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72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

Titel: 72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Bettler halten.“
    „So war es.“
    „Und mir einen Talern schenkt.“
    „Ich wollte dich nicht beleidigen.“
    „Nachher sind wir mitnander gangen und haben nander alles sagt und erzählt, was wir auf dem Herzen hatten.“
    „Ja, du weißt noch alles.“
    „Wir haben vom lieben Herrgott sprochen und vom König, von allem, was uns im Leben druckt und quält hat, und zuletzt haben wir gar mitsammen geweint. Hast's vergessen?“
    „Nein, lieber Sepp.“
    „Und nachher, als wir Abschied nahmen, da hast mir gar – weißt's auch noch, wast da tan hast?“
    „Ja!“
    „Sag's!“
    „Ich habe dir die Hand geküßt.“
    „Ja, das reiche, vornehme Fräulein hat dem armen Wurzelseppen die Hand küßt und dabei sagt, daß sie einen Respekten vor ihm hat wie vor einem König. Ist das wahr?“
    „Ja, so war es.“
    „Aus Hannover bist gewest und wiederkommen hast wollt. Nun bist wiederum da; aber der Sepp wird gehen weit fort, von woher er nimmer wiederkommen kann.“
    „Nein, du wirst noch nicht dorthin gehen. Du wirst wieder gesund werden.“
    „Das ist nicht wahr. Ich weiß, daß der Tod in mir steckt.“
    „Glaube das nicht. Verliere die Hoffnung nicht. Du bist dem lieben Gott, dir selbst und allen denen, die dich lieben, es schuldig, daß du alles mögliche tust dein Leben zu retten. Willst du mir eine recht innige Bitte erfüllen?“
    „Kann ich denn?“
    „Ja.“
    „So tue ich es gern. Sag's!“
    „Es ist zweierlei: Laß dich in ein Bett legen und erlaube mir, nach einem Arzt zu senden!“
    Er antwortete nicht gleich. Sie streichelte ihm leise die Wangen. Unter dem Eindruck dieser Berührung sagte er:
    „Weilst gar so eine gute Stimme hast, sollst deinen Willen haben. Holt einen Arzt und legt mich in das Bett! Ich bin gar müd und will schlafen. Mein Kopf tut mir weh und nachher wird mir wohl besser werden.“
    Diese Wirkung des liebevollen Bemühens des schönes Mädchens war so rührend, daß allen die Tränen in den Augen standen.
    Tobias mußte herbei, um mit Hilfe des Wirts den Kranken hinauf zu tragen. Er sollte im Bett Antons liegen. Als sie ihn anfaßten, streckte er die Hand nach Marga aus und sagte:
    „Weißt's, daß ich's nur deinetwegen tu, nur dir zu gefallen?“
    „Ja, Sepp.“
    „So mußt auch mir wiederum einen tun!“
    „Gern.“
    „Bleib bei mir, daßt da bist, wenn ich ausschlafen hab.“
    „Gut, ich werde bei dir bleiben.“ Sie ging mit hinauf und die alte Frau Warschauer auch. Der Sepp wurde ausgezogen und in das Bett gelegt. Er schlief auch sogleich ein. Marga setzte sich zu ihm.
    Dann mußte Tobias fort, um den Arzt zu holen. Anita aber nahm sich Margas Gepäck an und richtete deren neue Wohnung vor.
    Wohl erst nach Verlauf einer Stunde kam der Arzt. Sepp war wieder aufgewacht und wollte sich nicht ausfragen lassen. Auf Margas Bitten aber gab er ruhige Antworten. Dann schlief er wieder ein.
    Natürlich wurde der Doktor gefragt, was er hoffe oder befürchte. Er zuckte die Achseln und antwortete:
    „Außerordentliche Gemütsaufregung und körperliche Anstrengung, dazu eine vernachlässigte Lungenentzündung, welche hochgradig auftritt. Ich hoffe sehr wenig. Es ist zwar möglich, daß seine ursprüngliche, kräftige Natur die Krisis übersteht, wahrscheinlich aber ist, daß er stirbt. Wenn der Patient Verwandte hat, so benachrichtigen Sie dieselben davon. Ich werde am Abend wiederkommen und auch in der Nacht einmal.“
    Er ging, nachdem er seine Anordnungen getroffen hatte.
    Nach einer kurzen Beratung wurde beschlossen, denen, die ihm nahe gestanden hatten, zu telegrafieren. Welche Personen das seien, das sollte dem Maler überlassen bleiben, der dies wohl am besten kennen mußte.
    Darum ließ Anita sich sofort überfahren und erzählte Johannes, was geschehen war. Er erschrak auf das heftigste, denn auch er hatte dem Alten sehr viel zu verdanken.
    „Glücklicherweise habe ich alle Adressen“, sagte er. „Ich werde sofort telegrafieren.“
    Er begab sich nach dem nächsten Telegrafenamt und gab dort einen und denselben Wortlaut:
    „Sofort kommen. Der Sepp stirbt.“
    an die Adressen von Leni, dem Fex, Max Walther und Rudolph von Sandau auf. Sodann ließ er sich selbst überfahren, um nach dem Kranken zu sehen.
    In den letzten Jahren waren der Sepp und der Krickel-Anton keine guten Freunde gewesen, aber als die Eltern des letzteren hörten, daß telegrafiert worden sei, sandten auch sie eine Depesche an ihren Sohn.
    Der Kranke verbrachte die Nacht in sehr großer

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