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8 Tage im Juni

8 Tage im Juni

Titel: 8 Tage im Juni Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Glaser
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mit ihr und schon gar nicht mit ihrer Familie.
    Die Wut ließ sie wieder Türen schlagen und mit hartem Schritt nach draußen stürmen. Die Wut ließ sie Toni bereits wie einen Wurm in den Boden stampfen. Aber als sie ihm vor dem Blauen Tor gegenüberstand und er sie mit diesem öligen, selbstgefälligen Grinsen überzog, dass sie ihm am liebsten aus der Fresse geschlagen hätte, meldete sich ihr Verstand zurück. Körperlich hatte sie gegen Toni keine Chance, sie musste andere Waffen einsetzen.
    Sie sah sich um. Die Elektroherde glühten in der Hitze des Spätnachmittags, die Tartaren dösten wieder in ihren Plastikstühlen. Und obwohl sie alle so schläfrig und uninteressiert wirkten, war sich Jenny sicher, dass zumindest Oleg nichts entging, was sich hier auf dem Platz tat. Oleg konnte Toni nicht ausstehen. Und Oleg hielt mit seiner Meinung nicht hinterm Berg, deshalb hielt Toni Abstand zu den Tartaren. Er wartete abseits der Plastikstühle, direkt unterm dem Blauen Tor auf Jenny.
    Â»Verdammt heiß«, sagte er. »Sollen wir nicht lieber auf den Innenhof gehen? Bisschen auf der Schaukel sitzen? Oder was hältst du von Schwimmbad?«
    Aber Jenny wollte keinen Ortswechsel, sie fühlte sich sicher hier. Und an Schwimmbad wollte sie schon gar nicht denken. Ohne auf Tonis Fragen einzugehen, knallte sie ihm die Plastiktüte mit den Handys vor die Füße.
    Â»Ich will nicht, dass du meinen kleinen Bruder in deine kriminellen Geschäfte hineinziehst!«
    Toni hob schnell die Tüte auf, kontrollierte mit geübtem Blick den Inhalt, stellte sie vorsichtig neben sich und sah dann Jenny an.
    Â»Wenn Blicke töten könnten! Du bist noch hübscher, wenn du wütend bist.«
    Er war kein bisschen schuldbewusst, lachte das alte Toni-Lachen. Versuchte, sie in den Arm zu nehmen, aber Jenny wich ihm aus.
    Â»Ich meine es verdammt ernst!«
    Â»Reg dich nicht auf!« Eine beschwichtigende Geste, dann steckte er die Hände in die Tasche und kickte mit dem rechten Fuß ein paar Steine zur Seite. »Ich habe deinen Bruder um einen klitzekleinen Gefallen gebeten. Völlig ungefährlich, überhaupt nicht kriminell!«
    Â»Ach ja?« Jenny trat einen Schritt auf ihn zu. »Und du hast ihm nicht gedroht, dass er tot ist, wenn er jemandem davon erzählt?«
    Â»Jenny! Du weißt doch, was man so redet. Ich musste doch zumindest sichergehen, dass er die Handys nicht an seine Kumpels vertickt.«
    Â»Was denkst du dir dabei?«, schrie sie. »Joe-Joe als …«
    Â»Geht’s noch lauter?«, fuhr sie Toni an. »Soll der ganze Platz mitkriegen, worüber wir reden?«
    Â»Joe-Joe als Tresor zu benutzen …«, machte Jenny leise weiter. »Es ist schlimm genug, dass du solche Geschäfte treibst, aber lass den Kleinen da raus. Nächstes Mal bring ich dir die Handys nicht zurück, da bring ich sie direkt zur Bullerei.«
    Â»Jenny! Du bist so was von anständig, dass es schon wehtut«, stöhnte Toni und kickte einen neuen Stein über den Platz. »Meinst du wirklich, die Bullen glauben dir? Oder so einem Hosenscheißer wie Joe-Joe? Leute wie wir stehen für die auf der untersten Stufe der Leiter. Die Welt ist hart und ungerecht, und wenn du dich nicht durchmogelst, hast du keine Chance. Wann kapierst du das endlich? Apropos Bullen. Bist du schon am Clevischen Ring gewesen?«
    Jenny zuckte trotzig mit den Schultern. Natürlich würde sie nicht gehen, aber irgendetwas hinderte sie daran, es Toni direkt ins Gesicht zu sagen.
    Â»Du hast mein Geld genommen, also …«
    Â»Geld, Geld, Geld! Immer geht alles nur ums Geld!«, schrie sie so laut, dass Toni wieder besorgt über den Platz guckte.
    Â»Jenny«, flüsterte er dann eindringlich. »Ich hab dir gesagt, wie wichtig das mit dem Alibi für mich ist. Du bist meine älteste Freundin, ich vertraue dir. Glaub mir, ich bin echt verratzt, wenn du mir nicht hilfst.«
    Waren das Tränen in seinen Augen? Jenny wollte es gar nicht genau wissen, sie spürte auch so, dass seine Verzweiflung echt war. Wenn sie doch nur weiter wütend auf Toni sein könnte, dann fiele ihr das Nein-Sagen viel leichter!
    Â»Lass mich einfach ein paar Tage in Ruhe«, flüsterte sie. »Ich muss nachdenken, ein paar Sachen regeln.«
    Sie lief zurück zum Tor, aber Toni holte sie schnell ein, packte sie bei den Schultern, wirbelte sie herum.

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