72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen
gefühlt.“
„Schaust, daß ich recht hab! Und nun soll dieses Elend auch noch fernerhin währen? Nein, nein; das darf nicht sein. Das wär eine Sünd gegen mich und gegen den lieben Gott. Das darfst nicht auf dein Gewissen nehmen. Geh her! Leg auch den andern Arm um mich, und sag mir, daßt dich nimmer sträuben willst, daßt mein sein willst für lebelang!“
Sie gehorchte. Sie schlang auch den andern Arm um ihn und sagte in überquellendem Glück:
„Meinst's denn wirklich ernst?“
„Paula! Wie könnt ich scherzen!“
„Und wann ich's tät?“
„So machst mich so sehr glücklich.“
„Und würdest mir wirklich verzeihen, was mein Vater tan hat?“
„Paula, sei doch still! Dein Vater geht mich gar nix mehr an. Ich hab ihn gar nicht gekannt, ich weiß nicht, wer er ist und was er tan hat. Ich kenne nur dich und will weiter nix und niemand kennen. So ist's! Und nun tu dein Herz auf, und laß nur es allein sprechen. Bitte, bitte, willst meine Paula sein?“
„Ja!“ stimmte sie endlich bei.
„Und dich nicht mehr sorgen und grämen?“
„Oh, nun nicht mehr, nie mehr!“
„Gott sei Dank! Jetzt hab ich dich nicht bloß wieder funden, sondern dich mir auch zurückerobert. Nun geb ich dich aber nimmer wieder her. Du sollst mein Augapfel sein, den ich hüten werd als meinen größten Schatz und mein köstlichstes Eigentum.“
Er drückte sie an sich und küßte sie auf die Lippen.
In diesem süßen Genuß wurden beide so plötzlich gestört, daß sie auseinander fuhren. Es donnerte an die Tür.
„Das ist der Sepp!“ sagte der Fex. „Der hat sich herbei geschlichen und dabei dacht, daß er uns einen tüchtigen Schreck einjagen will. Der Sapperloter hat's beim Max und der Martha auch so gemacht. Er kommt stets dann, wann er unwillkommen ist.“
„O nein. Wie willkommen war er uns heut, als er draußen rief: Der Sepp ist da!“
„Der andre, der auch so rief, der war dir wohl nicht so sehr willkommen?“
„Oh, noch viel, viel mehr!“
Der Alte pochte immer noch. Jetzt rief er:
„Na, zum Sappermenten, macht doch endlich mal aufi!“
„Wir können doch nicht“, antwortete der Fex.
„Habt's denn den Hausschlüssel verloren?“
„Nein. Wir hatten gar keinen.“
„So sagt ihr nur. Da schließen sich die Jungburschen mit ihren Dirndln ein, damit wir Alten aber auch gar nix Hübsches mehr zu schauen bekommen sollen! Aber ich werd euch doch die Supp versalzen. Da bin ich! Wie ist's inzwischen ergangen?“
Er hatte die Tür geöffnet und leuchtete mit der Laterne herein.
„Gut, Sepp, sehr gut!“
„So seid ihr jetzund zufrieden mitnander?“
„Vollständig.“
„So haltet's auch fernerhin so, und kommt nun herausi, damit ich euch meinen Segen geben kann!“
Der Fex führte die wiedergefundene Geliebte heraus. Als nun der Schein der Laterne auf sie fiel, fuhr der Sepp zurück.
„Herrgott!“ schrie er. „Das, das ist die Paula?“
„Natürlich!“ antwortete der Fex, den Alten verwundert betrachtend.
„Das soll sie sein, das! Siehst's denn nicht? Schau sie dir doch nur mal an!“
Erst jetzt blickte der Fex in das Gesicht der Geliebten. Er ließ sie vor Schreck los.
„Paula!“ schrie er auf. „O heiliger Himmel! Bist krank?“
Sie nickte, indem Tränen ihren Augen entstürzten.
„Was hast? Was fehlt dir denn?“
„Brot!“
„Brot! So hast Hunger, Hunger, Hunger?“
„Gar großen. Ich hatt noch größern Durst; aber der König gab mir Wein.“
„Hunger hat sie, Hunger!“ rief der junge Mann, die Hände zusammenschlagend. „Hast denn nix zu essen bekommen?“
„Nein.“
„Warum nicht?“
„Weil ich nicht gehorchten konnt. Ich wollt mich nicht – mich nicht – nicht –“
„Ach, weiß schon, weiß! Hast nix zu essen bekommen und nix zu trinken! Meine Paula hat nix zu essen gehabt! Sie hat dürsten müssen, weil sie ein braves Mädchen bleiben wollte. Das haben die Petruccios tan?“
„Ja“, nickte sie.
„Wart, wart! Sepp, da, halte mal die Paula! Halte sie!“
Er schob das Mädchen dem Alten in die Arme und eilte fort.
„Wo willst hin?“ rief ihm der Sepp nach.
„Wirst's gleich hören!“
Er rannte so schnell, wie der dunkle Gang es gestattete, davon. Als er in die Nähe der Vorratskammer gelangte, hatte er Lampenschein. In dem genannten Raum saß der König mit Max und Hans am Tisch. Der Fex stürzte herein und blickte sich um wie einer, der die allergrößte Eile hat.
„Was suchst?“ fragte Max.
„Einen –
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