760 Minuten Angst
hatte er Mira … und ich konnte ihn einfach nicht …«
»Schon gut … schon gut …«
Jake nahm seine Frau in die Arme, wie diese es zuvor bei ihrer Tochter getan hatte und versuchte sie zu beruhigen. Nur konnte Leila nicht aufhören zu weinen. Zu tief saß der Schock der vergangenen Stunden. Eine Wunde, die womöglich nie mehr heilen würde.
»Jetzt bin ich ja da. Das wird schon wieder. Vertrau mir. Ich bring uns hier raus.«
»Aber … aber was ist denn eigentlich los?«
Ihm war, als hätte er einen Kloß im Hals, der es ihm unmöglich machte, auch nur ein weiteres Wort herauszubekommen. Wie zum Teufel sollte Jake seiner Frau und vor allem seiner Tochter klarmachen, was gerade mit ihnen passierte? Wie brachte man seiner Familie bei, dass sie Teil einer bizarren Schnitzeljagd waren? Wo sollte er anfangen?
»Also ich … wir sind … nun …«
Er unterbrach sein Stottern und versuchte es nach wenigen Sekunden noch einmal in aller Ruhe, nachdem er die Umarmung zu seiner Frau gelockert hatte. Er brauchte ein wenig Abstand, um wirklich mit ihr über diese heikle Situation sprechen zu können.
»Weißt du … Schatz … um ehrlich zu sein … also, es ist so … dass … dass wir …«
»Vielleicht sollte ich diesen Teil übernehmen«, mischte sich eine andere Stimme ein, die allen Anwesenden bekannt war.
»C!«, platzte es Jake heraus.
»Diese … diese Stimme … dieser Mann … dieser Mann hat uns entführt! Er hat mich an den Stuhl gefesselt und mir diese Spritze in den Hals gestochen und …«
»Vielleicht solltest du deine Frau beruhigen, Jakob. Oder was meinst du?«, fragte »C« gewohnt gelassen.
»Sei ruhig!«, brüllte Leila außer sich. »Du Monster! Du hast uns entführt, gequält und …«
»Oh, Leila, du hast gar keine Ahnung, was das Wort gequält wirklich bedeutet.«
Jake war so, als würde er ein kurzes Lachen aus den Lautsprechern vernehmen.
»Doch lassen wir das«, sprach »C« unbehelligt weiter. »Ich finde, Jakob, ich habe dir nun genug friedliche Zeit mit deiner Familie gelassen. Es wird Zeit, dass wir zur zweiten Prüfung kommen.«
»Prüfung? Was für eine Prüfung?«, sagte Leila und sah dabei verwirrt zu ihrem Mann. »Was hat das alles zu bedeuten, Jake?«
»Oh, entschuldigt bitte, schließlich habe ich mich ja angeboten, eine Erklärung abzugeben. Nun denn …«
Ein kurzes Rauschen drang aus dem einfachen Lautsprecher, ehe sich »C« erneut zu Wort meldete.
»Ihr seid alle Teil meiner Schnitzeljagd. Jakob weiß bereits, was auf dem Spiel steht und wie der Hauptpreis am Ende aussieht. Ihr müsst nur eines wissen. Es gibt insgesamt drei Prüfungen, welche der Spieler, in diesem Fall Jakob, bestehen muss.
Leider hat sich Jakob dazu entschlossen, die erste Prüfung zu überspringen, wodurch ich nun gezwungen bin, Prüfung Nummer Zwei schwieriger zu gestalten. Und es wird dich vielleicht freuen, liebe Leila, dass ihr beide nun Bestandteil davon seid.«
»Bestandteil von was?«, fragte Leila gereizt.
»Jakobs zweiter Prüfung, liebe Leila.«
»Nenn mich nicht Liebes!«, brüllte sie.
»Ich muss zugeben, Jakob, deine Frau passt perfekt zu dir. Genauso aufbrausend und dumm. Schon einmal davon gehört, dass man seinen Entführer nicht reizen sollte?«
Leila schluckte.
Der letzte Satz schien ins Schwarze zu treffen. Vor allem Jake war froh, dass sich seine Frau endlich zurückhielt. Wenn er in letzter Zeit eines gelernt und begriffen hatte, dann die Tatsache, dass »C« sehr auf seine Regeln bedacht war und man ihn nicht allzu sehr reizen sollte.
»Mama … ich habe Angst.«
Es war Mira, die in Tränen diese wenigen Worte sprach. Das ganze Gespräch über hatte sie sich im Hintergrund gehalten, doch nun schien die Furcht sie übermannt zu haben, wodurch nur noch eine schützende Umarmung ihrer Mutter half.
»Pscht … pscht … alles in Ordnung, Liebes. Alles in Ordnung.«
Immer tiefer verkroch sich Mira im Körper ihrer Mutter und genoss die warmen Arme, die sie sanft umschlossen. Ihre besinnliche Stimme und die tröstenden Worte taten ihr Übriges.
»Nun gut«, mischte sich »C« ein. »Ich glaube, es wurde alles gesagt. Kommen wir daher zur zweiten Prüfung. Die Anweisung befindet sich in dem Karton hinter euch. Sobald ihr sie gelesen habt, bleiben euch maximal fünf Minuten für die Entscheidung. Viel Glück.«
Und mit diesen Worten verabschiedete sich »C« und überließ die junge Familie ihrem Schicksal. Er hatte alles gesagt, was es zu sagen gab, nun lag es
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