8 Science Fiction Stories, Eine Anthologie der Berühmten, 3te Folge
dringenden Fälle auch ausgerechnet an meinem freien Tag haben?« Krandall bediente sich jetzt der Telepathie. »Langstreckenflüge sind etwas für diese jungen Hüpfer. Ich bin Geistesarbeiter. Wie geht’s deiner Frau?«
»Danke.« Marrins Gesicht verzog sich nicht zu dem winzigsten Lächeln. Sein Beruf im Gesundheitsdienst hatte ihn geschult. Er bestellte das Essen und überreichte Krandall die Mappe. »Hmmm.« Krandall beugte sich über die Blätter und überflog sie rasch. Sein breites, gutmütiges Gesicht nahm einen geistesabwesenden Ausdruck an, als er sich den Inhalt einprägte.
Marrin betrachtete die Landschaft, während Krandall die Daten in sich aufnahm. Die Sonne war schon fast untergegangen, und der größte Teil des Landes lag im Schatten. Unter ihm wurden die Lichter von New York eingeschaltet. Über ihm zogen die Sterne herauf.
Krandall ließ seine Suppe stehen und blätterte eine Seite nach der anderen um. Kurz bevor die Suppe endgültig kalt wurde, war er fertig.
»So ist das also«, sagte er. »Was soll man da sagen?« Krandall war der beste Psi-Kalkulator des ganzen Ladens. Er war der führende Kopf des Schläfer-Projekts. Wie alle Kalkulatoren ließ er sein Unterbewußtsein für sich arbeiten. Sobald er die Daten aufgenommen hatte, kümmerte er sich nicht mehr um sie. Das Unterbewußtsein verglich, prüfte, ordnete und verknüpfte die Informationen. Je nach Schwierigkeit würde er die Antwort in ein paar Minuten oder auch erst in Stunden wissen. Natürlich war Krandall dafür auf anderen Gebieten etwas benachteiligt. Er hätte nicht einmal den Zeitungsjungen-Test im Schweben bestanden, und Teleportation oder Telekinetik waren nahezu ein Ding der Unmöglichkeit für ihn.
»Was macht Der Schläfer?« wollte Marrin wissen.
»Schläft immer noch. Ein paar Leutchen haben eine Methode ausgeheckt, mit der man angeblich in sein Unterbewußtsein eindringen kann. Sie wollen sie in einigen Tagen erproben.«
»Und du glaubst, daß es gelingen wird?«
Krandall dachte. »Ich gebe ihnen eine Chance von weniger als ein Prozent. Das ist viel, verglichen mit dem anderen Zeug, das sie schon geliefert haben.«
Krandalls Forelle wurde serviert. Sie kam frisch aus dem Bach. Auch Marrins Steak ließ nicht lange auf sich warten.
»Glaubst du, daß noch irgend etwas Erfolg haben wird?« fragte Marrin.
»Nein.« Krandalls Gesicht war ernst, als er den hageren Gesundheitsdienst-Chef ansah. »Ich glaube nicht, daß Der Schläfer je erwachen wird.«
Marrin runzelte die Stirn. Der Schläfer war eines der bedeutendsten Projekte seines Amts – und eines der erfolglosesten.
Vor etwa dreißig Jahren hatte es angefangen.
Die Psi-Fähigkeit gehörte damals zwar schon zu den Alltäglichkeiten, war aber immer noch unberechenbar. Sie hatte einen weiten Weg hinter sich, wenn man an Rhines erste Versuche außersinnlicher Wahrnehmung vor mehr als zweihundert Jahren zurückdachte. Aber sie hatte auch noch einen weiten Weg vor sich.
Mycrowsky nahm der Psi-Fähigkeit viel von ihrem Ruf als zufällig auftauchende Begabung. Er selbst war außergewöhnlich stark ansprechbar und besaß so hohe Psi-Fähigkeiten, daß er einer der hervorragendsten Männer seiner Zeit war.
Mit Männern wie Krandall, Myers, Blacenck und anderen machte Mycrowsky Telekinetik-Versuche. Mit ihnen erforschte er Projektions-Methoden, stellte Theorien über den spontanen Ortswechsel bei der Teleportation auf und untersuchte die Möglichkeiten neuer, unentdeckter Psi-Fähigkeiten.
In seiner Freizeit arbeitete er an seinen eigenen Lieblingsideen und gründete eine Schule für parapsychologische Forschung, später umbenannt in Mycrowsky-Universität.
Man war sich über Jahre hinaus nicht einig, was wirklich mit ihm geschehen war. Eines Tages fanden ihn Krandall und Blacenck auf einer Couch liegend. Sein Pulsschlag war so schwach, daß er das Leben in dem Ruhenden nur noch andeutete. Es war unmöglich, ihn zu wecken.
Mycrowsky hatte immer die Ansicht vertreten, daß der Geist eine Einheit sei, die getrennt vom Körper existieren konnte. Man nahm also an, daß er eine Methode gefunden hatte, durch die der Geist aus dem Körper projiziert werden konnte.
Aber der Geist kehrte nie zurück.
Andere waren überzeugt, daß sein Verstand der Überbelastung einfach nicht mehr gewachsen war und den Körper in einem totenähnlichen Zustand zurückließ. Auf alle Fälle unternahm man von Zeit zu Zeit Versuche, ihn zu erwecken. Ohne Erfolg. Anfangs kümmerten sich
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