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77 Tage

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Titel: 77 Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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Laminat.
    Zwei Dinge weiß ich genau: Erstens werde ich es heute durchziehen. Ich werde nicht zu Mario ins Bett kriechen. Da kann er sich noch so viel entschuldigen. Zweitens werde ich morgen einen Flokati kaufen. Nur mit der Bettdecke auf dem Fußboden zu übernachten ist nicht besonders komfortabel.

13.
    »Na, wieder Überstunden gemacht?«, stichelte ich spitz, als Danner sehr viel später als ich von seiner Tour mit Simo Kracht nach Hause kam. »Oder biste deinem Ingo schon untreu geworden?«
    Mit einer femininen Geste zupfte sich Danner seine Wollmütze von der Glatze.
    »Ach ja, auch der Simo ist ein ganz Süßer«, grinste er. »Ich kann mich gar nicht entscheiden.«
    Ich schnitt eine Grimasse.
    »Aber leider verheiratet, drei fast erwachsene Kinder«, ergänzte Danner. »Seine Frau töpfert Vollzeit, sie hat ein Atelier in Dortmund-Hörde. Er engagiert sich ehrenamtlich. Weil seine Frau rund um die Uhr arbeitet und die Kinder selbstständig werden, schult er Freiwillige zum Sterbebegleiter für den Hospizverein.«
    Ich horchte auf.
    »Den Hospizverein?« Ich drehte mich samt Bürostuhl zu Danner herum.
    »Er ist da wohl auch im Vorstand.«
    »Nicht zufällig als Kassenwart, oder?«
    Danner zog eine Braue hoch: »Das ließe sich in Erfahrung bringen.«
    Ich kratzte mich am Kinn. Ich hatte die restlichen Erben auf meiner Erbschleicherliste abtelefoniert. Natürlich war ich auf keinen immer wieder auftauchenden Namen gestoßen. Das wäre ja auch ein selten doofer Serienmörder gewesen.
    Die einzige Wiederholung überhaupt war das örtliche Hospiz. Insgesamt vier Mal hatte die Einrichtung Kunden des Pflegedienstes Sonnenschein beerbt. Und nur einen einzigen Namen auf der Erbenliste kannte ich: Eine alte Dame hatte Agi Friedlich tatsächlich zwei Perserkatzen hinterlassen. Nach einem Mordmotiv klang das nicht. Es sei denn … weitere Katzen wären ebenfalls in Agis Besitz übergegangen, ohne von den Nachkommen erwähnt zu werden. Weil sie es einfach unwichtig fanden. Oder schon vergessen hatten.
    Ein Punkt, den ich bei Gelegenheit noch klären sollte.
    »Dann los. Bring mal in Erfahrung, ob Simo Kracht der Finanzminister des Hospizvereins ist«, grinste ich Danner an.
    Er salutierte mit übertriebenem Gehorsam. »Übrigens treffe ich mich gleich mit Ingo – auf ein Käffchen«, informierte er mich nebenbei.
    Ich musterte den Detektiv kurz.
    »Ich werd mich mal hübsch machen«, flötete er, küsste mich flüchtig und verschwand im Bad.
    Ich rieb mir kräftig die Augen, um die Gedanken und Bilder, die mir meine übereifrige Fantasie aufdrängte, loszuwerden, und lenkte meine Aufmerksamkeit auf den PC. Mir blieben die bloggergirls als meine erfolgversprechendste Spur.
    Doch als Danner zu seinem Date verschwand, beschlich mich erneut ein mulmiges Gefühl. Ich war eifersüchtig. Auf einen Travestiestar. Hilfe!
    Zum Glück unterbrach das Klingeln des Telefons diesen Gedankengang.
    »Danner und Ziegler, Privatdetektei. Was kann ich für Sie tun?«
    »Du machst dich so was von lächerlich mit dieser Detektivspielerei.«
    Claudius! Schon wieder.
    Mein Herz machte einen Satz.
    »Dein Kumpel ist ja gerade raus. Da hast du sicher Zeit für mich.«
    Reflexartig sah ich mich um.
    Bescheuert, wies ich mich im nächsten Moment zurecht. Claudius war wohl kaum wie Spider-Man an der Hauswand heraufgeklettert, um mich im zweiten Stock von außen durchs Fenster zu beobachten. Aber er konnte nicht weit weg sein.
    »Wir treffen uns unten in der Kneipe und besprechen alles.«
    Auf keinen Fall! Erschrocken sah ich auf die Uhr. Fast fünf. Molle öffnete wahrscheinlich gerade. Ein Schauer krallte sich in meinen Nacken.
    Hastig sprang ich auf und zog nun doch die Gardine zu. Claudius in Molles Kneipe. In unserer Kneipe. In meiner Kneipe. Das ging nicht.
    »Wir treffen uns nirgendwo!« Ich trat an die Garderobe und durchwühlte die Taschen meiner Jacke. »Ich will dich hier nicht noch einmal sehen.«
    Ich fand den Federhalter, den ich in der Gruft der Giftspritze hatte mitgehen lassen.
    »Noch ist nichts passiert, Liana. Keiner außer der Familie hat bisher mitbekommen, dass du weg bist. Alle glauben, du studierst. Erklär Vater, dass du im nächsten Semester mit dem Jurastudium anfangen wirst, dann regt er sich schon ab.«
    Na sicher, so wie sich ein Stier abregte, wenn ihn der Torero mit seinem Speer in den Hintern pikste. Mit zitternden Fingern zog ich die Kappe von der scharfkantigen Metallfeder.
    »Mann, Liana. So schlimm, wie du

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