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760 Minuten Angst

760 Minuten Angst

Titel: 760 Minuten Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Schmid
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wirklich aufgeben? Wollte sie das?
    Verdammt! Ich … ich kann das nicht.
    Doch du hast gar keine andere Wahl.
    Es war, als würde ihr Gewissen direkt mit ihr kommunizieren und das Schlimmste an der ganzen Sache war, dass es recht besaß. Stella hatte tatsächlich keine Wahl. Egal wie wichtig ihr die Schmuckstücke waren, sie würde sich von ihnen trennen müssen … und zwar von allen.
    Sie schloss die Augen.
    Eine unberührte, leere Welt herrschte um sie herum und Stella konzentrierte sich allein auf ihre Atmung, die gleichmäßiger wurde. Die Ruhe kehrte in ihr Leben zurück und obwohl sie genau wusste, dass es nur von kurzer Dauer war, genoss sie den Augenblick in vollen Zügen. Sie brauchte die Erinnerung an diesen Moment. Diese würde sie beschützen.
    Mit dem Öffnen ihrer Augen schloss Stella mit ihrem alten Leben ab und betrat das Spielfeld eines Wahnsinnigen. Sie erfüllte die erste Voraussetzung und packte die Handtasche in die Schachtel. Daraufhin folgten Halskette und Ringe. Nachdem sie sich von sämtlichen persönlichen Gegenständen getrennt hatte, schloss sie den Deckel.
    »Auf Wiedersehen … Stella.«
    Es kam ihr komisch vor, mit sich selbst zu reden und dann noch in der dritten Person, aber andererseits empfand sie dieses Ritual als äußerst passend und befreiend. Für die »alte Stella« war kein Platz mehr. Es wurde Zeit für die Spielerin .
    Erneut meldete sich das fremde Handy zu Wort. Anscheinend gab es eine Erinnerungsfunktion. Sie sah auf das gelbe Handy hinab und diesmal war sie bereit, die Textnachricht zu öffnen.

    DEINE ERSTE AUFGABE, LIEBE STELLA. BEGIB DICH AUF DEM SCHNELLSTEN WEG ZURÜCK IN DEINE WOHNUNG. ALLES ANDERE WIRD FOLGEN. »C«

    Hört sich ja gar nicht so schlimm an , war Stellas erster Gedanke. Ihr zweiter würde alles auf den Kopf stellen. Warte … in meine Wohnung? Da … da ist doch …
    Angst … pure Angst.
    Sie durchfuhr ihren gesamten Körper, nistete sich ein, ließ ihr einen kalten Schauer über den Rücken laufen, der ihr eine Gänsehaut bescherte. Sie war außerstande, einen klaren Gedanken zu fassen.
    Alles in ihrem Kopf spielte verrückt. Die Ereignisse überschlugen sich, vermengten sich und wurden zu einer Traumwelt, die Chaos eine neue Dimension verlieh. Es blieb nur ein einzelner Gedanke übrig, der sich konsequent an die Spitze schlug.
    Ein einzelnes Wort … ein einzelner Name.
    Katie!

    Er hatte sich gerade noch getraut, sich auf das Sofa zu setzen, ehe er das Paket öffnete. Ben hatte Wunder geglaubt, was sich in der Schachtel befand und am Ende war es lediglich ein einfaches rotes Handy gewesen. Mehr nicht.
    Auf dem Display lief bereits ein selbstgedrehtes Video eines Friedhofbesuchs, während eine ihm bekannte Musik im Hintergrund lief. Leider konnte sich Ben beim besten Willen weder an den Titel noch an die Interpretin erinnern. Doch solche unwichtigen Überlegungen waren sowieso nichtig, kaum dass die Stimme von »C« zum ersten Mal ertönte.
    Es kam oft vor, dass sich Ben sofort über gewisse Dinge der Nachricht Gedanken machen wollte, doch nie war Zeit dafür. Diese Nachricht nahm seine gesamte Aufmerksamkeit in Anspruch und fesselte ihn regelrecht an den Bildschirm des Handys. Die Zeit selbst schien nicht mehr zu existieren. Bis zum Ende.
    »Mein Handy ist alles, was ihr ab jetzt noch bei euch tragen werdet. Ich hoffe, ihr habt verstanden. Sonst …«
    Seine letzten Worte brannten sich in Bens Gehirn und er war so froh darüber, dass »C« den Satz nicht zu Ende führte. Er wollte gar nicht wissen, wie die Konsequenzen aussahen.
    Ben legte die beigefarbene Schachtel zur Seite, rutschte auf dem Sofa bis ganz nach hinten und schmiegte sich tief in die weiche Rückenlehne. Er musste sich erst mal über ein paar Dinge klar werden.
    Obwohl er sich schnell damit abgefunden hatte, dass die Sache kein Streich war und seine Mama tatsächlich in Gefahr schwebte, stand immer noch außer Frage, dass ihn die Gesamtsituation überforderte.
    Er war noch nie zu Hohem berufen gewesen. Ben wollte es auch gar nicht. Es reichte ihm vollkommen, von der Gesellschaft und seinem näheren Umfeld akzeptiert und gemocht zu werden. Was machte es schon, dass er geistig nicht der Hellste war? Ein Trottel war er deswegen noch lange nicht. Er konnte ganz gut für sich selbst sorgen.
    Es stimmte schon, dass ihn seine Mama bei vielen Dingen unterstützt und immer hinter ihm gestanden war, aber nun, da auch sie mit zunehmendem Alter hilfsbedürftiger wurde, lag es an Ben, sich

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