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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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kenne kein Gericht, das in solcher Weise abgehalten wird; ich protestiere dagegen; ich erkenn's nicht an; ich will meine Freiheit haben!“
    „Ob du protestierst oder nicht, das ist ganz gleich, und wenn das Urteil ausgeführt ist, mußt du's schon anerkennen.“
    „Das tue ich nicht! Ihr habt kein Recht, mich zu fangen; euch selber gehört der Strick und die Kugel; ihr seid Diebe, Mörder, Räuber!“
    „Halt! Schau dich um, Feldwebel. Dort steht der Waldschwarze. Siehst die Pistole in seiner Hand? Sobald du noch ein einzig Wort sagst, das ihm nicht gefällt, bist eine Leiche. Dann schimpf, so viel du willst!“
    Der Sprecher deutete nach dem Hintergrund des Stollens. Dort stand hoch aufgerichtet die breite Gestalt des Pascheroberhauptes. Die langen Haare wallten bis auf den Nacken herab; der dunkle Bart quoll unter der Larve hervor; im Gürtel blitzten die Waffen, und die ausgestreckte Rechte hielt sich zum Losdrücken bereit.
    Den Feldwebel überlief ein kalter Schauer. Sein ganzes heißblütiges Naturell sträubte sich gegen den Zwang, und doch mußte er einsehen, daß hier die einzige Rettung nur in der Ergebung zu suchen sei.
    „So beginnt das Possenspiel; aber macht's so kurz wie möglich!“ rief er aus.
    „Hab keine Sorge! Wir sind nicht an allzu große Länge gewöhnt! Also, du hast geschworen, den Waldschwarzen zu fangen, um Leutnant zu werden und den Preis zu erhalten, der auf seinen Kopf gesetzt ist? Weil das aber ein ganz vergebliches Beginnen ist, so wollen wir Mitleid mit dir haben und dir behilflich sein. Die Tresse, nach der du dich sehnst, sollst gleich bald erhalten, und auch den Preis, aber nicht in Silber und Gold, sondern in Hanf und Eisen; sieh her! Hier ist der Strick, und dort der Nagel! Da wirst abgetan, und morgen in der Früh hängst du im Wald, und in der Tasche steckt der Zettel mit der Schrift: ‚Zur Strafe vom Waldschwarzen!‘ Grad wie beim Bachfranzel und beim Förster!“
    „Das ist Mord, das ist Totschlag, den ich nicht verschuldet habe!“
    „Sei still! Weshalb bist du nach Rothenwalde versetzt? Warum liegst im Wald den ganzen Tag, und wozu bist heute an den Stollen gekommen? Du hast den Bestellort belauscht und mußt sterben! Der Tod macht alles stumm; dann sind wir sicher!“
    Der Sprecher wandte sich zu den Paschern:
    „Wer von euch für den Tod stimmt, der mag aufstehen!“
    Alle ohne Ausnahme erhoben sich.
    „Siehst, Feldwebel, wie's um dich steht? Bete ein Vaterunser oder ein Ave Maria, ganz wie du willst, denn in zwei Minuten hängst an der Wand!“
    Die Männer hatten sich nicht wieder gesetzt; sie umringten ihn drohend. Er fühlte zum ersten Male in seinem Leben die Angst vor dem Tod über sich kommen.
    „Gibt's keine Rettung, keine Hilfe weiter?“ fragte er bebend.
    „Keine!“
    „Ich werde schweigen, ich werde euch nicht verraten!“
    „Das versprichst wohl, aber zu halten, das vermagst nicht!“
    „Ich schwör's euch zu! Fordert den schlimmsten Eid; ich werde ihn willig leisten!“
    „Dein Eid nützt uns nichts! Nur das Grab ist still und plaudert nicht. Komm her!“
    Der Sprecher legte ihm die Schlinge wieder um die Beine. Ein Widerstand war unmöglich. Der Feldwebel hatte dem Tod mehrmals kalt in das Auge geschaut; das war im Feld gewesen, wo man mit ruhmglänzender Stirn und bewaffneter Faust gegeneinander anstürmt. Hier aber war das anders. Hier sollte er ohne Kampf und Ehre vom hinterlistigen Meuchelmörder überfallen werden! Seine ganze Natur bäumte sich dagegen auf, und kein Mittel schien ihm zu kostbar oder auch zu verwerflich, um sich zu retten. Er versuchte noch einmal die Festigkeit der Fesseln; seine Muskeln schwollen unter ihnen beinahe um das Doppelte, aber jene rissen nicht.
    Man schleppte den Buschwebel zur Mauer; er fühlte die verhängnisvolle Schlinge um den Hals, und sein Blick fiel auf den Waldschwarzen, der zwar jetzt den Arm zurückgezogen hatte, sonst aber noch in der vorigen Haltung im Hintergrund stand.
    „Hilf mir – rette mich!“ rief er. „Warum bist der Hauptmann, wenn du nicht begnadigen darfst?“
    „Das darf ich schon, wenn ich will! Denn ich bin der Hauptmann und der König und der Herrgott in Berg und Tal. Ich trotze dem Himmel und der Hölle, und wer vom Menschenvolk meine Pläne kreuzen möchte, der muß sterben. Wer mich fangen will, für den gibt's keine Gnade!“
    „Ich will dich nicht fangen. Ich werde mich um dich nicht mehr bekümmern; ich will so tun, als ob du gar nicht vorhanden

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