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760 Minuten Angst

760 Minuten Angst

Titel: 760 Minuten Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Schmid
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Schwaiger nur soweit bringen, mit ihm zu schlafen, damit er den ersten Teil der Aufgabe hinter sich brachte, doch nun, da sie seine Gefühle angesprochen hatte, war alles zu Ende.
    Sein Körper hatte den Ausknopf betätigt und das System war vollständig herunterfahren. Nichts ging mehr. Rien ne va plus . Er hatte das Spiel verloren.
    »Aber, Herr Koch, das muss Ihnen doch nicht peinlich sein.«
    In Frau Schwaigers Stimme schwang nun ehrliches Mitgefühl mit. Machte er etwa diesen Eindruck? War er das für sie? Ein Schwächling von einem Mann?
    »Nein, nein, so ist das nicht!«
    Ben hatte gar nicht bemerkt, dass seine Stimme sich in ein Brüllen verwandelt hatte. Sofort zügelte er seinen Laut, als er merkte, wie Frau Schwaiger ängstlich zurückwich.
    »Tut mir leid … ich wollte nicht unhöflich sein, es ist nur … ich wollte es richtig stellen. Es geht mir nur um Sex.«
    »Wie bitte?!« Nun war es Frau Schwaiger, die laut wurde. Ziemlich laut.
    Super, Benni. Einfach klasse! Du bist wirklich der Obertrottel schlecht hin. Was hast du nun wieder angerichtet?
    »Oh Gott, Frau Schwaiger, es tut mir leid. So meinte ich das doch nicht. Ich wollte nur …«
    Ben stoppte. Es war zu spät. Er hatte verloren, vollkommen, wenn auch nicht so, wie er erwartet hatte. Frau Schwaiger reagierte auch nicht mehr so, wie er erwartet hatte. Ganz im Gegenteil.
    Sie lachte!
    Ihr schrilles, lautes Gelächter hallte in dem gemütlichen Wohnzimmer wider, das für Ben zu einer Stätte der Hölle transmutierte. Er konnte einfach nicht fassen, was gerade geschah. Wie hatte sich die Lage bloß in eine solche Richtung entwickeln können?
    »Bitte, Frau Schwaiger … hören Sie auf«, flehte Ben sie an.
    Seine Stimme war dabei um zwei Oktaven angestiegen. Es fehlte augenscheinlich nicht mehr viel und er würde anfangen zu heulen.
    »Oh, Benni «, sagte Frau Schwaiger, ohne mit dem Lachen aufzuhören. »Du … du bist wirklich süß.« Sie lachte immer noch. »Also ob ich … mit dir …« Sie lachte. »Ich meine, du und ich.« Und lachte. »Ach Benni.« Und lachte.
    Dann brach es aus Ben heraus.
    Jedes einzelne Lachen aus Frau Schwaigers Mund war für ihn ein Stich ins Herz. Jede neue Wunde schmerzte, ohne zu heilen, bis sein Schmerzzentrum mit der Flut an Qual nicht mehr zurechtkam und einen neuen Knopf betätigte.
    Das Wort, das darauf geschrieben stand, war Raserei.
    »Aufhören!«, brüllte Ben lauthals. »Sofort aufhören!«
    Frau Schwaiger gehorchte unbeabsichtigt. Aus Belustigung war Angst geworden. Sie wich abermals von Ben zurück.
    »Wie kannst du nur … warum lachst du mich aus! Du bist genau wie die Anderen!«
    Es sprudelte regelrecht aus ihm heraus. Sämtliche Höflichkeiten und Umgangsformen waren verloren. Frau Schwaiger hatte sein Herz gebrochen, jetzt würde er …
    »Du bist nicht besser! Ich habe dich immer bewundert, vom ersten Tag an. Du hast nie auf mich herabgesehen, mich immer mit Sie angeredet und nicht nur den dummen Benni in mir gesehen … zumindest dachte ich das. Doch jetzt muss ich sehen, dass du genauso bist wie die anderen!«
    Das ungute Gefühl, dass Frau Schwaiger vor kurzem noch verspürt hatte, war nun zur absoluten Gewissheit geworden. Herr Koch war nicht mehr er selbst und sie befand sich in ernsten Schwierigkeiten. Diese beiden Tatsachen rasten ihr unaufhörlich durch den Kopf. Sie musste etwas unternehmen!
    »Nein, Benni, nein, so ist das nicht«, versuchte sie ihn zu beschwichtigen. »Tut mir leid, dass ich gelacht habe, es ist nur, dass … dass ich einfach zu überrascht war, dass du … dass du etwas von mir willst. Verstehst du das?«
    »Meinst du das ernst?«
    Es schien zu wirken. Nicht viel, aber zumindest ein wenig. Bens Stimme wurde ruhiger. Sein Herz schlug nicht mehr wie ein Boxsack, der von einem Kämpfer im Sekundentakt verprügelt wurde.
    »Du hast mich also nicht ausgelacht?«
    »Nein, natürlich nicht.«
    Er sah sie mit seinen mitleidserregenden Augen an und Frau Schwaiger konnte nicht anders, als sich abzuwenden. Sie konnte den Blick nicht ertragen. Ein Fehler, den sie gleich bereuen würde.
    Ben fasste diese Geste nämlich als Abscheu auf.
    »Du lügst!«, brüllte er. »Du sagst das doch nur, um mich zu beruhigen, doch das lasse ich nicht zu!«
    Er sprang vom Sofa auf und machte einen großen Schritt auf Frau Schwaiger zu. Nur zwei Sekunden später verließ auch sie ihren Sitzplatz und wich zurück. Einen Schritt nach dem anderen, bis Ben auf sie zustürmte.
    »Nein! So nicht!«
    Sie

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