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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Tasche.
    „Das wollte ich meinen! Wir haben wohl alle drei nicht nötig, mit dem Pfennig zu fuchsen, denn so lange es in der Welt noch Dumme gibt, braucht kein Gescheiter fürs bißchen Münze zu sorgen!“
    „Hast recht“, lachte der Riese. „Und die Dummen werden ja niemals alle; wenn es mit einem zu Ende geht, so kommt dafür ein ganzer Güterzug voll andere wieder an. Heut' wird hier bei euch ein Gäns'rich gerupft!“
    „Kann mir's denken, wer es ist. Habe ja auch schon genug Federn von ihm. Aber die schönste Feder, die er gelassen hat, war doch der Braune draußen.“
    „Ja, ja, Alter, das war ein Meisterstück von uns dreien. Halte nur dein Hinterstübchen immer parat; gib unsere Karten nicht an andre Leut. Weißt du vielleicht, wer alles zum Dukatenhof geladen ist?“
    „Die ganze Nachbarschaft. Die Kleinen bleiben unten in der Stube, und die Großen kommen hinauf ins gute Zimmer. Geld gibt's da oben mehr als genug. Heute abend komme ich auch hin; beim Begräbnis freilich kann ich nicht mit sein, weil die Wirtin drunten ist.“
    „Da kommst du natürlich hinauf zu uns! Wir legen eine kleine Bank, und du – na, du wirst ja sehen, wie es paßt; der Dukatengraf kann dir deinen Stall auch mit bauen helfen.“
    Der Köpfle-Franz schien wenig oder gar nicht auf diese Reden zu achten. Er hatte sein Geld eingesteckt, sein Bier getrunken und griff eben zum Sack, um sich zu verabschieden, als sich vom Tal her das Geläute von Glocken vernehmen ließ.
    „Was?“ rief der ‚Baron‘ Genannte. „Schon so weit? Da haben wir über der Malerei die Leiche ganz vergessen und können uns nun sputen, wenn wir den Zug noch sehen wollen. Vorwärts, Kollege!“
    Der Kleine setzte den blauen Zwicker fest und erhob sich.
    „Als ob ein Leichenzug so ganz was grausam Sehenswertes wäre!“ meinte Franz gleichgültig. „Von meinetwegen mag sterben, wer da will, ich laufe keinem nach. Wer wird denn hinausgetragen?“
    „Das ist's ja eben, was ich dir sagen wollte“, antwortete der Wirt, welcher sich anschickte, die beiden Gäste an den Wagen zu begleiten. „Die Dukatenbäuerin ist tot; sie hat vor ihrem Ende gar viel nach dir gefragt und fast gar nicht ersterben können, weil du nicht dagewesen bist.“
    Er verließ das Zimmer und bemerkte infolgedessen die außerordentliche Wirkung nicht, welche seine Worte auf den Frager hervorbrachten. Dieser starrte mit dem Ausdruck des höchsten Schreckes im erbleichten Angesicht und weit aufgerissenen Auges nach der Stelle, auf welcher der Berichterstatter gestanden hatte; kein Glied seines Körpers regte sich; keine Miene bewegte sich; er schien bei der Kunde von dem Tod der Dukatenbäuerin selbst zur Leiche geworden zu sein. So blieb er eine ganze Weile wie leblos auf einem und demselben Fleck, bis sich endlich die furchtbare Beklemmung mit einem tiefen, röchelnden Atemzuge aus der zusammengepreßten Brust rang:
    „Die Anna ist tot – der Anna läuten sie – die Anna wollen sie begraben? Nein, nein, die Anna ist nicht tot, die Anna kann nimmer sterben, die Anna darf nicht begraben werden! Ich leid' es nicht, daß ihr sie einscharrt, ich leid' es nicht! Fort, fort – ich will sie sehen; ich muß sie festhalten; ihr dürft sie mir nicht nehmen!“
    Der Schreck war verschwunden, dafür aber eine Angst über ihn gekommen, die alle seine Nerven und Sehnen anspannte und ihm den hellen Schweiß aus den Poren trieb, noch ehe seine Glieder zu irgendeiner Anstrengung gelangt waren. Er warf sich den Sack über die Schulter, griff zu den beiden Stemmhölzern und arbeitete sich mit einer Geschwindigkeit hinaus auf die Straße, um die ein vollständig Gesunder ihn hätte beneiden können; dann ging es, ohne auf die Zurufe des Wirts zu hören, in fliegender Hast an diesem vorüber und die Straße hinab, auf welcher das Geschirr des Barons in kurzem Trab bereits dahinrollte.
    Man konnte von der Höhe den Zug sehr deutlich beobachten, welcher sich von dem unteren Ende des Dorfes nach dem in der Mitte desselben befindlichen Kirchhof bewegte. Zur Beobachtung der Einzelheiten allerdings hätte man sich in größerer Nähe befinden müssen, und da gab es nicht bloß zu sehen, sondern auch zu hören, denn gar manches bedeutsame Wort flog unter den Leuten hin und zurück, welche sich zu beiden Seiten des Weges, den das Trauergeleit einschlagen mußte, aufgestellt hatten.
    Allen voran wurde nach schöner, alter Sitte das mit schwarzem Flor umhangene Kreuz getragen, hinter welchem in einzelnen

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