72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen
klingeln.“
„So haben Sie gehorcht? Eine neue, sehr empfehlende Eigenschaft, welche ich an Ihnen entdecke. Bei mir ist niemand.“
„Da lügen Sie!“
„Herr! Ich lüge niemals! Dieser Herr ist bei meiner neuen Mieterin, bei Signora Ubertinka.“
„Ich habe ihn zu sprechen. Bitte, melden Sie mich!“
„Tut mir leid! Erstens bin ich kein Dienstbote, dem man Befehle erteilt, und zweitens sind die Herrschaften jetzt nicht zu sprechen!“
„Für mich ist dieser Herr stets zu sprechen!“
„Jetzt nicht. Er befindet sich bei der Signora, und diese hat Befehl erteilt, daß ganz besonders Sie von ihrer Wohnung fernzuhalten seien.“
„Ah! Sie beleidigen mich!“
„Das hat nicht viel auf sich. Wer keine Ehre hat, der ist nicht zu kränken.“
„Mir das! Wenn Sie nicht eine Frau wären, so würde ich Sie jetzt maulschellieren wie einen Packträger. Ich habe übrigens mit Ihnen nichts mehr zu tun und werde mich selbst anmelden. Machen Sie Platz!“
Er schob sie von der Tür hinweg und trat auf den Vorsaal. Sie aber eilte ihm nach und ergriff ihn grad noch an der zu Lenis Zimmer führenden Tür am Arm.
„Halt!“ rief sie im höchsten Zorn. „Sie gehen zurück! Sie verlassen mein Lokal, sonst mache ich das wahr, was Sie gestern sagten – ich lasse Sie wegen Hausfriedensbruch bestrafen.“
„In diesem Fall ist von einem Hausfriedensbruch keine Rede. Ich werde –“
In diesem Augenblick wurde von innen die Tür geöffnet und ihm mit solcher Gewalt in den Rücken gestoßen, daß er weit zurückflog. Der Fex erschien unter derselben.
„Welch ein Skandal!“ sagte er. „Was geht hier vor? Bedürfen Sie meiner Hilfe, meine werte Frau Salzmann?“
„Ja. Dieser freche Mensch will bei der Signora eindringen.“
„Das wollen wir uns natürlich verbitten.“
„Unsinn!“ rief Anton. „Ich darf hinein. Fex, kennst du mich denn nicht mehr! Ich bin es ja, ich.“
Er trat näher heran. Der Fex hatte bisher getan, als ob er ihn nicht erkenne, jetzt aber antwortete er:
„Du, der Krickel-Anton! So, so! Nun, laß mich einmal fragen.“
Er wendet sich in das Zimmer zurück:
„Signora, gestatten Sie, daß der Herr eintreten darf?“
Der Anton wendete den Kopf nach rechts und nach links, um an dem Fex vorüber und die Sängerin sehen zu können. Sie aber hatte sich natürlich so gestellt, daß er sie nicht erblicken konnte, und antwortete:
„Nein; ich danke sehr!“
„Aber er ist ein alter Bekannter von mir!“
„Dann tut es mir leid um Sie, denn es ist keine Ehre, solche Personen zu kennen. Bitte, kommen Sie, und schließen Sie die Tür!“
„Donnerwetter!“ fluchte der Anton. „Die muß ich mir doch ansehen. Mach Platz, Fex!“
Er wollte hinein. Der Fex aber behielt die Tür in der Hand, blieb fest stehen und sagte in ernstem Ton:
„Anton, mach keine Dummheit! Die Dame will nichts von dir wissen!“
„Warum? Warum, frage ich?“
„Das wird sie selbst wissen; meine Sache ist das nicht. Du aber wirst einsehen, daß es meine Pflicht ist, die Dame zu unterstützen. Es sollte mir leid tun, mich mit dir veruneinigen zu müssen. Sei also so gut, und zieh dich zurück!“
Diese bittenden Worte verfehlten ihren Eindruck nicht.
„Mag sein, daß du den Beschützer spielen mußt“, antwortete der Sänger. „Wir wollen uns nicht prügeln deshalb. Aber dann, wenn du gehst, so komm einmal zu mir. Ich wohn im Parterre. Ich bitte dich, komm aber bestimmt. Willst du?“
„Ja.“
„So bin ich befriedigt. Auf Wiedersehen.“
Er ging.
Der Fex machte die Tür wieder zu und wendete sich an seine Freundin. Frau Salzmann kam jetzt nicht wieder herein. Leni sagte:
„Jetzt wirst du mir glauben, was du vorhin für unmöglich hieltest. Er ist ein roher Mensch geworden.“
„Arme, arme Leni!“
Er ergriff ihre Hand und drückte dieselbe teilnehmend. Sie schüttelte abweisend den Kopf.
„Bedaure mich nicht, guter Fex. Ich fühle mich keineswegs unglücklich, sondern vielmehr sehr glücklich darüber, daß ich gegen ihn zu nichts mehr verpflichtet bin. Ich hätte als sein Weib die Hölle an seiner Seite gehabt.“
„So gratuliere ich dir allerdings von ganzem Herzen. Er hat niemals meine besondere Zuneigung besessen, denn er hatte stets etwas Gewaltsames, Rücksichtsloses an sich. Für so einen Bräutigam findest du allemal Ersatz.“
Sie errötete.
„Ich denke nicht daran. Was Gott tut, das ist wohlgetan. Ich ergebe mich in seinen Willen und habe nichts dagegen, wenn es mein Schicksal ist,
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