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77 Tage

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Titel: 77 Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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Kaffee mit ihnen zu trinken, sondern weil sie sich ehrlich für sie interessierte. Hedi sah keine Kunden, die sie waschen und füttern musste wie ein Stallknecht das Vieh. Hedi lernte die Menschen wirklich kennen, ihre Geschichten, Erinnerungen und Gefühle.
    Ich konnte nachvollziehen, dass Hedi den anderen Pflegern tierisch auf den Keks ging. Und am meisten wohl denjenigen, die Hedis Spätschicht-Patienten in der Frühschicht betreuen mussten. Da hatte Anna Willms schlauerweise die Leiharbeiterin eingesetzt, die nicht fest zum Team gehörte und wahrscheinlich weniger Unruhe stiftete als zum Beispiel Janine, die aufmüpfige Brezel, die schon nach einem Vertretungswochenende genervt war.
    »Hedi verwöhnt die Kunden ganz schön, nicht wahr?«, erkundigte ich mich bei Sonja nach dem Zustand ihrer Nerven, als wir wenig später auf das Auto zuliefen.
    Die Pflegerin warf mir einen misstrauischen Blick zu: »Ist doch toll, wenn Hedi sich Zeit für die alten Leute nimmt. Sie hat Ideen, bildet sich weiter und so. Ich wünschte, ich hätte genauso viel Power für den Job, aber ich hab Familie und Fortbildungen kosten auch Geld.«
    Pffft. Das konnte die mir nicht verkaufen. Diese ständig enttäuschten Ach-kommt-heute-nicht-Frau-Sundermann?-Mienen zur Begrüßung mussten sie doch in den Wahnsinn treiben.
    »Für die Patienten ist das toll«, nickte ich skeptisch.
    »Mir macht das wirklich nichts aus«, versicherte Sonja und wuchtete ihren Pflegekoffer in das Heck des Wagens.
    Schlechter zu lügen schaffte man kaum.
    Sonja war gereizt und müde und stemmte sich die Hände in den Rücken, als sie sich wieder aufrichtete.
    »Warum darf es dir nichts ausmachen?«, wollte ich wissen.
    Die Pflegerin streifte mich mit einem bösen Blick. Doch weil sie kaum noch giftiger werden konnte, dachte ich nicht daran, lockerzulassen.
    »Hat Hedi irgendwas gegen dich in der Hand? Dich beim Klauen erwischt, Nacktfotos gemacht, deine Kinder entführt?«
    O Wunder – ich hatte es tatsächlich geschafft, der mürrischen Meierhoff ein Lächeln zu entlocken.
    »Wenn du es ganz genau wissen willst«, seufzte sie, »Hedi ist stellvertretende Teamleiterin und ich bin Leiharbeiterin. Und auf die Pflegehelferstelle, die du bekommen hast, hoffe ich seit einem Jahr.«
    Unsere Blicke trafen sich.
    »Ach so.« Deshalb die Mordgedanken, die ich die ganze Zeit in ihrer Miene zu erkennen glaubte.
    »Seit einem Jahr bin ich jetzt schon als Elternzeitvertretung hier«, fuhr Sonja bitter fort, »für ein Drittel weniger Gehalt als die Festen. Und auf dem Schleudersitz. Sobald meine Vorgängerin wieder auftaucht, bin ich draußen. Kannst du dir vorstellen, wie beschissen das ist? Mit zwei Kindern?«
    Und statt ihr einen festen Arbeitsvertrag zu geben, stellte Elsbeth van Pels Danner und mich ein. Sonja Meierhoff ahnte ja nicht, dass wir nur in Sachen Todesfallzahl ermittelten. Und sie musste mich auch noch einarbeiten.
    »Seit drei Jahren springe ich als Leiharbeiterin bei Engpässen ein. Ich bin also viel länger dabei als Piroschka. Und ich habe immer gute Arbeit gemacht. Dabei bin ich alleinerziehend. Ich bringe die Jungs vor der Frühschicht zu meiner Mutter, die fährt sie in die Schule, wo ich sie nach der Arbeit wieder einsammele. Und wenn ich mal Spätschicht habe, bricht das Chaos aus. Ich rotiere und war trotzdem noch nie unpünktlich. Und das für acht Euro fünfzig Mindestlohn und die Hoffnung auf eine Festanstellung. Es ist einfach nicht fair. Ich wäre dran gewesen.«
    Das erklärte Sonjas miese Laune. Zugleich kam es mir unwahrscheinlich vor, dass sie für erhöhte Todesfallzahlen sorgte, denn die waren auf die letzten vier Jahre berechnet und Sonja Meierhoff war erst seit drei Jahren im Team.
    Piroschka Weber konnten wir wohl von der Liste der zu überprüfenden Mitarbeiter streichen, denn sie hatte ihren Dienst ja noch später angetreten.
    Tag 21
    BELLAS BLOG:
    DONNERSTAG, 01.19 UHR
    Geburtstagspartys sollte man nicht mitten in der Woche feiern. Aber es hatte ja auch keine Party werden sollen.
    Letztes Jahr ist Sina dreißig geworden. Das ist natürlich gefeiert worden. Mit allem Drum und Dran. Deshalb sollte der Einunddreißigste dieses Jahr ausfallen.
    Ich war damit natürlich nicht einverstanden. Weil Dieter der Dämliche sich abgemeldet hatte, erst recht nicht. Und Sina war im Nachhinein wohl ganz froh, dass ich aufgetaucht bin. Mit einer Flasche Rotwein.
    Drei weitere Flaschen hatte Sina noch im Schrank.
    Dieter kann demnächst seinen Computer

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