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77 Tage

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Titel: 77 Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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um die Furcht einflößende Mona. Und Gülcan hatte es mir verraten, ohne es zu merken.
    Zwar hatte sie mich mit ihrer Frage nach den Männern ganz schön ins Schwitzen gebracht, anscheinend aber unbeabsichtigt. Auf das Thema würde ich gleich noch einmal zu sprechen kommen. Mal sehen, wer dann wen aushorchte.
    »Und Bellas Blog möchte ich auch noch verknüpfen«, wagte ich mich weiter vor. Diesmal war ich diejenige, die auf eine Reaktion lauerte. Und die erfolgte prompt: Gülcans wache, kaffeefarbene Augen flitzten vom Computer zu mir. » Bellas Blog?«
    »Klar. Kennst du doch, du hast sie ja selbst in deiner Link-Liste. Sie schreibt spannend und arbeitet auch in der Pflege.« Ich tat, als würde mir der Gedanke gerade zum ersten Mal durch den Kopf schießen. »Gehört Bella etwa auch zu unserem Team?!«
    Diesmal glaubte ich, Gülcan zusammenfahren zu sehen. »Was? Nein, so ein Quatsch!«, bestritt sie eilig.
    Hm. Warum dann der Schreck?
    »Warum bist du wirklich hier?«, unterbrach Gülcan mich scharf.
    Mit einer einzigen Frage hatte sie den Spieß wieder umgedreht. Sie griff mich an, erkannte ich. Weil ich ihr mit meinen Fragen zu nah gekommen war? Ich schluckte trocken. Zu nah woran?
    »Mein Blog gefällt dir und Bellas Blog hat ebenfalls dein Interesse geweckt«, fuhr Gülcan fort. »Ich schreibe für Frauenrechte, Bella schreibt über Unterdrückung in ihrer Ehe.«
    Tatsächlich zwei eigentlich ähnliche Themen. Gülcans Themen. Konnte es sein, dass Bella eine Erfindung von Gülcan war? Um auf die Unterdrückung von Frauen in der Ehe aufmerksam zu machen?
    Wie aufeinanderfolgende Blitze im Gewitter setzten sich meine Überlegungen fort.
    War Gülcan womöglich Bella? Wer sagte denn, dass Bella eine Deutsche sein musste? Passte die ganze Geschichte nicht sogar besser auf eine muslimische Ehe? Schilderte die Türkin in Bellas Blog eigene Erfahrungen?
    »Du bist doch nicht hier, weil du mit dem Bloggen nicht klarkommst«, störte Gülcan meine sich überschlagenden Gedanken.
    Verdammt! Wieder nagelte sie mich fest.
    Ich war hier, weil ich herausfinden wollte, ob Gülcan den Frauen zu ihrem Recht verhalf, indem sie einfach die Männer reduzierte.
    Wie hatte ich mich verraten? Oder hatte sie es die ganze Zeit gewusst? Spielte sie ein Spiel mit mir?
    Ich versuchte, nicht nervös auf meinem Stuhl hin und her zu rutschen. Was, wenn ich mit meinem gewagten Verdacht richtig lag? Wenn ich wirklich gerade mit einer Mörderin Kaffee trank? Einer Serienmörderin? Einer Profikillerin, die seit Jahren politische Morde beging?
    Ich rutschte nun doch auf dem Stuhl.
    »Meinen Exmann kenne ich, seit ich acht Jahre alt war«, sagte Gülcan unvermittelt.
    Wieder so ein Gedankensprung.
    »Meine Eltern haben die Hochzeit bei einem Urlaub in der Türkei klargemacht, abgesprochen mit seinen Eltern. Ich bin von der Realschule in die Ehe gegangen. Als ich gemerkt habe, dass das mit Liebe gar nichts zu tun hatte, sondern eine Art Arbeitsvertrag für die Frau ist, war ich schon schwanger. Trotzdem habe ich mich getrennt. Und obwohl keine Liebe im Spiel war, habe ich meinen Exmann mit der Trennung so sehr gekränkt, dass er geschworen hat, mich dafür umzubringen.«
    Sekundenlang saßen wir uns gegenüber und starrten uns an.
    Es ging nicht um die Todesfälle im Pflegedienst. Wir sprachen über mich. Gülcan hatte das längst erkannt.
    Mich fröstelte. Ich griff meinen Kaffeebecher und umklammerte das warme Gefäß mit beiden Händen.
    Über Ehrenmorde las man höchstens in der Zeitung. Das Thema war immer weit genug weg gewesen. Doch jetzt saß ich in Gülcans weißer Wohnung, umzingelt von übergroßen Porträtfotos ernst blickender Kopftuchträgerinnen. Und plötzlich betraf mich das alles irgendwie selbst.
    »Das erste Mal hat mich mein Vater verprügelt, als ich sechs Jahre alt war.« Meine Stimme versagte. Ich hatte Schwierigkeiten, es auszusprechen. So selbstverständlich darüber reden wie Gülcan konnte ich nicht.
    »Unzählige Male lag ich im Krankenhaus. Schädelbasisbruch, Rippen, Arme, zuletzt der Kiefer. Vor einem halben Jahr bin ich von zu Hause abgehauen.«
    Gülcan schien nicht überrascht.
    »Vor drei Tagen hat er rausgefunden, wo ich bin.«
    »Was wirst du tun?«, kam sie ohne Umschweife auf den Punkt.
    »Was kann ich denn tun?« Stopp! Bat ich gerade Gülcan um Hilfe? Meine Lieblingsverdächtige, der ich Minuten zuvor problemlos den einen oder anderen Mord zugetraut hatte? Ich redete mich um Kopf und Kragen.
    »Geh ins

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