viertelstunde lang und halb so breit.“
„Ist sie bergig?“
„Ganz eben. Nur einige einzeln verstreute Felsenbrocken gibt es.“
„Womit ist sie bewachsen?“
„Mit Gras. Es gibt keinen Baum dort und auch fast kein Gesträuch. Die Petruccios sind allerdings oft dort, um vom Ufer aus zu fischen.“
„Gibt es ein Haus dort?“
„Eine armselige Hütte zum Unterschlupf, wenn ein Wetter die beiden Fischer überrascht.“
„Hm! Und doch ist es mir, als ob die Höhle dort zu suchen sei. Man muß vorsichtig sein.“
„Ich werde sofort den Juden und seine Frau verhören, vielleicht gesteht eins von ihnen, wo die Höhle zu finden ist.“
„Dann benachrichtigen Sie mich sofort!“
„Natürlich. Ich sende einige Zeilen in das Hotel, wenn ich nicht selbst kommen kann.“
„Und wenn sie nichts gestehen?“
„So arretieren wir die Petruccios.“
„Wäre das nicht ein Fehler?“
„Wieso?“
„Diese beiden Italiener sind doch die Hüter der Mädchen.“
„Allerdings.“
„Diese Mädchen sind jedenfalls in der Höhle eingeschlossen; sie können nicht heraus.“
„Das läßt sich denken.“
„Sie erhalten Speise und Trank von den Petruccios. Nehmen wir diese gefangen, so verschmachten die armen Geschöpfe.“
„Ich denke, die beiden Kerls werden ein Geständnis ablegen.“
„Das glaube ich nicht. Ich halte sie für hartgesottene Sünder, die lieber sämtliche Mädchen verhungern und verdursten lassen, damit nur ihnen nichts bewiesen werden kann.“
„Hm! Fatal!“
„Höchst fatal! Wenn sie nicht gestehen, haben wir verloren. Wir finden nichts.“
„Sie vergessen das Schiff, welches nächste Nacht dort anlegen will, um die Fracht einzunehmen.“
„Es wird umsonst anlegen.“
„Wieso?“
„Wenn weder der Jude noch die beiden Italiener da sind, können die Mädchen doch nicht abgeliefert werden.“
„Sollte der Kapitän die Höhle nicht kennen?“
„Schwerlich. Und wenn sie ihm bekannt wäre, würde er es keinesfalls verraten. Was wollen Sie mit ihm machen, wenn Sie keinen Beweis gegen ihn haben?“
„Er legt doch dort an!“
„Darf er das nicht?“
„O doch, aber es ist verdächtig.“
„Daraus macht er sich nichts. Wenn wir ihn fangen wollen, müssen wir die Mädchen haben. Und um diese zu bekommen, müssen wir die Höhle finden.“
„Ganz richtig! Aber wie?“
„Indem wir die Petruccios nicht arretieren, sondern sie frei lassen. Sie dürfen gar nicht ahnen, daß der Jude gefangen ist. Wir beobachten sie, und da müßte es mit dem Teufel zugehen, wenn wir nicht wenigstens eine Spur fänden.“
„Gut, ich will Ihnen folgen. Ich werde sie also streng beobachten lassen.“
„O bitte, nein! Lassen Sie lieber uns das über.“
„Meinen Sie, daß Sie besseren Erfolg haben werden als wir?“
„Nein; aber ich tu so etwas sehr gern.“
„Nun schön. Wir sind Ihnen zu größtem Dank verpflichtet und wollen Ihre Wünsche gern berücksichtigen.“
„So sorgen Sie vor allen Dingen dafür, daß kein Verbündeter des Juden erfährt, daß er arretiert ist.“
„Meinen Sie, daß ich das Haus verschließe?“
„Nein. Das würde auffallen.“
„Man könnte denken, er sei verreist.“
„Dann wäre seine Frau daheim.“
„Können nicht alle beide verreist sein?“
„In diesem Fall würden sie einer Vertrauensperson das Geschäft übergeben. Baruch Abraham scheint mir zu geizig zu sein, als daß er sich den kleinsten Verdienst entgehen ließe, was doch der Fall sein würde, wenn er während seiner Abwesenheit keinen Verkäufer in den Laden stellte.“
„So stellen wir einen!“
„Dieser Gedanke ist nicht übel.“
„Nicht wahr?“
„Ja. Haben Sie eine passende Persönlichkeit?“
„Einen jungen Kollegen, welcher erst seit zwei Tagen aus Graz gekommen ist. Es kennt ihn niemand, und er ist ein Jude.“
„Aber sicher?“
„Über allen Zweifel erhaben.“
„So paßt er ausgezeichnet. Er kann sich für einen Verwandten Abrahams ausgeben und sagen, daß dieser mit seiner Frau
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