760 Minuten Angst
Niemand außer … außer meiner Mama natürlich! Verdammt!
Ben war außer sich. Er wollte schreien, etwas zerschlagen, egal was, Hauptsache, er tat etwas.
Wie wäre es dann, wenn du meinen Auftrag ausführen würdest?
Sein Gewissen mit der Stimme von »C« meldete sich in seinem Kopf und prompt hörte Ben auf, sich über alles Gedanken zu machen. Immer nur denken, brachte ihn auch nicht weiter. Er musste endlich handeln!
Und schon klingelte es. Ben konnte sich nicht einmal erinnern, tatsächlich auf das weiße, rechteckige Plättchen gedrückt zu haben. Egal. Er hätte es sowieso tun müssen und wenn nicht jetzt, wann dann?
Die Tür schwang auf und sie stand auf der Schwelle. Frau Schwaiger. Ihren Vornamen kannte Ben nicht. Wen interessierte schon ihr Vorname, wenn er sich mit einem so schönen Nachnamen begnügen konnte? Schwaiger. Schwaiger. Der Name schwang in seinem Kopf hin und her wie ein Musikstück, das einem Ohrwurm glich.
Soviel wusste er über Frau Schwaiger. Sie war Anfang Dreißig, sah aber jünger aus. Sie war verheiratet gewesen mit einem Arschloch, der sie verprügelt hatte, wann immer er Lust dazu verspürte. Auf jeden Fall ein Arschloch. Vor drei Jahren hatten sie sich getrennt. Seither wohnte sie hier. Allein. Er hatte noch nie einen Freund bei ihr gesehen und sie hatte auch nie einen erwähnt.
Was gab es noch zu sagen?
Sie war hübsch … wirklich hübsch. Eine Figur wie eine Göttin, zumindest in Bens Augen. Langes gewelltes, braunes und volles Haar, das sie oft und gerne lasziv nach hinten warf, ohne es zu beabsichtigen. Und ihre Brüste … oh Mann … ihre Brüste. Wie oft hatte er sie bereits angestarrt und wie oft hatte er daraufhin beschämt seinen Kopf abgewandt, als er Frau Schwaigers Blick bemerkte? Viel, viel zu oft. Aber er konnte nicht anders.
»Herr Koch«, sprach Frau Schwaiger verwirrt seinen Namen aus und riss Ben regelrecht aus seinem Tagtraum.
Ihn hätte es nicht gewundert, wenn ihm Speichel über die Lippen gelaufen wäre, so wie er Frau Schwaiger gerade anstarrte. Was hatte er sich nur dabei gedacht?! Er war so ein riesengroßer Vollidiot!
»Frau … Frau … Frau Sch … Sch … Schwa …«
Ben brachte lediglich ein Stotterwirrwarr heraus. Er schämte sich in Grund und Boden. So war es bei ihm immer, wenn er sich mit Frauen unterhalten wollte, bei denen er mehr verspürte. Nur wenn es um die Arbeit ging, fiel es ihm leichter. Aber was half das jetzt?
»Ist etwas mit der Wohnung nicht in Ordnung?«, war Frau Schwaigers erste Frage. Dann folgte die zweite. »Herr Koch, geht es Ihnen nicht gut?«
Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn und ließen sie glänzen. Er fühlte sich sichtlich unwohl in seiner Haut und das bei Frau Schwaiger ! Sie war eine der wenigen Personen, die ihn per Sie ansprachen. Die meisten Menschen, die er als Hausmeister in der Wohnanlage betreute, nannten ihn lediglich Benni. Der kleine, etwas einfältige Benni. Dabei taten sie immer so, als würde er nicht verstehen, wie sie auf ihn herabsahen. Er hasste sie dafür! Er war schließlich auch ein Mensch mit Gefühlen wie jeder andere auch.
Doch Ben schweifte ab und Frau Schwaiger wurde das Schweigen zusehends unangenehmer. Er musste etwas unternehmen. Jetzt gleich!
»Nein … ich meine … doch«, Ben konnte sein Stottern nicht unterdrücken. »Ich dachte, Sie hätten nach einem Hausmeister verlangt, Frau Schwaiger?«
Ben konnte einiges, aber lügen gehörte eindeutig nicht dazu. Frau Schwaiger sah ihn immer noch fragend an, ihr Kopf hatte bereits eine leichte Schieflage eingenommen.
»Nein, Herr Koch, nicht dass ich wüsste. Weswegen denn?«
Das war seine Chance. Er musste es versuchen.
All seinen Mut zusammennehmend öffnete Ben seinen Mund und sagte: »Um Ihnen bei einem kleinen Problem behilflich zu sein. Bei etwas, das wohl schon etwas länger zurückliegt.«
Oh mein Gott, hört sich das bescheuert an. Was habe ich da bloß wieder gesagt? Ich bin so blöd!
»Ich … ich verstehe nicht, was Sie meinen, Herr Koch.«
Nun war es Frau Schwaiger, die ein wenig ins Stottern geriet. Was war nur los mit Herrn Koch? Er war doch sonst nicht so.
»Aber kommen Sie erst mal rein. Da lässt es sich leichter reden. Finden Sie nicht auch?«
Ben nickte viel zu schnell und aufgeregt. Er war noch immer beschämt über das, was er gerade gesagt hatte.
Dummkopf. Dummkopf. Du elender Dummkopf!
»G … gerne.«
Wenn diese Unterhaltung eine Auszeichnung verdient hatte, dann für die beste
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