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72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

Titel: 72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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machst.“
    „Verkehrt? Wieso?“
    „Den Baron nennst einen Fex und den Fex einen Baron.“
    „Ich verstehe dich nicht.“
    „Und mich stellst diesem zuerst vor anstatt ihn mir. Hast einen Lakaien draußen stehen. Hättest also von ihm lernen könnt, wie man sich zu verhalten hat, wenn man den Vornehmen spielen will.“
    „Aber Fex! Ich hoffe doch nicht, daß du mich beleidigen willst.“
    „Nein, aber du hast mich beleidigt. Hab ich dich etwa als Krickel-Anton begrüßt? Warum nennst mich bei meinem Schimpfnamen Fex? Ich bin ein Baron; das kann ich beweisen. Dieser aber ist keiner; das kann ich auch beweisen. Wie kannst's also wagen, mich ihm vorzustellen, noch dazu mit meinem Schimpfnamen! Wannst denkst, daß das eine Höflichkeiten und Freundschaften ist, so kannst dich malen lassen. Ich würd sogleich wieder gehen; aber da ich diese Wohnung mieten will, so will ich sie mir mal anschauen; darum bleib ich da.“
    Beide, der Sänger wie der Baron waren gleich sehr betroffen von dieser Zurechtweisung. Der letztere fand zuerst eine Entgegnung.
    „Herr!“ rief er. „Wie können Sie es wagen, in dieser Weise zu einem Baron von Stubbenau zu sprechen! Ich werde –“
    „Maul halten!“ donnerte der Fex ihn an, indem er jetzt auf seinen bayrischen Dialekt verzichtete. „Sie können sich vielleicht mit Recht einen Herrn von Stubbenau nennen, denn die Ihnen gehörigen Auen werden wohl im Winkel irgend einer alten Stube liegen. Mir machen Sie nichts weis. Ein Mensch, welcher sich unter den verschiedensten Namen hinter mir her schlängelt und sich in solchen Absichten, wie Sie hegen, um meine Angelegenheiten bekümmert, für den habe ich nicht einmal Ohrfeigen, wenn er es wagt, den Mund aufzureißen. Wenn Sie sich nicht sofort entfernen, lasse ich Sie arretieren! Reif sind Sie dazu!“
    Das war in einem solchen Ton gesprochen, daß der sogenannte Baron mit offenem Mund dastand und ganz vergaß, eine Antwort zu geben.
    „Zeige mir dein Logis!“ wendete sich der Fex in fast befehlendem Ton an den Sänger.
    Dieser wußte nicht, was er denken sollte. Wen sollte er in Schutz nehmen, den Fex oder den Baron? Da riß ihn der letztere, indem er nach seinem Hut griff, aus der Verlegenheit:
    „Lieber Freund, um dich aus diesem Dilemma zu erlösen, entferne ich mich. Alles übrige werde ich mir natürlich vorbehalten. Ah! An mich?“
    Der Diener war in diesem Augenblick eingetreten und überreichte ihm ein verschlossenes Billet, indem er erklärte:
    „Ein Stadtträger brachte es. Er war in der Wohnung des Herrn Baron gewesen und hatte dort gehört, daß er den gnädigen Herrn vielleicht hier finden werde.“
    Der Baron öffnete das Billet. Es enthielt die wenigen Worte:
    „Der Fex ist angekommen. Stellen Sie sich sofort an dem bewußten Ort ein!“
    Ein befriedigtes, höhnisches Lächeln glitt über sein Gesicht. Er wendete sich nochmals an den Sänger:
    „Was hier gesagt wurde, bleibt natürlich nicht unbeantwortet. Eine Anleitung zur Beantwortung einer solchen Frechheit habe ich soeben erhalten. Auf Wiedersehen!“
    Er eilte hinaus, denn er mochte sich sorgen, von dem Fex in noch kräftigerer Weise zurechtgewiesen zu werden.
    „Was habt Ihr denn miteinander?“ fragte Anton den letzteren.
    „Nichts, was dich interessieren könnte.“
    „Du kennst ihn doch?“
    „Ich sehe ihn zum ersten Mal.“
    „Und beleidigst ihn in solcher Weise!“
    „Er ist ein Schwindler. Nimm dich vor ihm in acht. Übrigens bitte ich dich, mir seine Adresse zu notieren, damit ich ihn finden kann, wenn ich ihn bei den Ohren nehmen will.“
    „Fex, was ist das für eine Sprache?“
    „Die meinige. Jedenfalls weiß ich besser zu reden wie du. Weißt du, daß ich ein geborener Baron von Gulijan bin?“
    „Ja.“
    „Warum nennst du mich da Fex, wenn andere gegenwärtig sind! Das ist eine Flegelhaftigkeit, welche sich nicht wiederholen darf!“
    „Du, laß solche Ausdrücke! Ich bin kein Freund davon“, antwortete Anton, nun auch zornig.
    „Pah! Wenn du dich unverschämt benimmst, kannst du keine Höflichkeit erwarten. Wir befinden uns heut nicht mehr in denselben Verhältnissen wie vor zwei Jahren. Wenn wir uns trotzdem noch du nennen, so ist das kein Grund, auch noch dazu ungezogen zu sein.“
    „Oho! Bildest du dir auf den Baron –“
    „Still!“ unterbrach ihn der Fex. „Ich bilde mir gar nichts ein, weder auf meine Geburt noch auf etwas anderes; aber ich verlange, daß auch andere dann mir gegenüber sich nichts einbilden.

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