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72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

Titel: 72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sagte ihr, daß die ersten Augenblicke den Freunden gehören mußten.
    Natürlich kam die Rede sofort auf die Paula. Der Fex verlangte Auskunft über sie. Max wollte ihm antworten, aber der Sepp unterbrach ihn:
    „Sei du still, Max! Ich werd's ihm verzählen, und der Hans mag mir helfen. Du hast Notwendigeres zu tun.“
    „So? Was denn?“
    „Es ist eins von der Polizeien da, was mit dir reden will.“
    „Wo denn?“
    „Noch eine Treppe höher, in Nummer zwölf. Sollst aber gleich kommen.“
    „Was ist's denn für einer?“
    „Ein Fremder und Prächtiger. Sei recht höflich mit ihm und mach ihm ja ein schön Kompliment!“
    Das Gesicht, welches der Alte dabei machte, fiel ihm auf. Darum fragte er:
    „Willst mich wohl nur in den April senden?“
    „O nein. Es ist wahr. Frag den Fex.“
    „Ja“, meinte dieser. „Geh rasch hinauf. Es hat keine Zeit. Du mußt rasch machen.“
    Jetzt stieg Max empor und klopfte an. Es ertönte keine Antwort. Erst als er zum zweiten Mal klopfte, hörte er von innen einen Ton.
    „Das klingt ja, als ob's ein Weibsbild wäre“, dachte er. „Sind denn hier auch Weiber bei der Polizei?“
    Daß der Fex den Namen Maxens erwähnt hatte, das hatte das alte Leid im Herzen Marthas wieder aufgeweckt. Als sie sich allein sah, trat sie zum Fenster, legte die Stirn an die Scheibe und blickte trüb auf den Platz hinab.
    Wie glücklich konnte sie jetzt sein, wenn sie früher gewollt hätte. Sie war selbst schuld daran. Ihr Stolz, ihre Herzlosigkeit! Oh, wenn diese nicht gewesen wären!
    Aber, wäre sie jetzt wirklich glücklich? Hätte sie, die Tochter des Verbrechers, das Dasein des Geliebten an das ihrige ketten dürfen? Nein, nein und tausendmal nein. Sie war zur Verdammung und Verbannung verurteilt und mußte dieses Schicksal tragen.
    Leider war die Last gar so schwer!
    Unten rasselten die Wagen. Der Platz vor dem Hotel war so sehr geräuschvoll. Darum hörte sie das erste Klopfen nicht.
    Und als sie das zweite vernahm, sagte sie zwar „Herein“, aber sie wendete sich nicht um. Sie meinte, daß es ein Zimmermädchen sei, und sie wollte die Träne nicht sehen lassen, die in ihrem Auge stand.
    Als aber kein Wort gesprochen wurde und auch keine Bewegung im Zimmer zu hören war, drehte sie sich um.
    Was war das! Sie fuhr sich vor Schreck mit beiden Händen nach dem Herzen. Reden konnte sie nicht. War es freudiger Schreck?
    Sie hätte diese Frage selbst nicht zu beantworten vermocht. Alles Blut wich aus ihrem Gesicht. Sie hatte wirklich das Aussehen einer Leiche.
    Und dort unter der geöffneten Tür stand er ebenso blaß wie sie. Seine Lippe lag zwischen den Zähnen, und seine Augen leuchteten zu ihr herüber. Leuchteten sie vor Zorn oder vor Freude?
    Da trat er herein und zog die Tür hinter sich zu. Dort aber blieb er stehen.
    „Martha!“ sagte er mit zitternder Stimme.
    Sie antwortete nicht.
    „Martha!“
    Ihre Hände sanken von der wogenden Brust herab, aber sie redete nicht.
    „Hast du kein Wort für mich?“
    Was sollte sie sagen, was sollte sie tun?
    „Martha!“
    Ein tiefer, tiefer Seufzer entfloh hörbar ihren Lippen; dann blieb es aber still.
    „Leb also wohl!“ erklang es kurz aus seinem Mund.
    Er drehte sich um und ging.
    Schon hatte er die Tür hinter sich zugemacht. Er war fort. Sie hörte seine sich entfernenden Schritte. Da kam eine unbeschreibliche Angst über sie. Sie sprang nach der Tür, riß sie auf und trat halb auf den Korridor hinaus. Er hatte schon die Treppe erreicht.
    „Max!“ rief sie.
    Er drehte sich um, sagte aber nichts.
    „Max!“
    „Was soll ich?“
    „Komm!“
    „Warum sagst du das erst jetzt? Adieu!“
    Er wendete sich wieder zum Gehen.
    „Max, Max!“ erklang es hinter ihm.
    Dieser Ton war so voller Angst und Qual, daß er sich doch umwendete und langsam zu ihr zurückkehrte.
    Sie trat in das Zimmer zurück und er folgte ihr. In ihrem Gesicht war kein Tropfen Blut zu sehen. Und nun, da sie ihm so nahe stand, sah er deutlich, welche Veränderung mit ihr vorgegangen war.
    Sie war schöner, viel schöner noch als früher. Aber ihre Schönheit war eine mehr geistige geworden. Das Leid hatte ihren üppigen Formen einen Adel aufgedrückt, der ihnen vorher gefehlt hatte. Das Gesicht war schmaler geworden. Ihre Augen standen jetzt, in diesem Augenblick, voll dicker Tränen.
    „Martha, warum ließt du mich gehen?“
    Sie antwortete abermals nicht.
    Nur an das Leid denkend, welches sie ihm früher bereitet hatte, fuhr er halb zornig fort:
    „Mein

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