8 Science Fiction Stories, Eine Anthologie der Berühmten, 3te Folge
er seine Taschenuhr zuvor in die Hand genommen hatte. Er hob den Kopf, lächelte seinem imaginären Komplicen zu und zog die Taschenuhr hervor. Zur Begutachtung durch seinen Partner ließ er sie an der Kette baumeln.
Ein paar der Produktionsleute lachten. Das Gelächter erschreckte den Dieb. Er steckte die Uhr zurück, warf ängstliche Blicke um sich und fühlte der Puppe wieder den Puls. Dann tauschte er mit seinem Helfer Blicke aus, half der Puppe auf die Füße und schwankte mit ihr davon – ein Freund, der einen Betrunkenen nach Hause bringt. Im Halbschatten der Kulissen blieb er stehen, blickte noch einmal furchtsam in die Runde, zog seinem Opfer mit schnellem Griff die Uhr aus der Tasche, ließ es fallen und machte sich davon.
Jade starrte mit offenem Mund zur Bühne.
Drei Techniker, die seine Pantomime aus dem Hintergrund verfolgt hatten, schlugen ihm lachend auf die Schultern, als er vorbeiging. Auch Jades Begleiter applaudierten gutmütig, und als Thornier die Puppe wegtrug, summte er gutgelaunt vor sich hin.
Um fünf Minuten vor sechs kletterten Rick Thomas und ein Kundendiensttechniker von Smithfield die Eisentreppe vom Kontrollraum herunter. Jade und Ian Feria kamen ihnen schon an der Rampe entgegen. »Nun, was ist?«
»Das Band«, sagte Rick, »muß defekt sein.«
»Aber es ist zu spät, um ein neues zu beschaffen!« jammerte Jade.
Rick Thomas zuckte die Achseln. »Es muß jedenfalls am Band liegen.«
»Woher wissen Sie das?«
»Weil es nur drei Möglichkeiten gibt. Die Puppe, das Band oder den Speicher, der die Daten vom Band übernimmt. Wir haben den Speicher geleert und mit dem Band eines anderen Schauspielers gefüttert. Arbeitet einwandfrei. Auch die Puppe funktioniert, wenn man sie ohne Interpretation spielen läßt. Also muß es am Band liegen.«
Sie stöhnte, ließ sich in den nächstbesten Parkettsitz fallen und bedeckte ihr Gesicht mit den Händen.
»Gibt es überhaupt keinen Weg, zu einem anderen Band zu kommen?« fragte Rick.
»Wir haben alle Depots im Umkreis von fünfhundert Meilen angerufen. Sie müßten von der Matrize ein neues Duplikat machen. Das dauert viel zu lange.«
»Wir sagen die Vorstellung ab«, erklärte Ian Feria resigniert. »Die Premiere wird auf morgen verschoben, Karten behalten Gültigkeit oder werden auf Verlangen zurückgenommen.«
»Augenblick!« fiel ihm seine Koproduzentin ins Wort. »Das Haus ist ausverkauft, nicht wahr?«
»Ja!« knurrte d’Uccia verärgert. »Was ist mit euch Leuten los? Könnt ihr den Maestro nicht in Schwung bringen? Was ist? Sollen wir unser Geld verlieren?«
Jade winkte ab. »Ich habe eine Idee. Wir verschieben den Beginn auf neun Uhr. Wer nicht warten kann, bekommt sein Eintrittsgeld zurück. Laß alles für neun Uhr vorbereiten, Ian. Es gibt noch eine Chance. Ich werde etwas probieren.«
Sie wandte sich zum Gehen.
»He!« rief Feria.
»Ich erkläre es dir später«, sagte sie über ihre Schulter.
Sie fand Thornier beim Auswechseln ausgebrannter Glühbirnen. Er lächelte zu ihr herab, während er eine bernsteinfarbene Lampenschale in ihre Halterung drückte. »Brauchen Sie mich wieder für etwas, Miß Ferne?« fragte er spöttisch von der Trittleiter.
»Vielleicht«, erwiderte sie ärgerlich. »War das Angebot, für ausgefallene Mannequins einzuspringen, dein Ernst?«
Die durchgebrannte Glühbirne fiel ihm aus der Hand und explodierte vor ihren Füßen. Er kletterte langsam von der Leiter »Mach keine Witze!«
»Glaubst du, daß du den Andrejew spielen kannst?«
Er befeuchtete seine Lippen und starrte sie verständnislos an.
»Nun – kannst du?«
»Es ist zehn Jahre her, Jade, ich …«
»Du hast Zeit, das Drehbuch durchzulesen, und du könntest einen Radiodetektor im Ohr tragen. Rick wird dir vom Kontrollraum aus soufflieren.«
Sie machte das Angebot beiläufig, als wäre nichts weiter dabei. Das war Theater – seelenruhig das Unmögliche verlangen, Selbstverständlichkeit vortäuschen und es bekommen.
»Aber die Zuschauer. Sie erwarten Peltier zu sehen.«
»Im Moment frage ich dich nur, ob du eine Probe machen willst, Thorny. Danach werden wir weitersehen. Es ist unsere einzige Chance, die Abendvorstellung vor dem Platzen zu bewahren.«
»Andrejew«, murmelte er. »Die Hauptrolle.«
»Bitte, Thorny, willst du es nicht wenigstens versuchen?«
Er blickte an ihr vorbei in den Saal, nickte zögernd. »Ich werde gehen und das Drehbuch überlesen«, sagte er still und neigte den Kopf mit einem Ausdruck, von
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