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72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

Titel: 72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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tot.“
    „Das ist nicht so gewiß, alst denkst!“
    „O doch. Wann sie noch leben tät, so hätten wir sie längst entdeckt.“
    „Und ich denk grad das Gegenteil. Wann sie tot wär, so wär ihre Leich ganz sicher funden worden.“
    „O nein. Es kommt darauf an, wo sie den Tod sucht hat. Wann's sich in einen Abgrund stürzt hat oben im Gebirg oder in einen tiefen Alpensee, dann ist ihre Leich nicht zu finden. Und das wird sie gemacht haben. Es ist im ganzen Land sucht worden, denn nachher, als es freilich zu spät war, hab ich mich an den König gewendet, und der hat den Befehl geben, die Nachforschung mit aller Anstrengung und allen Mitteln zu betreiben; aber es ist vergeblich gewest.“
    Leni legte ihren Arm um seine Schulter.
    „Und nun hast wohl keine Hoffnung mehr, lieber Fex?“ fragte sie.
    „Keine!“
    „Das ist doch gar so traurig!“
    „Ja, es ist nicht auszusagen. Wann ich nur wenigstens ihr Leich funden hätt! Da wüßt ich doch, wohin ich denken müßt, wann ich an sie denken will. Der liebe Herrgott wird ihr gnädig sein in seiner Allbarmherzigkeit. Sie hat's eben nicht überleben können. Sie ist so ganz anderst gewest als ihr Vater. Die Schand hat ihr das Herz abdruckt. Und ich – nun, ob ich das so weiter tragen kann, das weiß ich nicht.“
    „Fex, versündige dich nicht auch!“
    „Was willst? Hab keine Sorg! Ich werd mir nix zuleide tun. Aber fressen und nagen und zehren tut's an mir. Wann das so fortgeht, nachher wird der Mensch schnell alle.“
    „Du mußt dich aufraffen!“
    „Das hab ich versucht.“
    „Aber nicht richtig!“
    „O doch! Ich hab mich in die Arbeit worfen, die doch das beste Mittel gegen das Herzeleid ist – nix hat's geholfen. Ich bin auf Reisen gangen – mein Leid ging mit. Ich bin's nicht los geworden und kann es überhaupt nicht loswerden. Soll ich mich etwa, um es zu vergessen, dem Laster in die Arme werfen, dem Trunk und Spiel?“
    „Da sei Gott vor!“
    „Das fallt mir auch nicht ein. Und so reibt es mich auf, langsam aber sicher.“
    „So darf aber ein Mann nicht sagen! Du bist noch so jung, erst ein Jüngling. Wer kann da am Leben und am Herrgott verzweifeln!“
    „Ja, das ist freilich ein Trost, der einzige, den es gibt. Wer weiß, wozu der Herrgott mir diese Trübsal schickt hat, vielleicht damit ich nicht zu stolz werden soll. Ich werde reich sein und ein Baron dazu; auch werde ich, wie es den Anschein hat, als Virtuose und Komponist mir einen Namen machen. Das ist so viel des Glücks, daß man gar leicht übermütig werden kann.“
    Da öffnete die Wirtin die Tür.
    „Darf ich stören?“ fragte sie.
    „Kommen Sie herein!“ antwortete die Leni.
    „Ich werde gleich wieder gehen; aber da Sie vorhin davon sprachen, daß Sie einige Zeit hier in Wien zu bleiben gedenken und sich da eine Privatwohnung suchen wollen, so glaubte ich, Ihnen sagen zu sollen, daß der Sänger unten noch vor Mittag seine Wohnung verlassen wird. Vielleicht wohnen Sie gern mit Signora Ubertinka in einem Haus.“
    Diese Worte waren an den Fex gerichtet.
    „Das ist mir freilich außerordentlich lieb“, antwortete dieser. „Leni, stört es dich, wenn ich mich unten einmiete?“
    „Gar nicht. Ich werde mich im Gegenteil sehr freuen, dich an Stelle dieses Menschen unter mir zu haben.“
    „Gut! Dann miete ich und ziehe ein.“
    „Wollen Sie sich das Logis nicht zuvor ansehen?“ fragte die Wirtin.
    „Ist nicht nötig.“
    „Sie könnten das ja gleich tun, wenn Sie den Sänger besuchen, wie Sie ihm versprochen haben.“
    „Ja, das ist wahr. Und damit ich mich schnell entscheide, werde ich gleich hinabgehen. Da ich dann hier wohne, können wir alles nötige ja bis später aufschieben. Wir haben Zeit.“
    Er ging hinab und war nicht wenig verwundert, als ein Lakai ihm öffnete. Der Krickel-Anton mußte es weit gebracht haben. Der Fex wurde mit einem Effekt angemeldet, als ob er zu einem adeligen Herrn zur Audienz befohlen sei. Er glaubte den Anton allein zu treffen, fand aber den Baron bei ihm. Dieser verschlang ihn fast mit seinen Blicken.
    „Lieber Freund, das ist der Fex, von dem ich dir jetzt sagte“, stellte Anton vor. – „Der Herr Baron von Stubbenau!“
    Der Baron lächelte gnädig, von oben herab. Über das Gesicht des Fex aber zuckte ein belustigtes Lächeln.
    „Du hast heut wohl gar unters Bett guckt, alst aufstanden bist?“ fragte er.
    „Warum?“ erkundigte sich Anton, über diese Frage verwundert.
    „Weilst alles verkehrt

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