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77 Tage

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Titel: 77 Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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vögeln, wenn er nicht mindestens mit einem Diamantring nach Hause kommt. Erklärten wir nach der ersten Flasche. Nie würden wir ein Gespräch über Durchfall bei Kleinkindern führen. Beschlossen wir bei der zweiten. Und bei der dritten Flasche entschieden wir, auch die vierte noch zu öffnen.
    Dann wurde mir schlecht. Ich fand, es war an der Zeit, ein Taxi zu rufen.
    Als ich ging, war Dieter immer noch nicht aufgetaucht.
    Mario hingegen wartete schon. Mit einem zweihunderter Puls.
    Ich hatte ihm einen Zettel hingelegt. Die Mitteilung: Sina hat Geburtstag. Bin um spätestens 23 Uhr zurück.
    Um kurz vor eins hielt das Taxi vor unserem Gartentor.
    Mario hasst Unpünktlichkeit. Ich weiß das. Aber ich bin nicht bereit, etwas zu ändern. Irgendwie süß, dass er sich Sorgen macht. Klar. Doch das ist kein Grund, sich bei jeder Verspätung derartig aufzuregen.
    Konzentriert versuchte ich, mit dem Schlüssel das Schloss unserer Haustür zu treffen. Da hatte ich noch die vage Hoffnung, Mario wäre vor dem Fernseher eingeschlafen.
    Doch als ich die Tür öffnete, hörte ich ihn bereits schimpfen.
    Ich drückte die Tür hinter mir zu. Einen Moment lang wünschte ich mich in die kleine Zwei-Zimmer-Mietwohnung zurück. Wo sich die Nachbarn beschwert hatten, wenn man in der Badewanne sang. Dort hatte Mario seine Stimme stets gedämpft. Aus Rücksicht auf die Mitbewohner. Zu Nachbarn ist Mario ausgesprochen höflich. Und zu Kunden. Und zu älteren Damen im Bus.
    Zu Vorgesetzten und Untergebenen nicht immer. Und zu seiner Frau auch nicht.
    »Du sollst anrufen, wenn es später wird! Wie oft habe ich dir das schon gesagt?«
    Er stand vom Sofa auf. Ich hörte es. Seine Schritte näherten sich. Ich musste mich an der Wand abstützen. Der Flur drehte sich. Der Rotwein erschwerte das freie Stehen erheblich.
    »Spinnst du völlig? Es ist mitten in der Woche! Du musst morgen arbeiten und lässt dich wieder volllaufen!«
    »Ist doch mein dicker Schädel und nicht deiner«, verteidigte ich mich.
    Mir war schwindelig. Ich war müde. Und ich musste in vier Stunden zum Dienst. Ich hatte keine Lust, noch zwei Stunden davon mit Mario zu streiten. Ich wollte ins Bett.
    Dummerweise dauern unsere Streits länger und länger, je mehr ich widerspreche.
    »Es ist jedes Mal das Gleiche, wenn du mit deinen Weibern weggehst! Nächstes Mal bleibst du zu Hause, kapiert?«
    »Sina hat Geburtstag!«
    »Und jeder, der nicht so saublöd ist wie ihr, feiert das am Wochenende.«
    »Wir haben uns eben verquatscht.«
    »Kann denn auch Sina nicht die Uhr lesen? Bei dir wundert es mich ja gar nicht mehr.«
    »Ich kann selbst entscheiden, wann ich nach Hause komme!« Ich lallte. Ein bisschen.
    »Anscheinend nicht, sonst wärst du nicht vollstramm!«
    Ich versuchte, mich an ihm vorbei in Richtung Treppe zu drängeln. Er erwischte meinen Arm. Drückte mich gegen die Wand.
    Augenblicklich stiegen mir Tränen in die Augen.
    »Und fang nicht wieder an zu heulen! Du tust ja, als hätte ich dir schon mal eine geballert! Dabei sollte ich dir echt mal die Fresse polieren, damit du’s checkst! Ich hasse besoffene Weiber, das ist so was von ekelhaft! Ich schlaf heute lieber auf dem Sofa!«
    Mit einem Ruck ließ er meinen Arm wieder los.
    Hastig rannte ich die Treppe hinauf. Ins Bad. Ich schloss mich ein. Mit dem Rücken an die Wand gelehnt blieb ich stehen. Wartete. Bis die weißen Fliesen aufhörten, sich zu drehen.
    Draußen stampfte Mario die Treppe herauf. Und wenig später wieder hinunter. Ein schleifendes Geräusch. Seine Bettdecke, die er hinter sich her zog.
    Die Tränen liefen mir immer noch übers Gesicht. Wenn ich getrunken habe, heule ich schneller als sonst. Noch schneller.
    Ich hasse es, wenn Mario sich so aufspielt.
    Ich wartete weiter. Bis alles still war. Dann schlich ich ins Schlafzimmer hinüber. Griff nach meiner eigenen Bettdecke. Heute war Mario wirklich sauer. Da fielen ihm manchmal noch nach zehn Minuten Dinge ein. Dinge, die ihn schon seit Monaten ärgerten. Irgendein Fussel. Der irgendwo an der Wand klebte. Der ihn genau in diesem Moment wieder störte.
    Hastig zerrte ich meine Bettdecke in den Flur. Am Türrahmen blieb der Stoff hängen. Ich polterte mit der Schulter gegen die Wand. Hielt kurz den Atem. Wartete. Doch auf der Treppe hörte ich nichts.
    Mit einem Ruck befreite ich die Decke. Schleppte sie hinter mir her in mein Arbeitszimmer. Schloss mich ein. Und atmete auf.
    Hier liege ich immer noch. Ziemlich unbequem. Und kalt auf dem

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