760 Minuten Angst
daraufhin im Wohnzimmer wieder. Zumindest ging sie davon aus, obwohl gerademal ein alter Sessel und ein Holzregal den Raum zierten. Mehr schienen die alten Besitzer nicht zurückgelassen zu haben.
Nachdem sie keinen Hinweis ausfindig machen konnte, ging Stella den Weg zurück und öffnete die Tür zu ihrer Rechten. Sie fand lediglich ein einfaches Gäste-WC vor, weshalb sie zurück im Gang nach links abbog, um die letzte Tür zu öffnen.
Beim Raum dahinter handelte es sich um die Küche des Einfamilienhauses. Auch hier war nur die Einbauküche ohne Utensilien zurückgeblieben. Stella suchte fieberhaft nach einer Postkarte oder einem anderen Symbol von »C«, doch hier hatte der Psychopath nichts deponiert.
Die Suche ging daher im zweiten Stock weiter. Eine Wendeltreppe führte Stella nach oben in einen weiteren, wenngleich wesentlich kleineren Flur. Eine Tür befand sich direkt vor ihr, eine andere auf der rechten Seite. Sie entschloss sich zuerst für die Fronttür, die ins Schlafzimmer führte.
Auch hier beruhte die Einschätzung lediglich auf Vermutungen, denn der Raum war vollkommen leer. Lediglich Druckstellen im Teppichboden wiesen stark auf ein Ehebett und zwei große Kleiderschränke hin. Doch ein Hinweis seitens »C« war nicht in Sicht und langsam fragte sich Stella, ob sie wirklich im richtigen Haus war.
Doch konnte es überhaupt ein anderes sein? Schließlich war das der Nonnenplatz, an der Haustür befand sich ein Stern und die Haustür war nicht verschlossen gewesen, was auch bei verlassenen Häusern ziemlich ungewöhnlich war. Es konnte daher nur der Ort ihrer zweiten Prüfung sein.
Oder doch nicht?
Große Zweifel überfielen sie und eigentlich hätte sie sich lieber auf den schmutzigen Teppichboden gelegt und zusammengekauert, als diese teuflische Schnitzeljagd weiterzuspielen. Doch noch bevor Stella einen Schritt tun konnte, drang ihre geliebte Omi in ihre Gedanken ein und animierte sie zum Voranschreiten. Sie hatte keine Wahl. Sie würde nie wieder eine haben.
Und mit diesen hoffnungslosen Worten im Kopf öffnete Stella die letzte Tür des Hauses und betrat das Badezimmer. Es war weiß gefliest, besaß eine Badewanne, eine Dusche, ein Waschbecken, eine Schüssel darin, eine Postkarte und einen Badschrank, sowie …
Doch weiter kam sie nicht.
Noch während ihre Augen den Raum sondierten und die Informationen an ihr Gehirn weiterleiteten, durchschnitt Stella diesen Prozess und schwenkte zurück zum Waschbecken, der darin enthaltenen Schüssel und vor allem der beigefarbenen Postkarte, die neben dem Wasserhahn platziert war. Stella erkannte eindeutig die Handschrift von »C«, wie er ihren Namen darauf verewigt hatte. STELLA.
Endlich. Endlich war sie am Ziel angekommen … doch war das wirklich ein Grund zur Freude?
Natürlich hatte Stella gewusst, worauf sie sich eingelassen hatte und dass dieser Prozess nur dazu diente, sie zu ihrer zweiten Prüfung zu führen. Doch nun, wo sie an dem Punkt angelangt war und wusste , dass sie vermutlich ein weiteres Mal Schmerzen erleiden würde, war es eine ganz andere Sache. Es wurde real !
Bis jetzt hatte sich Stella Illusionen hingegeben, doch nun lag die Nachricht vor ihr und somit auch die unumstößliche Wahrheit über das, was sie gleich ereilen würde. Obwohl ihr das Herz bis zum Hals schlug, griff Stella nach der Postkarte und drehte sie herum.
Liebe Stella,
Willkommen zu deiner zweiten Prüfung.
Auch diesmal ist alles ganz einfach. Siehst du die Schüssel, die extra auf dich im Waschbecken wartet? Du musst nur dein Gesicht in die Flüssigkeit tauchen und schon bist du einen weiteren Schritt näher bei deiner Oma.
Viel Glück, »C«
Kaum hatte Stella den letzten Satz abgelesen, entglitt ihr die Postkarte und landete seelenruhig auf dem weißen Fliesenboden. Sämtliche Kraft hatte ihren Körper verlassen.
Mit so wenigen Worten hatte »C« es geschafft, ihren Körper allein durch die Quälerei ihrer Seele vollends aus dem Gleichgewicht zu bringen. Nur ihr Kopf schien auf Hochtouren zu laufen, denn noch während sie die Worte der Postkarte abgelesen hatte, hatte ihr Gehirn bereits die kleinen Andeutungen wahrgenommen, die sie nun nicht mehr losließen.
Wie schon bei der letzten Nachricht hörte sich die Aufgabe zuerst sehr leicht an, doch die Zerstörung ihrer Wohnung hatte ihr das Gegenteil bewiesen und so war sich Stella ziemlich sicher, dass auch diesmal die Prüfung einen Haken besaß.
Doch welchen? Was hat »C« diesmal mit mir
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