760 Minuten Angst
seiner Welt verbannen. Er war außer sich vor Wut, unfähig, einen klaren Kopf zu bekommen.
Er warf das Handy auf den Beifahrersitz. Dann startete er den Motor erneut und fuhr los. Während der Fahrt musste er angestrengt darüber nachdenken, wo die nächste Polizeidienststelle war. Ihm fiel nur die Polizeiinspektion 1 im Minoritenweg ein. Er hatte endgültig die Schnauze voll. »C« würde sich bald wundern, wenn er die Polizei im Nacken hatte. Jake musste breit grinsen. Es hatte diesmal mehr als nur eine Spur von Wahnsinn. Wesentlich mehr.
Doch Jake registrierte nichts davon. Er war zu sehr damit beschäftigt, den Weg im Auge zu behalten. In Gedanken spielte er bereits die Szene durch, die ihn dort erwarten würde und irgendwie hatte er keine Ahnung, wo er anfangen sollte.
»C« war einerseits so nah und anderseits so fern und unantastbar, dass er gar nicht sagen konnte, ob die Polizei wirklich etwas gegen ihn auszurichten vermochte. Alles wirkte von »C« vollkommen durchstrukturiert und bis ins kleinste Detail geplant. War es da nicht möglich, dass er auch diesen Fehltritt mit einkalkuliert hatte? Und wenn ja, wie würde seine Konsequenz daraus aussehen?
Es war ein ewiger Teufelskreis. Egal wie oft er sich auch für diese Sache entschied, genauso oft kam er wieder zurück zu dem Punkt, wo er alles in Frage stellte. »C« mochte ein Psychopath sein, aber er war eine hochintelligente Ausgabe davon. Doch trotz aller Zweifel, wie viele es auch sein mochten, hatte Jake sich für diesen Weg entschieden und er würde nicht mehr umkehren. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Jake hatte keine Ahnung, wie lange er tatsächlich gefahren war. Sein Gefühl sagte ihm eine halbe Stunde, doch sein Verstand weniger. Natürlich hätte er lediglich auf seine Armbanduhr sehen müssen, nur wollte er es nicht. Zeit hatte für ihn an Bedeutung verloren, obwohl sie gerade in diesem Spiel unverzichtbar war. Nur hatte sich Jake gegen die Schnitzeljagd entschieden.
»C« kann mich mal , dachte er und bog in den Minoritenweg ein. Die Polizeiinspektion 1 samt ihren grünen Dienstwagen ragte zu seiner Linken auf und somit musste Jake nur noch einen geeigneten Parkplatz finden. Der Motor verstummte und Jake ließ sich kurz in den Fahrersitz zurückfallen, um abermals in seiner Gedankenwelt zu versinken.
Dann ist es das also? Ich steige aus, gehe hinein und erzähle alles dem nächstbesten Polizisten, was ich in der letzten Stunde durchgemacht habe? Wird er mir glauben? Wird er mir helfen? Kann er mir überhaupt helfen? Meine Güte, ich hab echt keine Ahnung, was ich hier eigentlich mache. Ob ich überhaupt das Richtige tue?
Da war er wieder … gefangen im Teufelskreis der Schnitzeljagd. Jake lachte auf, verlor endgültig den Verstand und lachte … lachte … lachte. Es war das Gelächter eines Verrückten. Ich verliere den Verstand , dachte er noch, ignorierte aber den Impuls, damit aufzuhören. Er genoss es viel zu sehr, da es Freiheit entsprach. Etwas, das er geglaubt hatte, bereits verloren zu haben.
Und dann brachte ihn ein einzelnes Geräusch zurück in die Realität. Es war der Klingelton von »Cs« Handy. Das Blau vibrierte und jammerte auf dem Sitz neben ihm, darauf wartend, in die Hand genommen und erlöst zu werden. Jake tat ihm den Gefallen. Warum auch immer.
Er drückte den grünen Hörer und legte das blaue Handy an sein rechtes Ohr, sagte jedoch nichts. Er überließ »C« den ersten Schritt. Er würde Jakes Atmung schon wahrnehmen.
»Zur Vernunft gekommen, lieber Jakob?«
»Nennen Sie mich nicht so«, beschimpfte er »C«, den diese Reaktion kalt ließ.
»Also nicht«, stellte er fest. »Ich wollte dir auch nur mitteilen, dass ich deine Handlung als einen Regelverstoß gehandhabt habe.«
»Welch Überraschung«, sagte Jake sarkastisch.
»Du solltest nicht so herablassend sein. Ich schätze diese Charaktereigenschaft überhaupt nicht und ich glaube, deine Familie ebenso wenig.«
»Sie …«, fing Jake an, wurde jedoch sofort unterbrochen.
» Sie , Jakob, sind bei mir, aber nicht mehr lange. Der Wagen steht bereit und die kleine Mira schläft bereits seelenruhig auf dem Beifahrersitz.«
»Ich sagte bereits …« Er wurde abermals unterbrochen.
»Willst du vielleicht noch kurz mit deiner Frau Leila sprechen, bevor wir uns auf die Reise begeben?«
Jetzt schwieg er. Jedes Wort blieb Jake im Halse stecken, bevor er es überhaupt aussprechen konnte. »C« hatte ihn ein weiteres Mal unter Kontrolle und Jake konnte nichts
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