760 Minuten Angst
freuten, ihre neuerspähte Beute genüsslich zu zerlegen und zu verspeisen. Sein Gedanke war von der Wahrheit nicht so weit entfernt, wie er annahm. Ihm kam ein Lachen aus, während er weiter in seinen Gedanken versank.
Ich wusste ja, dass »C« einen Schatten hat, aber was er jetzt von mir verlangt, kann doch nicht sein Ernst sein? Ich soll mich von diesen Schwachmatten verprügeln lassen? Und dann auch noch seelenruhig dabei zusehen? Der spinnt doch!
»Auf diesen Moment warte ich schon lange«, meldete sich der Anführer zu Wort. »Nie hätte ich geglaubt, dich nochmal wiederzusehen, du Wichser.«
Endlich zeigte er sein wahres Gesicht und versprühte seine eigenen, primitiven Worte. Das war der Anführer, so wie er sich ihn vorgestellt hatte … und wie er ihn kannte. Jetzt konnte er sich nämlich erinnern.
Nun grinste auch Rick.
»Hat dir die letzte Abreibung denn nicht gereicht, Hirni?«
»Du …«, drohte der Anführer mit einem Wort und einer Faust.
Nun mischten sich auch Ernie und Bert ein. Ja, Rick hatte sich entschlossen, Links und Rechts diese Beinamen zu verpassen. Allein bei dem Gedanken entwickelte sich auf seinem Gesicht ein noch breiteres Lächeln. Langsam war kein Unterschied mehr zwischen dem Trio und Rick auszumachen.
»Also erinnerst du dich an uns?«, stellte Ernie die Feststellung als Frage.
Erneut ein Beispiel ihrer minderen geistigen Kapazität. Womit hatte »C« ihn nur gestraft?
»Machen wir ihn fertig«, forderte Bert die Gruppe auf. »Ich habe keine Lust mehr zu quatschen.«
»Kommt nur. Ihr wisst ganz genau, wie es das letzte Mal gelaufen ist.«
Rick auf jeden Fall.
Es war vor etwa drei oder vier Monaten gewesen. Nach seinem Besuch in einer Regensburger Diskothek hatte er den Eingangsbereich verlassen und war auf dem Parkplatz um die Ecke gebogen. Die Türsteher konnten ihn nicht mehr sehen und genau deswegen erwarteten ihn diese drei Vollidioten.
Sie waren ihm bereits in der Diskothek über den Weg gelaufen. Der Mann, den Rick Anführer getauft hatte, hatte ihn unbewusst angerempelt und dabei sein eigenes Getränk übers T-Shirt geschüttet. Betrunken und dumm wie er war, hatte er sofort einen Streit angefangen. Rick wollte gerade zum ersten und entscheidenden Schlag ausholen, als ein Türsteher vorbeikam und sich der Sache annahm.
Zu fünft haben sie das Trio abgeführt und nun standen sie hier drei Stunden später auf dem Parkplatz und wollten nichts anderes, als mit Rick dort weitermachen, wo sie in der Diskothek aufgehört hatten. Ihm war es nur recht. Dieser Großkotz hatte eine Abreibung verdient. Und so kam es dann auch.
Natürlich hatte Rick den Vorteil gehabt, dass er im Gegensatz zum Trio fast nüchtern war, aber selbst wenn sie allesamt keinen Tropfen Alkohol getrunken hätten, und da war sich Rick mehr als sicher, wäre er als Sieger hervorgegangen. So wie an diesem Tag auch.
Nachdem er Ernie und Bert zu Boden geprügelt und dem Anführer die Nase gebrochen hatte, war Rick mit blutigen Knöcheln an der rechten Hand Richtung Auto spaziert und hatte das Trio seither nie wieder gesehen. Bis heute … bis jetzt.
»Diesmal läuft es anders«, brüllte Bert. »Diesmal sind wir nüchtern!«
»Und du darfst dich nicht wehren«, setzte Ernie noch eins drauf.
Rick hatte diese Tatsache völlig vergessen. Das Trio bemerkte seine Überraschung sofort.
»Na, schon wieder vergessen, Matschbirne?«, sagte der Anführer und trat dabei einen großen Schritt näher an Rick heran. »Solltest besser lesen lernen.«
Wie auf Stichwort fing das Trio Hinterwäldler erneut an zu lachen. Die Hyänen waren zurück und es dürstete sie nach frischem Blut. Ricks Blut!
Bevor dieser mit einer weiteren Aussage seinerseits reagieren konnte, kassierte er bereits den ersten Schlag. Der Kinnhaken des Anführers saß perfekt und besaß eine solche Wucht, dass Rick gegen die Lehne des Sofas geschleudert wurde.
Er wollte sich aufrappeln, umdrehen, zurückschlagen, obwohl es ihm verboten war, doch er bekam nicht einmal die Chance, es überhaupt zu versuchen. Der Anführer drückte seinen Kopf nach unten, tiefer in den Stoffbezug seines Sofas, während Bert ihm die Klinge eines Klappmessers an die Kehle hielt. Er musste es gerade erst gezogen haben. Rick spürte deutlich den Druck von beiden Seiten.
»Na, wer ist jetzt der Schlappschwanz, na … na?«
Der Druck von Berts Klinge wurde immer gefährlicher. Er konnte bereits einen kleinen Einschnitt spüren. Das feine Rinnsal Blut sah er jedoch
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