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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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die Wahrheit!“
    „Nun wohl, du sollst es hören, doch mußt du mir versprechen, mir nicht bös und zornig zu werden! Es wäre niemals ein Wort davon über meine Lippen gekommen, aber heute war es notwendig, dem Wiesenbauer zu beweisen, daß du nicht der Mörder bist!“
    „Ich zürne dir nicht. Erzähle und säume nicht lange!“
    „Sie ist weit fortgegangen zu einer Theatergruppe, die nicht in diese Gegend kommen konnte. Die Sehnsucht nach dir hat sie nimmer verlassen wollen, aber dein Vater hat sie nicht leiden mögen, und auch wenn er nichts gegen sie gehabt hätte, als Mörderin konnte sie doch niemals Tannenbäuerin werden. Sie hat sich viel nach dir erkundigt und auch gehört, daß du nicht Arzt geworden, sondern zu Hause geblieben bist, weil dir nun alles gleich gegolten hat. Da ist ihre Gesellschaft wo hin gekommen, wo die Pocken ausgebrochen sind; sie hat die Krankheit auch bekommen und hernach so ausgesehen, daß sie gar nicht mehr zu erkennen war. Das hat sie aber nicht geschmerzt, sondern ist ihr lieb gewesen; denn nun ist es möglich geworden, dich wiederzusehen. Zuerst hat sie sich als Magd verdingt, um die Wirtschaft zu lernen, und dann –“
    „Dann“, rief der Tannenbauer, trotz seines leidenden Zustandes in lautem Jubel, „dann bist du zu mir gezogen, hast mich gepflegt und auf den Händen getragen, hast mich vom Tiefsinn geheilt und mir den Mut zum Leben zurückgebracht. Und ich habe dich nicht erkannt, habe niemals daran gedacht, in dem Papier, das jetzt noch wohl beim Richter liegt, nach deinem vollen Namen zu schauen. Martha, komm, geh' her! Das Herz möchte mir vor großer Freude zerspringen; ich habe ja nicht vergebens an deine Liebe geglaubt, wie ich noch dachte, als ich dich dort in deiner Stube überraschte, und der Teufelsbauer – dem ist nun alles gleich, was die Leute von ihm sagen; er hat die Martha wieder und auch das Glück, das du mit von ihm nahmst!“
    Der starke Mann schluchzte vor tiefer Seligkeit. Sie lag in seinen Armen und das tränennasse, blatternarbige Gesicht an seiner Brust, die keinen Schmerz mehr fühlte; und auch der Wiesenbauer fuhr sich mit der Hand über die Augen. Es waren seit langer Zeit die ersten Tropfen, welche seinem vorher so harten Herzen entstiegen; seine zusammengezogenen Züge verschönerten sich unter dem Ausdruck der freudigen Teilnahme, welche auf ihnen lag, und mild und dringlich klang seine Bitte:
    „Friedemann, ich bitte dich noch einmal um Verzeihung! Erst jetzt erkenne ich, wie bös ich war und wie gut du gewesen bist; was ich sühnen kann, werde ich sühnen und das übrige streiche aus deinem Gedächtnisse fort! Die Leute sollen alle erfahren, ob bei dir der Drachen zu finden ist und das siebente Buch Moses. Und den Teufel, den ich dir an die Wand gemalt habe, werde ich selbst fortwischen, sobald ich wieder auf die Beine kann!“ –
    Als nach einiger Zeit die Wirtschafterin die Ruine verließ und das Wohngebäude betrat, stieg sie die Treppe empor und öffnete leise eine Tür. Auch hier gab es ein Krankenzimmer. Gustav ruhte auf dem Lager, und Kathrine war eben beschäftigt, ihm die Medizin zu reichen. Er sagte zu ihr:
    „Wie bist du doch so gut, Kathrine! Gestern hast du in der Klause gewacht, und heute willst du nicht schlafen und bleibst bei mir. Geh' doch nun zur Ruhe; ich kann dir gar nicht vergelten, was du an mir und dem Oheim tust!“
    „Sprich nimmer vom Vergelten!“ bat sie. „Wir sind so sehr in eurer Schuld, daß ich fast Angst davor bekomme. Wenn das doch auch der Vater einsehen möchte!“
    Da bog sich das freundliche Gesicht der einstigen Schauspielerin über die beiden, und ihre beruhigende Stimme sprach:
    „Er hat es eingesehen und Frieden geschlossen mit dem Oheim!“
    „Ist's wahr, Marie?“ fragte Kathrine.
    „Ja. Ich war mit dabei. Sie haben sich versöhnt, und ihr dürft euch nun ohne Sorge lieb behalten.“
    „Hat es der Vater so gesagt?“
    „Ja. Der Oheim war lange Zeit in seiner Stube, und als dieser ihn verlassen hatte, rief er mich zu sich und sagte: ‚Wenn du den Gustav und die Kathrine beisammen siehst und sie dich etwa nach meiner Meinung fragen, so erinnere sie an die Worte, die ich im Saal gesprochen habe: Du darfst nur dann an sie denken, wenn ich auch im Felsenbruch liege! Der Haß hat mich hineingeschleudert, und die Liebe hat mich daraus erlöst.‘ Das Wort ist eingetroffen, und wenn sie sich gern haben, so ist ein Teil von meiner Schuld bezahlt!“

Der Dukatenhof
Der

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