72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen
voneinander gehen, wann's so ist!“
„Nein. Geschieden werden's nicht, dazu werden's wohl keine Dispension bekommen. Und wenn er sie dennoch fortjagt, so wird ihn das Gericht zwingen, daß er ihr das Kostgeld bezahlt.“
„So begreif ich gar nicht, daß der talkete Bub sich das gar nicht überlegt!“
„Weißt, er ist noch zu jung und zu hitzig. Wann wir ein verständiges Wort mit ihm reden, wird er sie wieder zu sich nehmen. Das arme Schlankerl kann mir leid tun, die Leni! So jung, so schön, so gut und brav und doch schon verstoßen!“
„Und dazu so rasch! Vor einer halben Stund ist sie seine Frau worden, und schon steckt er sie zur Tür hinaus!“
„Gräm dich noch nicht! Wir werden schon derfahren, wohin sie ist. Nachher suchen wir sie auf und bringen's ihm zurück. Und wann er nicht will, so geben wir ihr die zweihundert Gulden, die wir noch übrig haben.“
„Ja, da hast recht. Sie hat sie uns doch erst schickt, und damit reicht sie schon eine Zeitlang aus.“
In dieser Weise betrachteten diese guten, einfachen Leute die Sache. Sie nahmen das Leben auf den Brettern für die reine Wirklichkeit.
Im dritten Akte sieht man Freya zwischen einsamen, wirren Felsenbrocken sitzen. In der Ferne wogt das Meer.
Sie klagt über ihr Unglück, und trostlos klingt es von ihren Lippen:
„Meine Hoffnung ist gestorben
Längst schon vor dem Abendrot,
Jede Blüte mir verdorben,
Und mein Sein sinkt in den Tod.“
Da rötet sich über den Meeresfluten der Himmel, ein Strahlenkranz beginnt zu leuchten, und aus demselben schwebt Heimdall, der lichte Gott hernieder.
Er sieht die Trauernde und wendet sich zu ihr. Als sie zu ihm aufschaut, erkennt er Freya, die er liebte und noch liebt und die ihm von Odin versagt wurde.
Sie erzählt ihm, daß sie verstoßen worden sei, unschuldig, um einer Unwürdigen willen. Da ergrimmt sein Herz und er schwört, sie zu rächen.
Der Zwiegesang der beiden war überreich an packenden Momenten. Der Komponist hatte bewiesen, daß er eines solchen Dichters würdig sei. Kein Auge blieb ohne Tränen.
Da kamen auf segelblähendem Schiff die Götter herbei. Sie stiegen an das Land und gewahrten diese beiden. Od, der Ungetreue, war dabei. Odin erkannte Freya und fragte, was sie hier am äußersten Ende suche. Heimdall antwortete an ihrer Stelle, und erklärte, daß er geschworen habe, sie zu rächen. Er forderte Od zum Kampf auf, und Odin gab seine Erlaubnis dazu.
Die Götter und Göttinnen gruppierten sich im Halbkreis. Die beiden Feinde traten hervor. Heimdall erklärte, daß Freya der Preis sei, um den er kämpfe, und nun begann das Ringen der beiden göttlichen Recken.
Heimdall blieb Sieger. Od sank in die Knie und wäre von seinem Gegner getötet worden. Da aber schleuderte der Donnergott Tor seinen Hammer zwischen sie. Blitze zuckten rundum, und Odin erklärte, daß ein Gott nicht sterben dürfe.
Freya hatte dem Kampf zugeschaut, der ihre tiefste Seele erregte. Ihr Busen wogte; ihr Atem ging stockend; ihr Fuß zuckte vorwärts oder rückwärts, je nach dem Stand des Kampfs. Ihr Blick war nur gerichtet auf Heimdall, den Herrlichen. Plötzlich, plötzlich, blitzschnell stieg es in ihr auf, daß sie nicht geliebt habe aber jetzt liebe, den Gott, der für sie und um sie kämpfte.
Sie wurde ihm zugesprochen und fiel in seine Arme. Voller Entzücken brach sie in Wonnetöne aus und endete mit den Worten:
„Nun wird es wieder licht um mich
Nach langer, grabesdunkler Nacht;
Die Liebe strahlt um mich und dich,
Und tausend Sonnen sind erwacht!“
Aber bei den letzten Worten: ‚Die Liebe strahlt um mich und dich‘, blickte sie nicht, wie es ihre Rolle mit sich gebracht hätte, Heimdall an, in dessen Armen sie lag, sondern ihr Auge suchte den Geliebten, den Grafen Senftenberg.
Er sah es. Er sah ihren Blick voll unendlicher Innigkeit auf sich leuchten und preßte sich die Hände auf die Brust.
Er hätte am liebsten zu ihr hinab auf die Bühne springen und sie an sein Herz reißen mögen vor allen Leuten.
Das Stück war aus und der Vorhang fiel. Der Beifall war fast beispiellos.
Die Künstler mußten wieder und immer wieder erscheinen, und die Leni wurde mit Blumen und Kränzen fast überschüttet. Sie konnte in ihnen förmlich waten.
Da rief eine Stimme:
„Der Komponist heraus!“
Eine andere fügte hinzu:
„Der Dichter heraus!“
Sofort fielen alle Stimmen ein. Nur eine augenblicklich kurze Pause trat in diesen Ausrufen ein, da hörte man eine dritte Stimme:
„Der Baumeister
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