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77 Tage

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Titel: 77 Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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tust, ist Vater nun wirklich nicht. Hör mit der bescheuerten Detektivspielerei auf und mach endlich, was er will.«
    So ein Idiot!
    Ich betrachtete meine neue Waffe nachdenklich. Schwer und kalt lag das Metall in der Hand. Sowohl der schwarze Schaft als auch die goldene Feder waren mit eingravierten Ornamenten verziert. Altmodisch, aber stabil. Das Ding war eine Mordwaffe. Ich umfasste das Gerät probeweise. Dabei fiel mir auf, dass das Beben meiner Hände nachgelassen hatte.
    »Ich mache, was ich will!«, fauchte ich in den Hörer. »Kapier das endlich.«
    Claudius’ Stimme wurde immer lauter, ich legte auf.
    Mein Herz klopfte.
    Wahnsinn. Letzte Woche hatte ich noch geglaubt, endlich ein einigermaßen geordnetes Leben zu führen. Und jetzt saß ich hinter zugezogenen Gardinen wie ein Kaninchen, vor dessen Bau der Fuchs lauerte.
    Ich schob die Kappe auf die Feder zurück und steckte den geklauten Nobelfüller in die Hosentasche meiner Jeans.
    Von meinem bescheuerten Bruder ließ ich mich nicht fertigmachen.
    Tag 21 (immer noch)
    BELLAS BLOG:
    DONNERSTAG, 20.24 UHR
    Wie gesagt. Geburtstage sollte man nicht in der Woche feiern. Der heutige Tag bestätigte die Regel. Einmal mehr.
    Bis heute Nacht um drei habe ich auf dem Laminat gefroren. Und mir dabei einen Bandscheibenvorfall zugezogen. Während Mario vor der Tür abwechselnd gebrüllt und gebettelt hat. Bis ich doch wieder schwach geworden bin.
    Ich habe ihm verziehen. Weil ich keinen Flokati besitze. Hauptsächlich. Sonst hätte ich ihn länger schmoren lassen.
    Wie ich zur Arbeit gekommen bin, beschreibe ich lieber nicht. Mit dem Restalkohol im Blut. Meine Kollegin (aus Gründen des Datenschutzes und der Arbeitsplatzsicherung nennen wir sie mal Betti) hat mich gleich wieder nach Hause geschickt. Betti ist Gold wert.
    Gegen neun lag ich dann wieder im Bett. War gerade eingeschlafen. Da klingelte das Telefon. Ich war entschlossen, nicht dranzugehen. Ich war ja eigentlich nicht mal da.
    Ich habe mich auf die Seite gedreht. Mitgezählt. Zweiundzwanzig Mal klingelte es. Entnervt habe ich mich doch aufgesetzt. In dem Augenblick war das Ding endlich still. Und ich wach.
    Eine halbe Stunde später bin ich wieder eingenickt. Prompt weckte mich die Klingel an der Haustür.
    Sina. In einem Strickrock mit Blumenmuster. Der viel zu eng saß bei ihren zwölf Pfund Übergewicht. Dazu gelbe Ringelsocken und Biolatschen. Und kurze, knallrote Haare. Ungekämmt.
    Das ist nichts Besonderes. Bis dahin. Sinas Berufsbezeichnung lautet Computerfreak. Sie sorgt in zwei Krankenhäusern und bei einem Gerüstverleih dafür, dass die Computersysteme laufen. Keine Tätigkeit, bei der die Frisur sitzen muss. Die meiste Arbeit erledigt Sina von ihrem PC von zu Hause aus.
    Aber heute waren ihre Augen rot. Die Lider aufgequollen. Tränen kullerten über ihr rundes Gesicht.
    Natürlich hatte Sina angerufen. Sie hatte mich auf der Arbeit erreichen wollen. Betti hatte ihr gesagt, ich sei krank.
    »Hi?«
    Wortlos schniefte Sina an mir vorbei. Ins Wohnzimmer.
    »Was ist passiert?«
    Eigentlich erübrigte sich die Frage.
    »Was hat er angestellt?«
    »Er hat mir …!« Dramatisches Versagen der Stimme.
    Ich holte den Rest Magentee aus der Küche.
    Als ich zurückkam, konnte Sina wieder sprechen. Dieter hatte ein Geburtstagsgeschenk nachgereicht. Ein neues Handy. Von der Elektronikmesse.
    Sie ist ausgeflippt.
    Nicht, dass Sina prinzipiell nichts für Technik übrig hätte. Im Gegenteil. Mit ihrem Computer führt sie vermutlich intimere Gespräche als mit Dieter.
    Aber den vergessenen Geburtstag kann Dieter nur mit einem Verlobungsring ausbügeln. Auf den wartet Sina seit zwei Jahren.
    Das Handy könne er sich in den Hintern stecken, meinte Sina. Seine Antwort: Wenn sie es nicht wolle, behalte er es selbst. Praktisch. So ist er eben.
    Sina ist hinausgestürmt. Und Dieter hat sein neues Telefon in Betrieb genommen.
    Drei Stunden hat Sina in meinem Wohnzimmer geheult. Um sich dann zu entschließen, Dieter noch ein letztes Mal zu verzeihen.
    Ich bin überzeugt, er weiß wieder nicht, was genau sie ihm verzeiht.
    Inzwischen ist es Abend. Mein Restalkohol ist abgebaut. Und Mario steht im Stau. Vor zehn wird er nicht zu Hause sein.

14.
    Erklär Vater, dass du im nächsten Semester mit dem Studium anfangen wirst, dann regt er sich schon ab.
    Ich versuchte, das Wispern von Claudius’ Stimme zu ignorieren und mich auf die Internetseite von Gülcan Aydin zu konzentrieren.
    Praktikum auf dem Bau: Mädels mischen

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